der von Belzoni eröffneten Katakombe sieht man den König dies symbolische
Grab umarmen, und diese Darstellung enthält den Schlüssel aller
Bildwerke derselben '). Auf dem Boden des inneren Sarges" der Mumie des
Herren von P ourla le s findet sich Isis; die Fittige, die sonst ihren Leib um-
winden, sind ausgebreitet, und über ihr, an der Scheitel der Mumie, schwebt
das Symbol der Mütterlichkeit, der Geier. Die Leiche ruht also in der
Umarmung beider Todesgottheiten; der Isis und des Osiris 2). In einem
anderen Mumiensarge von denen, welche Herr Pieper in Solingen von dem
Pascha von Aegypten erhalten und den Königlichen Sammlungen geschenkt
hat, ist auf dem Boden gleichfalls Isis dargestellt; nicht mit Flügeln, aber
mit ausgebreiteten Armen, die zu beiden Seiten in die Höhe reichen, den
Leichnam umfassend. Ich enthalte mich, hier noch andere gleich liebliche
Vorstellungen anzuführen, und kehre zurück zum Orakeltempel des Ammon.
Vor dem Osiris steht eine weibliche Göttin, mit ganz eigenthümlichem
Kopfputz und den gewöhnlichen Zeichen, dem Scepter mit dem Lotuskelch
und dem mystischen Schlüssel. Sie erscheint häufig neben Osiris und in
anderen Verbindungen, aber ich weifs ihr noch keine sichere Deutung zu
geben.- Nur zögernd wage ich die Vermuthung, dafs vielleicht Aegypteli
selbst durch sie personificirt ist.
Es folgt' ein falkenköpfiger Gott, und zwei ähnliche kommen weiterhin
vor, nur durch ihre Kopfzierden unterschieden. Welch ein hohes Symbol
der Falke sey, wurde schon früher bemerkt"3); er bezeichnet die Gottheit
überhaupt und alles Erhabene. Darum wurde nicht blos die Sonne falkenköpfig
gebildet, sondern auch Osiris, der Sohn der Sonne, und Horus, der
Sohn des Osiris. Wobei nicht zu übersehen ist, dafs die Aegypter, ihrer
Lehre von der Seelenwanderung und nach einander herrschenden Götterfolgen
gemäfs, die jüngeren Gottheiten gleichsam als Stellvertreter oder
Wiederholungen ihrer älteren Vorgänger ansahen, deren Geist und Kraft in
1) B e l z o n V s researches in Egypt a n d Nubia, p l. 5. 2) H e r o d o t. I I , 123.
3) Oben pag. 107.
ihnen förtherrscht und sich erneut. Darum sind auch die mythischen
Geschichten derselben im Wesentlichen fast übereinstimmend; alle bekämpfen
die Macht feindseliger Gewalten, siegen aber erst, nachdem sie vorher besiegt
worden. Horus unterliegt dem Typhon, bis er ihn endlich überwindet;
Osiris besiegt den Apopis, fällt aber durch Typhon, den Sohn desselben;
Ammon wird fast bezwungen von Apopis *); selbst Herkules sinkt getödtet
nieder und wird neu . belebt 2). Diese Kämpfe beginnen aber erst mit den
Göttern der zweiten und dritten Ordnung, die der ersten sind dem Verderben
unerreichbar (dtpS-a^roi).
Welcher von den drei genannten Göttern, Horus, Osiris und Helios,
hier gemeint sey, ist schwer zu entscheiden. Den Aegypter belehrten in
solchen Fällen uns noch unkenntliche Nebenzüge im Schmuck und in der
[Farbe, aufserdem hatte jeder Gott seinen Namen oder ein ihm geweihtes
Gebet in Hieroglyphen zur Seite. Da unter den hier vorkommenden Fal-
kengöttem, der erste die Sonnenscheibe auf dem Haupte führt, so nimmt
man diesen am wahrscheinlichsten für Helios selbst, und den zweiten mit
der Krone aus hohen Palmzweigen für Osiris als Jahresgott; der endlich,
über welchen wir jetzt in Zweifel sind, könnte sonach Horus seyn, den die
Griechen als den ägyptischen Apollo betrachteten, und der hier nicht unbe-
jdeutsam auf Osiris und dessen Begleiterin folgen würde. Selbst in der Ilias
[erscheint Apollo als Falk, wo er auf Jupiters Befehl den verwundeten Hector
[zu retten eilt *j, und ein andermal sitzt er mit Minerva in Gestalt eines
ähnlichen Vogels auf der Buche des Zeus 4).
Nicht zu übersehen ist aber, dafs auch der ägyptische Mars s), an welchen
h i e r ZU denken indefs keine Veranlassung ist, ja selbst die ewigen Götter der
1) P liita r c h . de Is. et Osir. 36. cf. A p o l lo d o r . I , 6. 3.
2) A th e n a e u s IX . c. 47. Schw.
3) II. X V , 237. Bj> Je y.oir ’iJas/niy ogitvi> "g)im toixust
Slxti > QuirtroQovai cgT MKirrof irSTtwü».
4) II. VIT.) o i. ■ 'n fl 0. ovg ytnt t»o ixe/T ti tcii yvirio«i.rt
$*>>» 1$ A»; iretTgos Aioi ctlyiogeio.
5) H o ra p o llo I , g.