Die Umgegend Alexandriens ist sehr traurig; man erblickt nichts als
Schutthaufen, und ich mufs aufrichtig gestehen, dafs ich lieber die libysche
Wüste, als einen solchen Mahner ehemaliger Gröfse sehe. Dort erwarte
ich keinen erfreulichen Anblick-, hier sage ich mir, wie alles sonst war und
noch seyn könnte. Vielleicht gelingt es der Regierung oder thätigen Einwohnern,
durch Benutzung des neu angelegten Kanals die Bewässerung
der Gegend wieder herzustellen; denn nur an Wasser fehlt es diesem
Boden, um sich mit der blühendsten Vegetation zu bekleiden. Die gänzliche
Verwahrlosung der alten Anlagen hat übrigens erst seit der Herrschaft
der Türken ihren Anfang genommen. Noch im vierzehnten Jahrhundert
schildert Abulfeda die Umgegend Alexandriens als sehr reizend, und
spricht von der Schönheit und Fruchtbarkeit der beiden Ufer des Kanals,
die mit Gärten und ewigem Grün umkränzt waren. Arabische Dichter
hatten die Lieblichkeit dieser Stadt und ihrer Gegend besungen. Jetzt sind
einige Arten der Sodapflanzen, die Kapernstaude, hin und wieder Dattelbäume
und einige kärgliche Unterfrüchte, fast alle Gewächse, die man in
der trostlosen Oede wahrnimmt.
Der Himmel ist in Alexandrien den astronomischen Beobachtungen
nicht günstig; denn er ist immer weifslich, und derjenige Theil, der über
dem Sand der Wüste sich erhebt, entzündet röthlich. Die Nächte sind
äufserst feucht, und sobald die Sonne untergegangen ist, wird man ganz
naß, und es gehen alsdann deshalb weder die Eingeborenen, noch die sich
hier aufhaltenden Europäer spazieren. Durch diese feuchte Luft wird der
Granit und Basalt, besonders aber der Kalkstein so angegriffen, dafs er
zuletzt wie ein Schwamm durchlöchert erscheint.
Das Thermometer stand während der vier Wochen meines hiesigen
Aufenthalts meistenteils auf 24 Grad Reaumur im Schatten, und soll des
Mittags, selbst bei der äußersten Hitze, selten über 28? steigen, weil die
Seeluft die Wärme mäßigt. Gegen das Ende des Oktobers pflegen Stürme
und Regen sich einzustellen. Die Eweiterung des Sees Mareotis wird, falls
er nicht auf seine alten Grenzen zurückgefuhrt wird, die Luft in Alexan-
[ drien nicht verbessern, den Nachtheil abgerechnet, dafs eine große sonst
I bebauete und bewohnte Landstrecke unbrauchbar geworden und ihr Ertrag
■ der Stadt entzogen ist. . Er war bereits vor einigen Jahren bedeutend wieder
I ausgetrocknet und durch einen Damm gegen neue Erweiterungen verwahrt,
I als eine ungewöhnlich hohe Nilüberschwemmung diesen durchbrach und
I einen neuen Austritt des Sees veranlafste. Jedoch versichert man allgemein,
I dafs der See mit verhältnifsmäfsig geringen Kosten sich wieder einschränken,
I und zuletzt ganz austrocknen lassen dürfte.
Der erwähnten Feuchtigkeit der Luft, den zahlreichen Schutthaufen,
I die aus feinem mit Salpeter und Salmiak stark imprägnirten Staube beste-
[hen, welchen die geringste Bewegung zu Wolken aufthürmt, so wie auch
Iden Ausdünstungen, die vom Brennen des Kameelmistes herrühren, messe
■ ich den Ursprung jener Augenkrankheit bei, die uns unter dem Namen der
mägyptischen Ophthalmie bekannt ist. Die Hitze und den Glanz der Sonne
■betrachte ich mehr als accessorische Ursachen und als Dinge, die das Uebel
■vermehren. Das Vermeiden des Ausgehens vor Sonnenaufgang oder nach
■ Sonnenuntergang, und, falls man sich doch der feuchten Nachtluft aus-
■setzen muß, das sorgfältige Verhüllen des Kopfes und der Augen (so wie
■die meisten Eingeborenen dieses instinktmäfsig zu thun pflegen) sind
■die besten Verwahrungsmittel gegen dies Uebel. Aus Mangel an dieser
■Vorsicht, da der Soldat sich nicht immer gegen Erkältungen verwahren
■ka nn, erlitt die französische Armee unter B o n a p Ar t e und später die
■englische große Verwüstungen. Doch dürfte dieses Uebel wohl durch
■übertriebenen Genufs starker Getränke und Unmäfsigkeit in der Liebe gesteigert
werden.
Wenn man ein Jucken in den Augen fühlt, so muß man sich ja hüten
Jolche zu reiben, weil dies die Entzündung derselben befördert; auch muß
■ m a n sich gegen die Fliegen verwahren, die sich gerne in die Augenwinkel
Setzen, und jene Krankheit nicht selten von dem Kranken auf den Gesunden
■ibertragen. Desgleichen ist eine jede unmittelbare Berührung des Gesichts
»mt einem an den Augen Leidenden gefährlich und kann dies Uebel mittheilen.