Einer ägyptischen Juno geschieht übrigens öfter Erwähnung '); wahrscheinlich
entsprach der Genossin des Ammon weder die griechische Hera,
noch Aphrodite. Selbst in ihrer eignen Religion wurde es den Griechen oft
schwer, die Begriffe dieser Göttinnen aus einander zu halten, und die Lace-
dämonier.'seit alter Zeit eifrige Befrager des Ammon, dem sie einen Tempel
geweiht hatten 2), vereinigten beide zu einer Aphrodite-Hera 3). Eben
deshalb behielt man in Dodona den alten Namen Dione für die Orakelgöttin
bei, um sie von jenen zu unterscheiden; eine nähere Verwandtschaft wies
aber doch auf die Venus hin. Aufser der Eiche Jupiters, dienten Tauben,
allgemein der Venus geheiligte Vögel, zur Weissagung; Dione hiefs bald eine
Tochter des Oceanus, bald des Nereus, beides in offenbarer Beziehung auf
die Geburt der Liebesgöttin aus dem Meere; und nicht selten bezeichnet auch
jener Name ausdrücklich die Venus selbst 4). Nach dem orphischen Götter-
System war Dione eine der sieben Titaniden, der Töchter des Himmels s);
bei Homer erscheint sie als eine Gattin Jupiters und als Mutter der Venus
Und eben dieses war in Kreta der herrschende Glaube 6).
Dies erinnert uns, dafs man auch in Aegypten eine ältere Venus, die
Göttin der Urnacht, von einer jüngeren unterschied; und wegen der.enthüllenden
Fittige könnte man glauben, es sey jene erste hier dargestellt. Bei
einem griechischen Dichter erscheint die ursprüngliche Nacht mit schwarzen
Fittigen brütend über dem Ei des Anfangs, aus welchem der goldbeschwingte
Eros hervorgeht 7). Allein die Flügelverhüllung ist bei den ägyptischen
Göttinnen sehr häufig; wir werden sogar den Osiris darin erblicken ').
Vielleicht gelingt es uns weiterhin, das Verhältnifs des Ammon zur Venus
näher zu entwickeln.
1 ) Z. B. D io d o r . I , 13. H o r a p o l lo I , 11. etc. 2) P a u s a n . I I I , 18.
3) P a u s a n . I I I , 13. 4) Z. B. im Pervigilium Veneris; bei O v id alma Dione etc.
5) F r a g m . O rp h . V I I I . A p o l lo d o r . 1, 1.
6) I l i a s V , 312. 370. 371. A p o l lo d o r . I , 3. D io d o r . V , 72.
7 ) A r i s to p h . A v e s , 696.
8 ) Man sehe unsre T a fel X X X . Fig. 1. mit der dazu gehörigen Erklärung.
Vor beiden Gottheiten ist ein zierlicher Altar errichtet, in Gestalt einer
\ weit geöffneten Lotusblume. Das Opfer besteht in Früchten oder Kuchen,
wenigstens ist es unblutig, nach ältestem Ritus; aber der Anbetende überreicht
den Göttern in jeder Hand, wie es scheint, einen Obelisk. Bei den Aegyptern
wurden diese vor den Eingängen der Tempel errichtet, und die hier angeldeuteten
Ständen vielleicht auf den Basen, die Hornemann x) erwähnt In
dem Darbringenden sehen wir ohne Zweifel den Erbauer oder einen Wohl-
thäter des Tempels; und im ersten Fall zeigt die Weihung der Obelisken
[zugleich die Vollendung und Dedication des Baues.
Nach einer mythischen Erzählung war der Gründer des ammonischen
i Heiligthums kein geringerer als Osiris selbst 2), der auch den Jupitertempel
[zu Theben gebaut haben sollte; nach Pausanias aber ein libyscher Hirt 3).
INach Herodot war das Orakel entweder eine Kolonie des Thebäischen 4),
[oder von Aegyptern und Aethiopiern gemeinschaftlich angelegt s).
Der hier dargestellte scheint ein König zu seyn, und ist sehr ehrenvoll
lausgezeichnet. Auf dem Haupte fuhrt er den Palmenschmuck des Osiris 6).
[vor der Stirn bezeichnet die Schlange (der Uräus oder Basilisk) die Gewalt
über Leben und Tod 7), aber die Feder auf dem Kopfe derselben zugleich
die Gerechtigkeit 8)i
Arabische Schriftsteller nennen, ohne Zweifel aus älteren Quellen, bald
[Sa, den Sohn des Busiris und Gründer von Sais 9); bald einen jüngeren
1) Oben pag. 100.
2) D io d o r . I , 1 5 . , / / / , 72. H y g in . Aslron. I I , 20. Auch N i g i d i u s in den Schol. za
Mjerman. Pliaenom. A ra d ,' (K o l. I I . p . 61. Buhle.J, wo zugleich bemerkt ist, das ammonische
[Orakel sey neun Tagereisen von Alexandrien entfernt.
3) P a u s a n . IV \ 03» . 4) H e r o d o t. I I , 54. IV , 181. 5 ) H e r o d o t. I I , 42.
6) Man sehe unsre X V I t e bis X IX t e Tafel. 7) H o r a p o l lo I , 1 . 8 ) Ibid. I I , H 8.
9) A i n i bei v. H a m m e r in den Fundgruben des Orients. Bd. IV . p . 422. Besser oder
'Busins, der Sohn Cham's, welcher Name Aegypten selbst bezeichnet, theilt sein-Reich unter seine
»vier Söhne. Cobth erhält Oberägypten von Syene bis Coptos, welches er baut; Isc/imoun das Land
von Coptos bis Memphis, e r baut Oschmounain (Hermopolis magna, ägyptisch Schmoun); Atrib