Den 14ten erreichten wir, nach einem Marsch von beinahe zwölf Stunden,
um vier Uhr Nachmittags El- Gara. Die durchzogene Gegend war eine
schreckliche Wüste, wo nichts dem Auge sich darbot, als Sand, Lehm
und zerrissene Kalksteinfelsen. Der einzige Ort der kleinen Oase liegt auf
einem Felsen, wovon er auch benannt ist, denn El-Gära heifst schlechtweg
der Berg, unmittelbar unter welchem wir unser Lager aufschlugen. Der
Scheik des Städtchens und einige Einwohner erschienen sogleich, um uns
zu bewillkommnen, brachten darauf Lebensmittel zum Verkauf, und bewiesen
sich so dienstfertig, dafs während der Nacht einer von ihnen bei meinem
Zelt Wache hielt. Weil zwei von unsern Kameelen erkrankt waren, verweilten
wir hier auch den folgenden Tag.
Auf Landkarten finde ich diese Oase mit dem Namen Umesogio, und
auf der von Rennell El-Sogheir bezeichnet; Browne nennt sie Karet-Am-
El-Sogheir, u n d Homemann Ummesogheir, welches Langlös in Oum-Essoghdr
verändert Allein ich habe sowohl von der ganzen Oase, als von dem Städtchen
blos die Benennung El- Gara in Gebrauch gefunden, obgleich es zuver-
läfsig derselbe Ort ist. Die von mir genommene Polhöhe ergab 29° 34' 44"
N. B., wonach die Lage mit der Rennell’schen Bestimmung von Brownes
Karet-Am-El-Sogheir durchaus übereintrifft. Der Name Vmesogheir scheint
die umliegenden Höhen zu bezeichnen, von denen El-Gara, wie Siwah eingeschlossen
ist; weshalb es von den Arabern auch bisweilen als Klein-Sirnh
bezeichnet wird.
Das fruchtbare Land der Oase hat nur etwa eine deutsche Meile im
Umkreise. Nach der Tradition, die der Scheik-el-Beläd ( der. Häuptling des |
Ortes) mir mittheilte, war El-Gara einst sehr gesegnet, und brachte viel
Getreide hervor; jetzt sind Fruchtbarkeit und Anbau gleich sehr herunter
gekommen, wovon der Grund ohne Zweifel in der Vernachlässigung der
Quellen zu suchen ist. Alle Brunnen, mit Ausnahme eines einzigen dicht I
neben dem Dorfe, welcher leidliches Wasser hat, sind wegen Mangel an^
Sorgfalt durch das aus dem Boden efflorescirende Salz und Natron verdorben.
Jetzt wird in der Oase nur noch wenig Gerste gebaut, und der
Haup te rtrag sind die Datteln. Aber einige Pflanzungen abgerechnet, stehn
auch die Palmbäume ziemlich sparsam und werden nicht mit der nöthigen
Sorgfalt gepflegt; so dafs der ganze Dattelertrag der Oase jährlich nicht
mehr als etwa fünfhundert Kameelladungen beträgt. Die Fruchtbarkeit des
Bodens verräth sich indefs in dem dichten Gestrüpp, womit er überall bekleidet
ist; Binsen und die Pflanze Agoul sind darunter am häufigsten.
Das Städtchen oder Dorf,, von welchem Tafel XL Fig. 6. eine Ansicht
giebt, ist sehr armselig und verfallen, enthält indefs einen kleinen Marktplatz.
Die ganze Einwohnerzahl beschränkt sich jetzt auf fünfzehn Familienväter.
Sie rechnen sich zum Stamm Amudad und leiten ihr Geschlecht
aus dem Eigarbischen her, wo sie einst eine Stadt Boumou inne hatten.
In Sitten und Sprache stimmen sie mit den Einwohnern von Siwah überein,
von denen sie auch abhängig sind. Zur Zeit der Dattelerndte kommen von
Siwah dreizehn dazu berechtigte Familien hieher, um die Früchte mit denen
von El-Gara zu theilen. Wahrscheinlich sind es Ausgewanderte, denen ihr
Eigenthumsrecht geblieben ist. Der ganze Reichthum der kleinen Gemeinde
wurde mir hergerechnet: sie besitzt einige dreißig Esel, fünfzig Ziegen,
nebst. Hühnern und Tauben, und ernährt sich theils vom Verkauf der Datteln,
theils von den durchziehenden Karavanen, die nach Aegypten gehen
oder dorther kommen, und immer El-Gara berühren, wo sie einen Rasttag
zu halten pflegen.
Nicht blos in der Ueberlieferung der Einwohner, auch in antiken Denkmälern
haben sich hier die Spuren eines frühem glänzenderen Zustandes
erhalten. In dem Felsen, worauf El-Gara erbaut ist, finden sich Katakomben;
deren Zugänge man auf der beiliegenden Zeichnung ( Tafel XI. Fig. 6.)
Bemerken wird. Von dem Scheik-el-Belad geführt, durchwanderte ich die
Oase in allen Richtungen, antike Trümmer zeigten sich häufig. Besonders
stiefs ich auf die noch bedeutenden Substructionen einer alten Burg, theils
aus Quadersteinen, theils aus gebrannten Ziegeln aufgefuhrt. Der Scheik gab
ihnen den Namen Kasser Pharis, ufid erzählte, es habe einst hier eine
alte Stadt gestanden. Einen von drei Hügeln umgebenen geräumigen Platz
24