sondern der grofien Göttin Venus geweiht war; eine Angabe, die durch
Strabo bestätigt wird, der bereits den Haupttempel dieser Stadt der Venus
zueignet *).
Ich war so glücklich, die berühmte sphärische Darstellung des Sternenhimmels
hier noch an ihrer Stelle zu bewundern, die kurz nachher, gerade
als Herr Segato im Begriff stand, eine für mich angefangene berichtigte
Zeichnung dieses mit auffallenden Abänderungen dargestellten wichtigen
Denkmals, bei einer zweiten Ausflucht nach Dendefa, zu vollenden, von
einem französischen Speculanten, mit übereilender Heimlichkeit und gewissenloser
Zerstörung der umgebenden Bildwerke, gewaltsam losgebrochen und
entführt wurde, um sie in Frankreich zu verhandeln. So sehr es zu
wünschen ist, dafs die Begünstigungen der jetzigen aufgeklärten Regierung
Aegyptens zur Versetzung möglichst vieler Denkmäler nach Europa benutzt
werde, so mufs doch jeder Freund der Kunst und des Alterthums hoffen,
dafs jene Unternehmung einer rücksichtlosen Habsucht keine Nachahmer
finden möge. Bei meiner Rückkehr aus Ober-Aegypten begegnete ich dem
Schiffe, welches diesen Herrn und seine Gehülfen trug.
Auf dem grofsen Tempel hat Herr D r o v e t t i in dem Schutt verfallener
Eehmhütten einen kleineren entdeckt und aufgraben lassen, der geschmackvoll
verziert, indefs sehr beschädigt ist; von den acht Säulen desselben sind zwei
ganz verloren. Auch die Bildwerke des grofsen Tempels haben durch den
Religionseifer der ersten Christen manche Verstümmelung erlitten.
Die bekannte Erzählung, dals heidnische Seapoys der e n g lis c h -indischen
Armee in diesem Tempel ihre Andacht verrichteten, wurde mir hier durch
Augenzeugen bestätigt, die hinzufügten, die gemeinen Soldaten hätten sich
beim Anblick dieser Bildwerke sogleich anbetend zur Erde geworfen. Bei
der auffallenden Uebereinstimmung der Bedeutung vieler zugleich indischen
und ägyptischen Symbole, z.B. gerade der wichtigsten: des Lotus, des Stieres,
der Ammonshörner und des Käfers, ist jener merkwürdige Vorfall nicht
*) H i r t , über die Bildung der ägyptischen Gottheiten p. 25. 26.
s c h w e r zu begreifen. Die Religionen beider, durch alten Verkehr und Aehn-
lichkeit der meisten Einrichtungen nahe verwandten Völker, ging offenbar
aus einem und demselben Princip, einer symbolischen Naturverehrung, hervor
die im ganzen Alterthum herrschend war, indefs allenthalben auf eigen-
thiimliche Art sich entwickelte.
Um aber zu zeigen, wie wunderbar die Uebereinstimmung oft bis ins
Einzelsnte sey, genüge hier die Anführung nur eines Beispiels: Nach indischem
Mythus stand Dherma, der Stier der Wahrheit und des Rechts, im
Krita -Yougam, dem ersten Zeitalter, auf seinen vier Füfsen, denn die
Menschen hatten noch keinen Vortheil von der Ruchlosigkeit.- In jedem der
folgenden Zeitalter ward er, durch überhand nehmende Bosheit, eines Fufses
nach dem ändern beraubt, und im jetzt herrschenden vierten oder Kali-
Yougam, steht er nur noch auf einem einzigen *). Hiermit völlig züsam-
raentreffend, erblickt man unter den Bildwerken des, an der Decke des
Pronaos vor dem Tempel zu Tentyris, noch vorhandenen Thierkreises, die
thierische Mifsgestalt des Typhon “ ), der einen Stier mit nur einem Bein
an einer Kette vor sich her treibt.
Französische und deutsche Gelehrte haben einen nicht sonderlichen
Beweis ihres Scharfsinnes abgelegt, indem sie durch angeblich astronomische
Berechnung gefunden zu haben behaupten, es müsse dieser Tempel bereits
16,000 Jahre vor Christi Geburt erbaut seyn. Nach einer wahrscheinlicheren
Berechnung setzt der Herr Abt P o c z o b u t , Astronom der Universität zu
Wilna, die Zeit der Errichtung des Thierkreises zu Tentyris in die Jahre
633 bis 546 vor Christi Geburt ***), verwechselt aber das Sternbild des
Krebses mit einem Käfer ganz aufserhalb der Zodiakalzeichen, neben welchem
die offene Hand sonach auch nicht den Solstitialpunkt der Ekliptik andeuten
*) Man sehe Institutes o f Hindu Law, or tJie ordinances o f M e n u according to tlie glofs
of Culluca, verbally translated from, the original Sanscrit. Buch I . Nr. 81. 82. 83.
**) Oben p. 153.
***) Essay sur Vépoque de l'antiquité du Zodiaque de Denderàhy V iln a 1803.
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