mit einer Straiifsfedcr verbunden s in d , dem Symbol der Gerechtigkeit. Z u diesen allen
kommen noch willkükrliche Ze ichen, Lin ien , Halbkreise, W in d u n g en , Kreuze, Kreuze iu
einem Zirkel u. s. w. W e r möchte sich getrauen, alles dies auszulegen?
Gleichwohl entdeckt man bald eine gewisse Einförmigkeit. In jeder Zeile steht zu
oberst ein F a lk , au f den unveränderlich ein Stier folgt, dann ein ausgestreckter Arm mit
einer Straufsfcdcr, ausgenommen F ig . 5 ., worauf nach wenigen Zeichen grofse Quecr- und
Parallelstriche diese Anfangsformeln von der übrigen Inschrift absondern. Auch die neuen
Anfänge beginnen entweder mit einem Geier u n d Basilisk, mit einer niederhockenden
Gestalt, mit einem F a lk en , oder endlich mit einer Biene, u n te r welcher der Name des
Königes s teh t, woraus sich schliefsen läfst, dafs die Inschrift des Obelisken zur Rechten
mit F ig . 3 ., die des anderen mit F ig . g. anfangt.
B ea ch tet man diese Namen genauer, so is t der in der mittelsten Reihe gleichstimmig
mit dem des W e ih e n d e n , der in der Dcdication vorkommt; au f den Seitenreihen wiederholen
sich unveränderlich zwei Namen, von denen n u r der erste mit dem Hieroglyphenschilde
des im Osymandeum hcigcsctztcn Königes übereinstimmt, der Name des Vaters
abe r verschieden ist. Also nicht zur Verherrlichung ihrer eigenen T h a ten errichteten die
\V e ih en d en diese Denkmäler, sondern zum Andenken eines älteren Königes, dessen
Name gleichlautend mit dem des Ismandcs oder Osymandyas war. In den Verzeichnissen
der Könige von Theben oder Diospolis bei Eusebius und Syncellus kommt Ammenemes
viermal vor, Amcnophis dreimal, Achcrres und Ramesscs zweimal.
In den Abständen der Namenschilder ist eine merkwürdige Symmetrie beobachtet.
Nie finden sic sich au f der rechten Seite, ohne zugleich au f der linken vorzukommen;
bald nachher werden . sie gewöhnlich noch einmal wiederholt, und n u r die Verschüttung
des unteren Theils der Obelisken hinde rt, sie vollständig wahrzunehmen; selbst die vorhergehenden
u n d nachfolgenden Zeichen sind häufig dieselben. Unwidcrsprechlich geht
daraus herv o r, dafs diese Hieroglyphen gewisse Formulare enthalten, hei deren oft wiederkehrenden
W o r te n eben so sehr Rücksicht genommen ist au f die Dccoration für das
A uge, als au f den Sinn. Bedenkt man nun die verhältnifsmäisig geringe Menge aller
hieroglyphischen Zeichen überhaupt, so kann man die Mängel dieser Schreibart unmöglich
in Abrede stellen. Nur geheiligte Formeln liefsen durch dies Mittel sich aufzeichnen, und
sofern die W e ish e it der Acgypter an Hieroglyphen geknüpft erscheint, mufs man die hohe
Meinung von derselben gewaltig herabstimmen. E in endloses Formelwesen war durch sic
bedingt, u n d nicht hlos die Bildwerke an sich , auch die gleichsam geweihten Gedanken
und W o r t e blieben unabänderlich festgesetzt. (Man sehe darüber die merkwürdigen Stellen
ides P l a t o d e le g ib u s l. I I . p . 66. 67. und /. V I I . p . 342. e d . B ip . V o l . V I I I . ' ) . Sogar die
Sprachbildung scheint dadurch aufgehalten zu scyn, indem das Koptische zwar reich an
zusammengesetzten W ö r t e r n , aber auffallend arm an grammatischen Biegungen ist; ein
F a ll, der bei der chinesischen Zeichenschrift, obgleich diese mit der ägyptischen übrigens
nichts gemein h a t, au f wunderbare W e is e ebenfalls zutrifft.
Noch eins ist indefs i nicht zu übersehen. Das Symbolische der Zeichen gab den
Hieroglyphen unfehlbar eine gewisse Prägnanz und Fülle der Bedeutung, welche zum Theil
#
als ein Ersatz ihrer Armuth gelten kann. Jed e Zeile ist gleichsam eine nnuntcrhrochene
Reihe von Metaphern, eine Bilderpoesie für das Auge, in der jedes W o r t für sich z u '
denken giekt. Nehmen wir z. B. die mittelste Zeile der ersten F ig n r, so erblicken wir:
einen Geier und einen Basilisk, beides vieldeutige Zeichen, besonders des Himmels (H o r a -
p o l l o 1 , 11.) und des Rechtes tiher L ehen und T o d (H . I , 1.); zwei bewaffnete Arme, die
Symbole von Krieg u n d Schlacht (H. II, 501 einen ausgestreckten Arm mit einer'Straufs-
fed er, dem Symbol des gerechten Gerichtes (H . H , 1180; einen knicend mit aufgehobenen
Händen Betenden und über ihm das Zeichen des W a s s e r s ; einen Hu n d , das Symbol der
Obrigkeit und gewisser Pricsterwiirdcn (H. I , 3 9 .); eine E u le , die nach den Münzen von
Sais auch in Aegypten der Minerva geweiht war; einen F alk en , das Symbol Gottes; eine
T a u b e , das heilige T h ie r der V enus, und bald darauf eine Bien e, das Symbol der Königs-
würdc (A m m ia n . M a r c . XVH, 4 0 , worauf der Name des Königes folgt. Versucht man
nun diese Zeichen in W o r t e zu übertragen, so erhält man hlos eine Aufzählung der Titel
und Eigenschaften des Königs; aber seihst die pomphaftesten Ausdrücke geben nicht die
Fülle der Bedeutung, welche in den angeschauten sinnlichen Zeichen lie g t
Mir ist cs sogar glaublich, dafs man, durch die Gewöhnung an den symbolischen
Ausdruck der Gedanken, selbst in den W o r te n die Hieroglyphe nicht selten bcibchiclt, und
die Zeichen zum T h e il gleichsam ohne Auslegung las. So führt ein Prieste r den Namen
Adler ( z .B . In s c r . R o s e n . Z e ile 4. E® iepeüz a e t o t t o i a e to y ); der nubischc König Silko
scheint sich selbst einen Basilisk zu nennen, sicherlich mit in Beziehung au f die furchtbare
Bedeutung dieser Schlangenart (O T 6 6 r e rO N 6M H N RACIAICKOC O TK A IIH A 0O N
OAfflC OniCui Tt»N AAAuiN BAGlAguiN AAAA AKMHN 0V UIPO G0 6N A T Tm N ):
„In d em ich Basilisk ward, stand ich den ändern Königen nicht n ach , sondern ging ihnen
weit vor*); Twjflgegcn die unteren L än d e r bin ich ein Löwe, gegen die oberen ein Kriegsgott“
(er« fa p e ic k a t <» m e p h aeuin e im i k a i e ic a n « m e ph a p h g g im i **).
N i e b u h r I n s c r ip tio n e s N u b ie r n . R o m . 1820. p . 5. 6.). Die ganze Denkart d e r Aegyptcr war
gleichsam hieroglyphisch, an Bilder u n d Anschauungen geknüpft, und möchte zu der uns
geläufigen disenrsiven Klarheit d e r Gedankencntwickelung sich fast wie eine äsopische
Fab el verhalten. D ie Begriffe erschienen in körperlicher G estalt, wovon die Vernachläs-
sigimg des W o r te s eine natürliche Folge war. ( c f . J a m b l i c h , d e m y s te r . V I I , 3.)
Eb en deshalb wird auch nirgends einer ¡poetischen L iteratu r d e r Acgypter erwähnt;
was sie in dieser Art besafsen, waren hlos heilige Hymnen. Die T h a ten der Götter und
alten Könige wurden in den endlosen Bildwerken der Tempel u n d Denkmäler aufbewahrt,
indem die hieroglyphische Darstellung das Amt der Geschichte u n d Poesie vertrat. Die'
gröfscren Bildcrfolgcn in dem Osymandeum und dem Grabe zu Medina t-Abou sind auch
• ) Wenigstens wird man angelten, daf, der seltsame Titel B a s ilis c u s durcli die symbolische Bedeutung
des Thicrcs veredelt wurde.
) Man könnte sogar in diesen Worten den Sinn linden: Unten bin icb Löwe, oben Kriegsgott; so
dafs Silko sich als Androsphinx beschriebe. N i e b u h r l. /. p . .22.