In Damiette, wo mein Aufenthalt sich bis zum 27sten Mai verzögerte,
wohnte ich hei Herrn B a s i l F a k e , einem geborenen Levantiner, Consul
und Consularagenten von sechs europäischen Mächten, einem höchst rechtschaffenen,
unterrichteten und wohlthätigen Manne. Er hat mehrere französische
und italienische Werke mit glücklichem Erfolg ins Arabische’übersetzt,
und geniefst bei Christen und Mahomedanern allgemeine, verdiente
Achtung. Durch ihn machte ich die Bekanntschaft des Aga und Comman-
danten von Damiette, so wie des Oberhaupts der Religion, beides wackere,
vorurtheilsfreie Männer, die den Christen und Franken eben so freundlich
aufnehmen, wie den rechtgläubigen Türken.
Die Stadt Damiette liegt sehr anmuthig in Gestalt eines halben Mondes
am Nil, und gewährt durch die über einander sich erhebenden kleinen Terrassen
und die Lebhaftigkeit der Schiffahrt einen sehr erfreulichen Anblick
der an den grofsen Kanal von Venedig erinnert. Die Zahl der Einwohner
mag etwa 15,000 betragen, unter denen sich einige hundert Kopten, Armenier
und Griechen, und etwa 300 jüdische Familien befinden. Der Handel
geht hauptsächlich nach Syrien und der Levante, besonders wird viel Kaffee,
Linnen und Reis ausgeführt, den man in der Umgegend der Stadt häufig
baut, wodurch die Luft indefs sehr verdorben wird. Man gewinnt auch viel
Getreide, das aber, wie alles ägyptische, sehr kleinkörnig und trocken ist;
weshalb es zweckmäfsig seyn würde, von Zeit zu Zeit durch europäisches
Saatkorn das einheimische Getreide zu veredlen. Für Seide und seidene
Zeuge geht auch viel baares Geld nach Syrien.
Vor allen Gegenden Aegyptens zeichnet die von Damiette sich durch
Reichthum an Bäumen aus, wodurch sie höchst reizend und freundlich
wird. Palmen, Orangen, Sykomoren, Oliven, Bananen, CasSiii- und andere
Bäume schmücken die Gärten. Der Boden ist aufserordentlich fruchtbar;
wenn die Luzerne vier- bis fünfmal geschnitten ist, wird das Feld noch
gebrochen, mit Palmenstämmen, die an zwei Stricken befestigt sind, geebnet,
und mit Reis besäet. Sonst wurde auch viel Zuckerrohr gebaut, aber
das jährlich weiter übertretende Seewasser schadete den Pflanzungen, so dafs
man sie aufgeben mufste. Während des Sommers treibt nämlich der vorherrschende
Nordwestwind (die Etesien) das Wasser des Meeres auf diesen
Theil der ägyptischen Küste und hält es dort auf, während bereits an anderen
Stellen immer zunehmende Binnenseen entstanden sind. Die Wirkung
dieser anhaltenden Nordwinde bemerkt man in der Gegend von Damiette
an den Bäumen, die gegen Süden hingebogen und an der Nordseite von
Zweigen entblöfst und wie zusammengedrückt sind.
Das Klima ist hier deshalb viel gemäfsigter als weiter landeinwärts, und
die Luft wegen der Nähe des Meeres und des Sees Menzaleh feuchter als
im übrigen Aegypten. Beide Lotusarten, die weifse und die blaue (Nym-
phaea Lotus und Caerulea) , sind hier sehr häufig, wovon die letztere sich
durch ihren Wohlgeruch auszeichnet. Das Papyrusschilf, eine dreiseitige
Binse, hat in ganz Aegypten blos bei Damiette sich erhalten. Hier wird
auch die Kolokasia gebaut, ein Kraut mit kartoffelartigen Wurzelknollen,
welche die Einwohner sehr gern geniefsen.
Der Menzaleh-See, den ich besuchte, soll seinen Ursprung einer militärischen
Maafsregel der Kalifen zur Sicherung des Landes gegen feindliche
Einfälle aus Syrien verdanken; wie zu unserer Zeit die Engländer bei der
Belagerung Alexandrien’s den See Mareotis durch Hineinleitung des Meeres
vergröfserten, wodurch an 150 Ortschaften ihren Untergang fanden. Allein
es ist mehr als wahrscheinlich, dafs der Menzaleh, wenn auch nicht seinen
Ursprung, doch seine jetzige Ausdehnung von dem natürlichen Andrang des
Meeres erhielt, von dem er nur durch eine schmale Landzunge geschieden
wird. Seine Länge beträgt von Westen nach Osten an 11 Stunden, jedoch
ist er sehr flach, und sein Wasser blos bei hohem Nilstande süfs. Selbst
die Brunnen in der Nähe des Sees geben salziges Wasser. Er ist aufserordentlich
reich an Fischen, so dafs, ungeachtet ihrer Wohlfeilheit, der dritte
Theil des Ertrags, welchen der Pascha erhielt, 400,000 Piaster betrug (an
50,000 Thaler).
Auf den Inseln und Ufern des Sees hausen unzählige Wasservögel, von
sechzehn verschiedenen Arten wie es heifst, besonders Pelikane, Flamingos