Gemeiniglich suchen die Scheiks diese Stellen durch List oder durch Geschenke
in ihren Familien zu erhalten.
Während der Mameluckenregierung rieben die libyschen Stämme durch
blutige Fehden sich unter einander auf, indem das Vergeltungsrecht bei
ihnen geübt wird, und die Blutrache nicht ausstirbt, also bei ungehinderter
Wuth, die Mordzüge sich immer erneuen. Auch suchte jeder der, ebenfalls
unaufhörlich sich bekämpfenden Bey’s der Mamelucken einen oder mehrere
Beduinenstämme in sein Interesse zu ziehen. Allein ungeachtet der Abhängigkeit,
in welche sie jetzt unvermerkt gerathen sind, betrachten die Beduinen
sich in der Wüste noch immer als die einzigen Herren, und tyrannisiren
einen jeden, der sich von ihnen abhängig macht. Wehe dem, der ihr Ueber-
gewicht furchten oder in einem Gefecht vor ihnen fliehen mufs!
Die Tracht der Fellahs besteht gewöhnlich in weiten Beinkleidern und
einem blauen leinenen Oberhemde, das vom Halse bis auf die Knöchel
reicht und über den Hüften mit einem Gürtel befestigt ist. Auf dem Kopf
tragen sie eine Mütze, die bisweilen durch ein um dieselbe gewickeltes
weifses Stück Zeug zu einem Turban erhoben wird. Statt des leinenen
Hemdes sieht man sie oft mit einer Art Toga bekleidet, aus grobem härenen
Zeuge, die mit einem Gürtel oder Strick um die Hüften befestigt ist
Bisweilen haben sie auch blos ein solches Stück Zeug um die Hüften
gewickelt und sind im übrigen nackend. Knaben und Mädchen gehen zur
Sommerszeit ganz unbekleidet, nicht selten bis zur Zeit der Mannbarkeit;
bei schwerer Arbeit, in und aufser dem Wasser, pflegen auch die Männer
sich aller Bekleidung zu entledigen.
Die Beduinen dagegen tragen zwar ebenfalls jene weiten Beinkleider,
aber um den Leib ein langes Stück weifsen oder grauen wollenen Zeuges;
Haram genannt, das sie auf die mannigfaltigste Weise zu benutzen verste?
hen. Bald wird es als Toga übergeworfen, bald um die Hüften gewickelt,
auf die Schultern gelegt, oder in eine Kappe oder Turban verwandelt, und
Nachts mufs es bald als Decke dienen, bald als Zelt. Auf dem Kopf tragen
sie einen Tarbous, und nur selten einen Turban. Als Waffe führen sie
beständig eine Flinte bei sich, und viele aufserdem Pistolen und Säbel. Die
Reiter haben überdies oft noch Trombons und ihre Gewehre sind mit
Bajonnetten versehen, die sie den Franzosen und Engländern verdanken.
Das Pulver pflegten sie früher selbst anzufertigen, seitdem aber der Salpeter
zum Miri gehört, müssen sie es von der Regierung kaufen. Sie sind sehr
lüstern danach, und wissen das gute vom schlechten genau zu unterscheiden.
Um künftigen Reisenden wenigstens einen Theil der Mühseligkeiten, die
ich mit meinen Gefährten in so reichem Maafse erdulden mufste, zu ersparen,
kann ich nicht umhin, einige Bemerkungen über die angemessenste
Art, zur Erreichung wissenschaftlicher Zwecke, die Wüste zu bereisen, hier
einzuschieben. Sich in solchen Fällen den gewöhnlichen Karavanen anzu-
schliefsen, ist nicht rathsam, weil man durch die Regelmäfsigkeit des Zuges
und noch mehr durch das Mifstrauen der Begleiter an aller freieren Untersuchung
gehindert wird, und in so fern hatten wir Recht gethan, eine
eigene selbstständige Karavane zu bilden; weil aber unsere Kameele dem
uns geleitenden Scheik gehörten, befanden wir uns in einer eben so hindernden
Abhängigkeit von diesem und seinen Dienern. Ich rathe daher bei
Unternehmung eines grölseren Zuges die nöthigen Kameele zu kaufen, und
zur Führung derselben Diener zu miethen oder sich mit guten Sklaven zu
versehen. Selbst in ökonomischer Rücksicht ist dies anzurathen, indem man
nach vollendeter Reise die Kameele wenigstens um die Hälfte des Einkaufpreises
wieder veräufsern kann. Ferner versehe man sich, aufser mit guten
Wasserschläuchen und den übrigen unentbehrlichen Vorräthen an Mehl,
Reifs, gedörrten Pflaumen etc., auch mit dem nöthigen Futter für die Last-
thiere. Die gröfsere Auslage wird durch das schnellere Fortrücken reichlich
eingebracht, auch kann man bei regelmäfsiger Nahrung die Thiere schwerer
beladen; man darf indefs darauf rechnen, dafs ein Theil der Fütterung an
den Lagerstellen sich vorfindet. Zur Bedeckung sind einige europäische
Diener den feigen schlecht bewaffneten Arabern bei weitem vörzuziehen, auf
deren Treue man sich niemals verlassen kann.
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