Säule umflog, in welcher er eingeschlossen war r). Hinter ihm stand Venus,
aber von dem Grabe abgdwandt.
Von der . anderen Seite ■ trat M in e r v a zu dem Heiligthum, mit der
Sonnenscheibe über dem Haupt, und den Lotusstab in der Hand haltend.
Sie scheint mit dem männlichen Schurz umgürtet, wofür man in dem, was
Hörapollo von der mannweiblichen Natur dieser Göttin berichtetJ), eine genügende
Erklärung finden könnte. Vielleicht ist indefs hier durch die Schadhaftigkeit
der Urbilder eine Ungenauigkeit in den Zeichnungen veranlafst.
Der Jüngling neben ihr, mit dem Diadem und einem Blumenschmuck,
dessen Knospen herabhangen, ist M a n e r o s , der frühgestorbene Liebling
der Isis und der Gegenstand so vieler Trauergesänge. Er war der Sohn
jenes Königs, der die suchende Isis auf ihrer Wanderung in seinen Palast
aufnahm, der Erfinder der Musik und ein lieblicher Sängef. Isis wollte ihm
die Unsterblichkeit verleihen; allein unvorsichtig trat er herzu, nicht wissend,
dafs seine Pflegerin eine Göttin sey, als diese voll Schmerz und sich allem
glaubend, auf den gefundenen Leichnam des Osiris niedergesunken war;
Isis vernahm die sich nähernden Fufstritte hinter sich, blickte zürnend auf,
und Maneros starb vor Entsetzen 3). Wohin das Mysterium von der Isistrauer
kam, nahm man unter mancherlei Formen auch diesen rührendeii
Zug auf; daher die zahlreichen Namen, unter denen allenthalben dieser
Maneros wieder vorkommt. Herodot vergleicht ihn dem griechischen
Linus 4), andere dem maryandinischen Bormos s), Homer nennt ihn
Demophoon und Sohn eines Königs von Eleusis 6), und eine Reihe anderer
1 ) P lu ta r c h , de Is. et Osir. c. 15. 16. Oben pag. 131.
2) H o r a p o l io 1, 12,
3) P l u ta r c h , de Is. e t Osir. c. 16-17. 4 ) H e r o d o t. I I , 79.
5) A t h e n a e u s X IV . c. 11. Vo l. V , p. 245. Schweigh.
6) H ym n , in Cer. 231. Man feierte ihm zu Ehren zu Eleusis ein Kinderfest, ibid..,265—267-j
das ßxxxtirvf (XiB-oßex!*') genannt wurde, A t h e n a e u s IX . c. 72. Vo l. I I I . p. 505. cf.
sa n . I I , 32.
Namen findet sich bei Plutarch *). Die ursprüngliche Sage scheint die'von
Herodot aufbehaltene, nach welcher Maneros der einzige Sohn des ersten
Königes von Aegypten war. Aus dem Umstande, dafs Plutarch die Isis nach
phönizien wandern läfst und den Maneros zum Sohn eines Königs von
Byblos-macht, ergiebt sich, dafs er in der Erzählung des Mythus von Osiris
und Isis nicht ägyptischen Quellen folgte, sondern wahrscheinlich einer
phönizisch-'griechischen, in der manche Züge von ihrem wahren Boden losgerissen
und nach Phönizien versetzt waren, wie dies bei Uebertragung religiöser
Mythen immer geschah.
Dafs hier-wirklich Maneros, dem der Isis zu Ehren ein gewisser Dienst
gewidmet war 2), dargestellt sey, wird durch andere Denkmäler aufser
Zweifel gesetzt- In der bembinischen Tafel steht er neben dem Tempel der
Isis, und in der Gruppe, wo diese den Osiris neben der Nymphe der Erika-
Staude wiederfindet, hat sie den Blumenschmuck des gestorbenen Maneros
in der erhobenen Hand.
Auf Maneros folgen H o r u s und H e i i o s , und noch ein dritter Begleiter
des Osiris, der durch keine besonderen Symbole ausgezeichnet ist.
An der linken Tempelwand (Tafel VIII.J haben sich von den Darstellungen
der unteren Reihe nur geringe Spuren erhalten, die verrathen, dafs
hier Ammon selbst vorkam, hinter ihm vielleicht Minerva, Phtha und
Venus; zwischen beiden letzteren aber ein Gott mit einem Wolfskopf und
mit einer Waffe in der.Hand, den ich wieder für O s i r i s zu halten geneigt
hin. Als nämlich Horus den letzten Kampf gegen Typhon bestand und zu
unterliegen Gefahr lief, stieg Osiris in Wolfsgestalt aus dem Amenthes
herauf und verschaffte seinem Sohn den Sieg 3). Deshalb verehrte man zu
1) D ic t y s , P a l a e s t in u s , P e lu s iu s , vielleicht ist Maneros auch jener Thamus, um den
die Weiber zu Jerusalem weinten. E z e c h . V I I I , 14.
2) P lu ta r c h . I. c. tx st riftecf iiti tij» B-sop.
3) D io d o r. I , 88. Welche wunderbare Heiligkeit man dieser Erzählung beilegte, sieht man
aus der von Wesseling angeführten Stelle des S y n e s iu s de provid. I. p . 115. Eben so geheimnisvoll
spricht H e r o d o t. I I , 122.# der aber immer gern verräth, dafs er den wahren Zusammenhang
auch wisse.