außerordentlicher Fruchtbarkeit, wie die Oasen, grofsentheils der umgebenden
Wüste verdankt. In der Jahreszeit, wo ich sie besuchte, ist allerdings‘diese
Insel, welche aus einem Granitkern besteht, der gegen Süden höher ansteigt,
überaus anmuthig, reizende Baumgruppen und grünende Saatfelder bedeckten
sie; allein es fehlt diesem tropischen Garten auch nicht an Schuttbergen und
wüsten Stellen, und kaum ist die letzte Emdte vorüber, so tritt allgemeine
Dürre ein. Der nördliche Theil ist durch Anschwemmungen vergrößert, im
Ganzen liegt aber der Boden hoch und wird durch Schöpfräder bewässert
Der größte der erhaltenen Tempel liegt gegen Süden, und unterhalb
desselben führte ein jetzt zertrümmertes Thor zu dem östlichen Ufer, Syene
gegenüber, wo sich der schon von Strabo erwähnte Nilmesser befindet, dessen
höchst interessante Wiederentdeckung man Herrn G i r a r d verdankt
Er besteht aus einer bis unter den tiefsten Wasserstand in den Strom hin-
abfuhrenden Treppe, und scheint zugleich zum Schöpfen des beim Tempeldienst
nöthigen Wassers gebraucht worden zu seyn. Bei meiner Anwesenheit
waren die Merkzeichen der Scala noch alle vom Wasser bedeckt und die
unteren Stufen mit Sand verschüttet, indem bekanntlich das Strombett sich
beträchtlich erhöht hat. Einige Zeit nachher aber, als der Strom noch tiefer
gesunken war, ließ der Engländer HerrCooPER den Sand wegräumen, und
fand griechische Inschriften, welche besagten, wie hoch der Nil zur Zeit
dreier römischen Kaiser gestiegen sey.
Der zu dem Nilmesser führende Gang communizirte mit einer weiter
oben noch vorhandenen Kammer, die mit Hieroglyphen angefdllt ist, und
auf der hohen Wehrmauer sieht man zwei wohlerhaltene Fenster. Diese
Mauer, welche das östliche Ufer der Insel gegen die Einwirkung des Stroms
verwahrt und zugleich den Gebäuden als Unterbau dient, ist aus Bruchstücken
älterer Werke aufgeführt und nicht ganz vollendet, indem die Steine
der äußeren Bekleidung nicht gehörig behauen sind. Auf dem Felsen, die
jene Mauer tragen, bemerkt man Hieroglyphen, die bis ins Wasser hinabreichen.
Der Stein ist rother Granit, aber seine Oberfläche so stark verwittert,
daß ich mit bloßer Hand Stücke davon losbröckelte.
Der schon erwähnte Tempel ist peripterisch mit viereckigen Pfeilern
u m g e b e n , zwischen denen auf beiden Fronten zwei Säulen stehen, die hinten
vermauert sind, indem derselbe von den Christen in eine Kirche verw
a n d e lt wurde, weshalb auch im Innern die Wände mit Schlamm beworfen
sind. Er ist nicht groß, aber aus dem höchsten Alterthum; wie denn überh
au p t in Aegypten die kleineren Tempel die ältesten seyn dürften *). Aus
den Bildwerken, womit er ganz bedeckt ist, scheint sich zu ergeben, daß er
dem Jupiter Ammon geweiht war, der hier mit Widderhaupt und Bocksh
ö rn e rn gerade so dargestellt ist, wie Eusebius den zu Elephantine verehrten
Gott beschreibt, ihn aber nicht Ammon, sondern Kneph oder Agatho-
dämon nennt **); nur ist die Farbe desselben nicht blau, wie Eusebius
angiebt, sondern grün. Die Reliefs Tafel XXIII. Fig. 3. und 5. wurden in
diesem Tempel gezeichnet
In der Nähe desselben trifft man Substructionen andrer Gebäude, und
einige darunter mit Hieroglyphen. Eine sitzende Statue des Osiris aus Granit
ist; bei Gelegenheit einer durch Herrn S a l t hier Angestellten Excava-
tion, vom Schutte befreit worden; es ergab sich aber, daß sie unvollendet
geblieben sey. Etwas weiter oben finden sich die Reste einer Prachtpforte
aus rothem Granit mit Hieroglyphen, und in geringer Entfernung Säulen-
u:id Architravstücke aus demselben Material, die verrathen, dafs hier einst
ein sehr prächtiger Tempel stand. Die Granitbaue der Aegypter sind aber
durchgängig zerstört, indem die Blöcke derselben zu Mühlsteinen benutzt
wurden, welches noch jetzt geschieht. Ich bemerkte mehrere mit Hieroglyphen
bedeckte Granitmassen, die schon zu diesem Zweck ausgewählt und
bezeichnet waren. Nur die aus Sandstein, dem schlechtesten Material, aufgeführten
Gebäude entgingen der absichtlichen Verwüstung.
*) Diè Berichte anderer Reisenden scheinen diese Annahme nur unter großen Einschränkungen
tuzulassen, besonders vereinigen sich alle, den Tempel von Elephantine nicht zu den ältesten Gebäuden
zu rechnen.
**) E u s eb . Fraep. Evang. I. I I I . c. 12. Man vergl. oben p. 109. und 135,.
37