III
Chemische Analysen altägyptischer Farben,von Herrn Professor
J o h n , mit einem Vorwort und Zusätzen von S. E.
dem Herrn General v o n Minutoli.
„Von ägyptischer Malerei findet man noch Ueberbleihsel an denYVänden der Tempel
u n d Begräbnifsgrotten, an den Säulen, Bildsäulen, Denksteinen u n d so mannigfaltigen Gegenstän
d en , die man in den Hypogeen trifft, als z. B . au f Mumienkasten u n d Hüllen, Idolen-
kasten, kleinen tragbaren Tempeln und Laden, au f einzelnen Idolen und Papyrusrollen etc.
Diejenigen F a rb en , die man am meisten angewendet fin d e t, sind die ro tb e , blaue,
gelbe u n d grüne in verschiedenen Nuancirungen, die vielleicht aus mannigfaltigen Stoffen
bestehen, oder durch Zusätze von T h o n oder Kalk abgestuft worden sind. Allenfalls
könnte man die schwarze F a rb e , womit die meisten Figuren konturirt sind und die Hieroglyphenschrift
angedeutet is t, u n d mehrere Arten von b rau n , womit Sarkophagenkasten,
F ig u ren , Holztafeln u n d andere Gegenstände oft überstrichen sin d , hinzurechnen; denn die
weifse, welche C a y lu s (in seinem Receuil d'Anticjuitds etc. Tom. 5. p . 25.) als die sechste
anführt, ward gemeiniglich n u r zur Gründung der Malerei au f Lehm, Holz u n d Zeugen angewandt.
Eb en so gebrauchte nach C i c e r o u n d P l i n i u s (Lib. 35. cap. 32.); die alte griechische
Malerschule nur folgende vier F a rb en : ,, Quatuor coloribus solis immortalia illa opera
fe c e r e , e x a lb i s m e lin o (weifs), e x s i la c e i s a t t i c o (berggelb), e x r u b r i s sinopide
p o n t i c a (röthliches Eisenoxyd), e x n i g r i s a t r a m e n to etc. (schw a rz , das einige auch
fü r blau h a lten ); ungeachtet sich L e v e s q u e * ) , H ir t* * ) u n d G ö th e * * * ) dahin vereinigt
h aben, dafs man die Ausdrücke des P l i n i u s von diesen vier Grundfarben, nicht ganz
nach dem Buchstaben nehmen müsse.
Aufschlüsse über die F arb esto ffe, aus welchen die alten Griechen und Römer
ihre F a rb en zusammensetzten, findet man in den Schriften des T h e o p h r a s t u s , Dios-
c o r i d e s , Y i t r u v i u s , P l i n i u s , u n d in den neuern lehrreichen Analysen, die D a v ym
seinen chemisch-artistisch-antiquarischen Versuchen (siehe Philosophie. Transactiohs of the
*) S u r les progrès successifs de la peinture chez les Grècs. JHém. de VInsl. litter. e t beaux arts
Tom. I . pag. 436.
••) Remarques su r les couleurs dont les Anciens se (levoient servir p o u r peindre. lHém. de PAcaa.
de Berlin. 1802. pag. 30.
**•) H . M e y e r , in von G o e th e zur Farbenlehre. Th. II. S. 89.
P. S. o f Lond. fo r 1815.) mit den Malereien au f Kalk aus den Trüm mern des alten Roms,
Herkulanums u n d Pompejis, mit den F a rb en d e r aldobrandinischen Hochzeit u n d ein es, in
seiner Gegenwart in letzter verschütteten Stadt aufgefundenen Farb en to p fes, angestellt
hat. Denn die V ersu ch e, welche C a y l u s , G m e l in , F e r h e r , H a t c h e t t , K l a p r o t h
und C h a p t a l anstellten, betrafen mehr die Analyse von alten Gläsern u n d Glaspasten aus
dem griechischen u n d römischen Alterthume. Allein über die Kö rp er, aus welchen die
alten Aegypter ihre F a rb en zusammensetzten, is t bis je tzt n u r wenig ausgemittelt worden;
denn so schätzenswerth die Bemerkungen eines C a y l u s u n d B ö t t i g e r s (je n e s in
seinem Receuil etc., dieses in seinen I d e e n zur Archäologie d e r Malerei, .Theil I. Dresden
1801.) über die Malerei jenes alten Volkes auch seyn mögen; so sind sie doch aus.
dem Grunde ungenügend, weil es ihren Verfassern an der so nöthigen Anschauung mannigfaltiger
Materialien gebrach, um damit Versuche anstellen u n d bestimmtere Resultate
ziehen zu können.
Diesen Mangel ken n en d , war ich au f meinem Zuge durch Aegypten bemüht, bemalte
und mit F arb en stark bedeckte Materialien von S tein , Holz u n d Lin n en , auch selbst vor-
gefnlidene Farbenstücke u n d abgekratzte Farbenstoffe,, zur genauem Analyse nach Europa
zu translociren; allein le ider, ward ein grofser T h e il dieser seltenen P ro d u k te , mit den
übrigen so zahlreichen Kunstgegenständen, ein Raub der W e lle n . J ed o ch war ich bemüht,
noch vorhandene Farbenstoffe u n d ande re , der chemischen Analyse würdige Körper,
dem Herrn Professor J o h n zuzustellen, der sich ihrer Zerlegung, zum Frommen der
Wissenschaften, mit einem Eifer u nte rzog, der n u r die günstigsten Resultate herbeiführen
konnte.. Ueher dessen B e ru f zu diesem Geschäfte sprechen zu wollen, hiefse n u r das
Zartgefühl eines Mannes verletzen, der bereits durch seine P re is - u n d andere Schriften
der gelehrten W e l t rühmlichst als gründlicher, die W issen sch a ften fördernder Gelehrter
bekannt ist.
Interessante Resultate über die zur Malerei hei den alten Aegyptem angewandten
Stoffe, dürfte der Inhalt zweier Farbenkasten, die in den Katakomben von T h eb en gefunden
wurden, u n d wovon der eine vie r, der andere sieben verschiedene F a rb en in muschelartigen
Vertiefungen enthielten, gewähren, wenn sie der gegenwärtige Besitzer, H e rr
D r o v e t t i , französischer Generalkonsul, der chemischen Analyse n u r zum T h e il opfern
wollte. . Ich lasse jetzt H errn Professor J o h n selbst r e d e n :“
I.
Malerfarben, deren sich die alten Aegypter bedienet haben.
Ohne mich hier über den Streit einzulassen, oh die Alten ihre F a rb en zur Hervorbringung
des Lichts u n d Schattens u n d der verschiedenen darzustellenden Modificationen
der Nüancen aus 4 einfachen Grundfarben hervorzuzaubern verstanden, oder ob sie sich
so vieler F arb en bedienten, als sie in der Natur vorfanden u n d durch K unst zu bereiten
wufsten; ein Stre it, welcher einzig durch Anschauung zu schlichten is t, indem die Quellen,