Kolosse vor dem Eingang eines inneren Hofes gestanden haben, wie Tama
und Chama wahrscheinlich in dem äufsersten östlichen Peristyl des Palastes
oder auch vor dem Haupteingang desselben sich befanden.
Besser als der wirkliche Memnon, dessen obere Hälfte in Sandstein
restaurirt ist, hat sich der südlichere Kolofs, Chama, erhalten; die Höhe
desselben in sitzender Stellung beträgt 48 Eufs, die Höhe der Basis 12, die
Breite der Schultern 19 und die Länge des Mittelfingers vier Eufs fiinf Zoll.
Die Inschriften in Versen und Prosa an der Basis und den Füfsen des
Memnon rühren fast alle vom Kaiser Hadrian, seiner Gemahlin Sabina und
den römischen Generalen und Hofleuten, Herren und Damen in ihrer Begleitung
her, und es ist merkwürdig, dafs man keine aus dem Zeitalter
der Ptolemäer gefunden hat. In einer derselben wird bemerkt, dafs Mem-
non der Stadt Diospolis gegenüber sitze, wodurch die Angabe des Strabo
und Ptolemäus, welche beide die Lage der alten Hauptstadt Aegyptens Mos
auf die rechte Seite des Stromes beschränken, sich bestätigt; das gegenüber
liegende linke Ufer scheint ausschliefslich zu Begräbnissen und zu Prachtdenkmälern
der Könige bestimmt gewesen zu seyn. Noch jetzt ist die
Gegend längs der libyschen Bergkette. damit überdeckt, und die zertrümmerten
scheinen zum Theil dem Material, woraus sie erbaut waren, indem
sie aus Kalkstein bestanden, ihren Untergang zu verdanken.
Die meisten der erwähnten Inschriften bezeugen das Klingen des Memnon
um die erste Tagesstunde, bald früher, bald später; man sieht indefs,
dafs schon im Alterthum nicht alle so glücklich waren, diesen magischen
Klang zu vernehmen. Auch mir wurde diese Gunst versagt; indefs versicherte
mir ein zuverläisiger, vorurtheilsfreier, sehr gebildeter Mann, den
ich in Aegypten kennen lernte, bei Sonnenaufgang einen Ton gehört zu
haben, welcher der Bildsäule zu entsteigen schien; er habe sich aber, aus
Furcht durch Jemanden von seiner Umgebung getäuscht worden zu seyn,
gegen diese hierüber nicht aussprechen und den vernommenen Klang der
Statue nicht unbedingt beimessen wollen. Die Herren C o s t a z , R e d o o t i .
C o u t e e e e , Le P è r e , D e i i s l e und J o n o i s nahmen mehrmal zu
derselben Stunde einen ähnlichen Ton wahr *), und späterhin die Herren
r a k k s und R i c c i . Sie sind alle der Meinung, dafs jenes Klingen von der
s ch n ellen Erhitzung des Steines durch die Sonne und dem sich herstellenden
Gleichgewicht der Temperatur herrühre **).
Dicht neben den libyschen Bergen, in einem engen Thale südwestlich
vom Osymandeum, hat sich ein kleiner, der Isis geweihter Tempel ***)
erhalten, von sehr zierlichen Verhältnissen und mit vortrefflich ausgefuhrten
bildlichen Darstellungen und Hieroglyphen. Leider haben Reisende mehrere
interessante Reliefs aus der Mauer gebrochen. In diesem Tempel befindet
sich das zierliche Fenster, Tafel XXTX. Fig. 13., wodurch eine auf das Dach
führende Treppe erleuchtet wird; auch im Tempel zu Karnak bemerkt
man Fenster aus gleichsam durchbrochen gearbeiteten, gitterartigen Steinen
angebracht .
Ich besuchte hierauf mehrere Katakomben, welche sich in den Felsen
der libyschen Bergkette befinden, die von Gurnou bis Medinat-Abu in
einem Bogen, dessen Ausdehnung über eine deutsche Meile beträgt, die
Ebene von Theben gegen Westen begrenzt Die Eingänge von einigen sind
nicht beträchtlich über der Erde erhaben, andere giebt es bis zu der Höhe
von 300 Fufs den Felsen hinan. Sie sind nach den verschiedensten Richtungen
geöffnet, und in Gänge, Zimmer und Säle getheilt, die bald durch
in die Tiefe hinabfuhrende Brunnen unterbrochen, bald durch Treppen
verbunden sind. Die zu unterst gelegenen sind am reichsten verziert, und
enthalten ■ gemeiniglich die kostbarsten Gegenstände; so dafs diese zur
.*) Man sehe oben p. 122»
**) Es mufs jedoch in der Textur der Breccia, woraus der Kolofs des’Memnon besteht» noch
ein besonderer Grund jenes Klanges vorhanden seyn, weil sonst dies Phänomen Weit häufiger Vorkommen
mufste. Selbst der besser erhaltene Kolofs neben der Memnonssäule ist stumm.
***) Die Darstellung des Todtengericbts, die sich in diesem Gebäude findet, beweist, dais es
kein Tempel, sondern ein Grabesdenkmal sey; auch scheint es, so wie mehrere der hier befindlichen
Monumente, mit Katakomben in Verbindung zu stehen. Man vergleiche hierüber H i r t ' s treffliche
Erörterung im ersten Theil der Geschichte der Baukunst.