selbst, und ist als Hauptinteressent mit mehreren Handelshäusern, unter
ändern mit dem Hause v o n B r i x in Alexandrien, durch welches er sogar
den indischen Handel betrieb, in Verbindung. Ich kann hier einen groß-
müthigen Zug nicht übergehen, den er kürzlich ausgeübt hat. Er hatte
europäischen Kaufleuten, die in Aegypten angesiedelt waren, Lebensmittel,
zum Belauf eines Werthes. von mehreren Millionen Piaster, zu Handelsunternehmungen
vorgeschossen. Durch fehlgeschlagene Speculationen sahen
jene sich aufser Stande, Bezahlung zu leisten. Einem Theil von ihnen
erliefs er die Hälfte des Vorgeschossenen, und bewilligte neuen Zuschufs.
Dem anderen Theil erliefs er zwei Drittheile, und setzte zur Wiederbezahlung
des übrigen eine gewisse Zeit fest Noch anderen erliefs er die ganze
Forderung, verlangte aber, daß sie sofort das Land verlassen sollten.
Ich darf indeß auch mein Urtheil nicht unterdrücken, daß ich nicht
alle Handelsunternehmungen des Pascha dem wahren Vortheil seines Landes
angemessen halte. Dafs die inländische Verarbeitung aller Producte die
vortheilhafteste Benutzung gewähre, ist als Schulpnncip vollkommen richtig,
und mag, was den Salpeter, den Zucker und das daraus Gewonnene betrifft,
auch für Aegypten gültig seyn. Vielleicht ließen sich noch andere Gegenstände
nennen. Allein im Allgemeinen ist der unmittelbare Verkauf der
rohen Producte für dieses Land unstreitig viel angemessener. Der eingeborene
Aegypter will durchaus alles nach eigener Einsicht machen, oder nach alt
hergebrachter Weise.’ Er ist widerwillig und fühlt sich elend, wenn man
ihn davon abhält. Außerdem ist er zu träge und langsam,' um eine Arbeit
schnell zu fördern. Die eingewanderten Europäer sind aber, wie ich leider
bekennen muß, zum Theil Abentheurer, deren Unternehmungen unmöglich
das Emporkommen eines wohlgegründeten Fabrikwesens befördern können.
M e h e m e d - A l i pflegt jeden, mit dem er spricht, scharf ins Auge zu
fassen, sieht aber dabei sehr freundlich und wohlwollend aus. Man
behauptet, er sey heftig; im Umgange bemerkt man davon keine Spur. Er
ist grofsmüthig und edel, und spendet, ungeachtet seines Handlungsgeistes,
wenn die Gelegenheit ihn auffordert, mit fürstlicher Freigebigkeit. Er ist
ein tapferer, einsichtsvoller Soldat, und hat in den Kriegen gegen die Mamelucken
und Wechabiten persönliche Beweise davon gegeben. Im Innern
seines Hauses erscheint er als hochverehrter, gefürchteter Vater.
Er hat zwei rechtmäßige Frauen und einen zahlreichen Harem. Von
jenen hat er drei Söhne gehabt Der älteste, I b r a i m - P a s c h a , befehligte
die Armee im Hedjaz gegen die Wechabiten, vernichtete diese, und nahm ihr
Oberhaupt gefangen, weswegen er vom Sultan zum Pascha von Mekka
erhoben wurde: eine Würde, die ihm den Vorrang vor seinem Vater giebt.
Ungeachtet dessen, und als präsumtiver Erbe, ist er ein gehorsamer Sohn;
auch nur in Gegenwart seines Vaters sich zu setzen, erlaubt er sich nie.
Er soll ein guter Soldat und strenggerechter Mann seyn, der aber die Franken
nicht liebt, was man ihm aus guten. Gründen nicht ganz übel deuten
kann. Der zweite Sohn des Pascha, T u s s u n - P a s g h a , starb vor einigen
Jahren an der Pest, und hinterliefs einen Knaben von fünf Jahren, den der
Sultan, aus Rücksicht auf die Verdienste des Vaters und Großvaters, ebenfalls
zum Pascha erhob. M e h e m e d - A l i läßt ihm die sorgfältigste Erziehung geben,
auf eine Art, die ihm die höchste Ehre bringt. Der dritte Sohn heifst I s m a i l -
P a s c h a , und befehligt gegenwärtig (1821) die Expedition gegen Dongola,
Darfour und Senaar. Aufser diesen Söhnen hat er noch zwei Töchter. Die
¡älteste ist an den Befehlshaber von Alexandrien, M a h r a m - B e i , die jüngste
an den Deflerdar und Statthalter M o h a m e d - B e i verheirathet.
Seine Größe soll bereits seit langem Eifersucht in Constantinopel erregt
haben. Er weiß indefs dem Hofe zu schmeicheln, und sendet jährlich, aufser den
regelmäßigen Abgaben, bedeutende Geldbeiträge und Geschenke an den Großherrn
und andere Große.des Reichs. Früher war er wegen seiner politischen
Existenz nicht ganz unbesorgt; jetzt aber ist er dies immer weniger, denn er hat
Kraft genug, selbst bedeutenden Unternehmungen gegen sich zu begegnen.
Auch die Männer der nächsten Umgebung des Pascha sind zu merkwürdig,
um nicht hier eine ehrenvolle, dankbare Erwähnung zu verdienen.
Sein geltendster Rathgeber und die Seele seiner Unternehmungen ist kein
Muselmann, sondern ein Christ.
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