Platze blieben, worauf die übrigen sich friedlich in ihre Dörfer zurückzogen.
Wenn aber ein Eingeborner einen ändern Siwaher tödtet, so steht es dem
nächsten Verwandten des Ermordeten frei, entweder 1400 spanische Tha-
ler als Lösegeld für die Blutschuld anzunehmen ; oder die Auslieferung
des Mörders zu fordern, den er in diesem Falle das Recht hat zu töd-
ten. Gemeiniglich geschieht dies auf die Weise, dafs der Bluträcher den
Mörder an einen Baum bindet, und ihm durch einen Elintenschufs das
Leben nimmt. Die beträchtliche Summe des Lösegeldes erklärt sich aus
dem Reichthum der Siwaher; denn das Geld, welches die Beduinen durch
ihre Heerden, durch Raub und Karavanenzüge erwerben, zieht sich unfehlbar
allmählig in die fruchtbaren Plätze, von wo aus sie sich gelegentlich
versorgen. Auch führt der Dattelhandel viel Baarschaft in dies Ländchen.
M e h e m e d - A n konnte ihm daher eine Kriegssteuer von 12,000 spanischen
Thalern auflegen.
Die Justiz ist, wenigstens den Gesetzen nach, sehr streng. Diebstahl
wird mit dem Verluste der einen Hand, ausgeübte Gewalttätigkeit gegen
Frauenzimmer mit achzig Streichen mit dem Ochsenziemer bestraft, und
der Thäter mufs die Gefallene ausstatten und heirathen. Nur die verheirate
ten Männer dürfen in dem oberen Theile der Stadt wohnen, der
unglaublich eng und verworren gebaut ist. Sobald die Knaben heran wachsen,
müssen sie in besondere Häuser ziehen, die aufserhalb der ersten Ringmauer
der Stadt liegen; und hieher müssen sich auch alle Wittwer begeben,
bis sie wieder verheiratet sind. Sollten diese Einrichtungen aus dem Altertum
stammen, so wären sie höchst merkwürdig; vielleicht entspringen sie
blos aus der heftigen Eifersucht und aus der Bauart der Stadt, die gleichsam
ein einziges Gebäude ausmacht, das aus vielen engen Hütten zusaffl-
mengeklebt ist Die drei Siwaher, von denen Ripaud in Alexandrien seine
Nachrichten über .Siwah erhielt, erzählten ihm auch, ihre Stadt sey ein
grofces Haus, in welchem die ganze Bevölkerung bei einander wohne *)■
*) L a n g l i s zu H o r n e m a n n pag. 399.
Bezieht sich übrigens die von Ripaud angegebene Zahl von 2000 Einwohnern
auf die ganze Oase, so ist sie zuverlässig zu gering; so wie Hor-
n em a n n 's Schätzung der waffenfähigen Mannschaft auf 1500 mir zu grofs
zu seyn scheint; wenigstens dürfte man gegenwärtig kaum diese Zahl herausbringen.
Vielleicht übertreiben die Siwaher absichtlich die Nachrichten
über ihre Volksmenge.
Noch vor Kurzem erkannte dieser kleine Staat, als oligarchische Republik,
zwar den türkischen Kaiser für seinen Oberherrn, zahlte aber keinen Tribut-
An inneren Revolutionen scheint es indefs nicht gefehlt zu haben. Zu
Hadschi Abdallah’s Zeit *) regierte ein Rath der Alten, aus sechs bis acht
Oberhäuptern bestehend. Browne fand 1792 die Gewalt in den Händen von
■vier oder fünf Scheiks, worunter drei Brüder waren **). Wenige Jahre
¡später bestand ein aus den Alten gewählter Rath von zwölfen ***). Eben
Iso viele hätten, dem Gesetze nach, zu Homemanns Zeit (1798) herrschen
sollen, und zwar abwechselnd immer zwei von ihnen zugleich; allein zwanzig
andere hatten sich den zwölfen mit Gewalt beigesellt und gleichfalls den Ehrentitel
Scheik angenommen; aufserdem wurden auch noch Volksversammlungen
gehalten ****). Im Frühjahr 1820 mufste sich Siwah den Truppen des Pascha
Me h e m e d -A n , nach vorhergegangenem Kampf, der durch Kanonen entschieden
wurde, unterwerfen, und eine abgeschlossene Convention verpflichtete
die Einwohner zu der erwähnten Kriegssteuer von 12,000 spanischen
'l'halern und zu einem jährlichen Tribut von 2000 Kameelladungen Datteln.
Gegenwärtig ist die Zahl der Scheiks unbestimmt; aufser dem Oberhaupte
der Religion und einem zweiten, das jenem zur Seite steht, zählte man
jnoch zehn untergeordnete Chefs.
Die alten Ammonier waren eine Kolonie der Aegypter und Aethio-
pier, und ihre Sprache war aus denen dieser beiden Völker gemischt, oder
*) P r o c e e d in g s I. p. 193,
**) T r a v e ls p. 25.
***) L a n g l e s p. 400.
*-***) H o r n e m a n n ,. voyage p. 3 t.