T h u rm is t beschädigt. Ein bunte r Tep p ich , mit dem die T h ü re n der heiligen Ställe verhangen
wurden, und die oft mit Gold durchwirkt waren ( C le m e n s A l e x . I. c .), ist zurtick-
geschlagen, u n d hinter demselben blickt eine sehr geschmückte Kuh hervor. Zwischen
den H öm em träg t sie eine rothe Scheibe, die nach Herodot die Sonne darstellt und bisweilen
golden war (H e r o d o t I I , 1 32.), der Basilisk, das Zeichen der Göttermacht, fehlt
n ich t, u n d über d e r Sonnenscheibe erheben sich zwei grün gefärbte Straufsfedern. Um
den Hals träg t sie einen Schmuck, der völlig mit dem der Göttin Tafel X X I I I . Fig. 6.
iib er einkommt; au f ihrem Rücken liegt eine purpurne Decke. Die Kuh selbst scheint mit
kleeblattartigen Zierrathen bemalt zu seyn; und in allen Stücken eben so ausgeputzt,
erblicken wir, au f einem kostbaren Mumiensarge der Königlichen Sammlung, um den heiligen
Apisstier sieben K ühe, die gleichsam den Harem desselben bilden, welcher letztere
seltsame Umstand von Diodor ausdrücklich erwähnt wird (D io d o r I , 84.). Ueber der
Kuh schwebt eine geflügelte Kugel, die wahrscheinlich die Sonne darstellt. Uebrigcns
wären die Kühe im Allgemeinen d e r Isis, aber auch der Venus und noch ändern Göttinnen
geweiht. E in e r besondern Verehrung genofs die Mutter des Apis. Kein Aegypter afs mit
einem Griechen, oder ktifste ihn au f den M und, oder bediente sich seines Messers und
ände rn Geräthes, blos aus F u rch t, es könne das Fleisch einer Kuh dadurch b erührt worden
seyn ( H e r o d o t I I , 41.). Merkwürdig is t es, den alten Aberglauben in seiner ganzen
Kraft noch jetzt in Indien fortdauern zu sehen.
V o r der Kuh steht ein W a sse rg e fä fs, eine Krippe mit Lotusknospcn, wie es scheint,
u n d ein Altar mit Kuchen u n d Blumen. Ein e andächtige F ra u , in einem weiten weifsen
Gewände u n d mit einer schwarzen Kappe au f dem H au p te , wahrscheinlich eine Wittwe,
betet knieend und mit Erhebung eines Sistrums und einer Blume, zu der thierischen Gottheit.
B e i dem Anzuge der F ra u kann ich nicht umhin, au f die völlige Gleichheit desselben
mit der gewöhnlichen T ra c h t der indischen W e ib e r aufmerksam zu machen. Auch
die grofsen Ohrringe sind beiden Völkern gemein. Auf der Scheitel der frommen Wittwe
is t noch ein besonderer Schmuck angebracht. V o n den Hieroglyphen beziehen die zwei
ersten Zeilen sich au f die K u h , die sechs anderen enthalten das Gebet der Frau.
Fig. 3. Dieselbe W ittw e erscheint hier noch einmal, die Belohnung ihrer Andacht zu
erhalten. E in mit nufsartigen F rü ch ten beladener Baum ist dargestellt; wahrscheinlich
wieder die heilige P e rse a (oben T a fel X X I I . Fig. 2.)> die der Isis oder dem Horus geweiht
( P lu ta r c h . de Is. et Osir. c. 68. cf. C x ip e r i Harpocrat. p. 21.)» ein Symbol der W a h rh e it
und alles H eils, aber auch ein ausgezeichnet schöner Baum war (A e l ia n . de nat. anim.
I. X I . c. 40.). Die bittere mandelartige F ru ch t war sehr heilsam, u n d es flofs ein treffliches
O el aus dem Baum ( S i l v e s t r e d e S a c y zu A b d -A lla c if relation de VEgyptep. 47 etc.).
J e tz t is t dieses Gewächs, das ursprünglich aus Aethiopien stammte (D io d o r I , 3 4.), in
Aegypten ganz ausgegangen. Ich verm u th e'in d efs, dafs die von mehrem neueren Reisenden
erwähnten b i t t e r e n N ü s s e , die im in n em Afrika sehr hoch geschätzt und oft das
Stück mit einem Sklaven bezahlt werden, keine anderen sin d , als eben die heilige Persea
(bei den Arabern: L e b a k h oder L a b k a h , koptisch: O u s c h b a ) . Durch ihre natürliche
Bitterkeit benehmen sie dem ungeniefsbaren W a s s e r d e r inneren W ü s te seine
Schädlichkeit, indem man sie eine Zcitlang hinein legt. Sie sollen am Niger wachsen,
u n d werden nach Fezzan u n d durch die ganze Sahara ausgeführt. B u r c k h a r d t erwähnt
einer Fru ch t: N e b a k , von süfsem Fleische und bitterem K e rn , die vielleicht dieselbe ist
( Travels in Nxibia 1819. p. 315. cf. S tr a b o L .X V I I .) . Die Heiligkeit der P e rs e a , wofern
meine Annahme richtig is t, hatte sonach einen seh r natürlichen Grund.
In diesem Baume erscheint eine weibliche Gestalt, gleichsam die Hamadryade desselben
( cf. T a fel X X X I . Fig. 9. a. b.J; in der einen H an d hält sie ein W a ss e rg e fä fs, in der
anderen eine Schale mit Früchten. D e r Name dieses W e s e n s steht unten an dem Baume.
D as Wa sserg efä fs bezeichnet den Agathodämon oder Ammon, die Scheibe u n d der Halbkreis
das weibliche Geschlecht (oben S. 3 7 4 .); wir dürfen also in ih r einen weiblichen
Agathodämon, wahrscheinlich jene M e n u th i s oder E u m e n u t h i s erkennen, die als Gattin
des Chnoubis oder Canobus öfter erwähnt wurde (S . 109. 146. 375.). Un ten am Baume
richtet sich die heilige Isisschlange, T h e rm u t h i s , au f (A e l ia n . de nat. anim. X , 31.). Die
anbetende F ra u empfängt knieend, mit dem Munde u n d beiden H än d en , einen W a s s e r strahl,
der von der Göttin gegen sie ausströmt. Neben ih r wird ein symbolisches G e schöpf,
ein F a lk mit einem Menschenhaupte, vor welchem ein kleines Rauchfafs brennt,
a u f ähnliche W e is e begnadigt. Offenbar sind diese Vögel das Vorbild der griechischen
S i r e n e n ; man h a t in ihnen ein Symbol der menschlichen Seele zu erkennen geglaubt,
allein blos wegen eines schon Seite 395. gerügten Irrthums (c f. T a fel X X . Fig. 4.). Nach
d e r bembinischen T a fel waren diese W e s e n dem ägyptischen Hermes geweiht, sie erschein
en häufig neben der Leiche des O siris, gehören also in beider Beziehung der Unterwelt
an. Dies gewinnt Aufklärung durch eine Stelle der Helena des Euripides, welches Stück
in Aegypten spielt, wo die bedrängte Heldin die P ro se rp in a anruft, ,, sie möge ih r h e rau fsenden
die flügeltragenden Jungfrauen, die unvermählten T ö c h te r der E rd e , die Sirenen,
mit libyschem Lotus u n d F lö te n , damit sie nächtlich ihre Klagen u n d T h rä n en mit lieblicher
Musik begleiten" (E u r ip . Hel. vs. 166 u n d folgende). Nach dieser, bisher nicht
bemerkten Angabe sind also die Sirenen gleichsam Todesmuscn d e r Unterwelt; u n d als
solche erscheinen sie offenbar auch im griechischen Mythus. Ihre Namen: T h e l x i o p e ,
A g l a o p h e m e , P e i s in o e u. s .w . beziehen sich sämmtlich au f Lieblichkeit des Gesanges,
u n d gewöhnlich werden sie Tö ch te r einer Muse genannt (A p o l lo d o r . I , 3. 4. u n d B a r n e s
zu den angeführten Versen des Euripides). Uebrigens mufs man nicht übersehen, dafs man in
Aegypten die zahllosen symbolischen W e s e n der Hieroglyphik fast durchgängig fü r wirklich
vorhandene Geschöpfe hielt; von welchem Glauben die naturhistorischen W e rk e der Griechen
und Römer häufige Beweise geben. — Die Hieroglyphen beider Bilder wiederholen
von der dritten u n d fünften Zeile dieselbe Formel;
T a f e l X X X I .
Fig. l. a. b. Eine aus Holz geschnitzte weibliche Gestalt, in der einen Hand einen
Stengel des öfter bemerkten schilfartigen Grases haltend (T a fe l X X IV . Fig. 4. 5.). Auf
ihrem Haupte bemerkt man den, wie ein Geier mit hcrabgesenkten Flügeln gebildeten