Um halb sechs Uhr lagerten wir uns auf einem Platze, Kurme-Kebije
genannt, der der gestrigen Lagerstelle, so wie der ganzen durchzogenen
Gegend, ähnlich war.
Den l4ten Morgens um halb sechs Uhr zogen wir weiter, und hatten
anfänglich zur Hechten und Linken Gebirgszüge, die sich in ein Plateau
vereinigten, von welchem aus wir uns alsdann merklich senkten. Etwa
gegen 11 Uhr Morgens erreichten wir einen Brunnen, oder vielmehr eine
mit Regenwasser angefiillte Zisterne, Bir-Negy genannt Da in einiger Entfernung
von uns eine zweite Karavane inländischer Beduinen zog, und
diese ihre Richtung nach jener Zisterne nahm, so eilte ein Negersklave des
Scheiks voran, besetzte sie und drohte, einen jeden zu erschiefsen, der sich
ihr nähern würde. Da wir starken Schrittes ihm nacheilten, und ihnen an
Streitkräften überlegen waren, so fanden sie es gerathen, uns dieselbe friedlich
zu überlassen. Oft aber ereignet es sich, dafs man in der Wüste um
den Besitz eines Brunnens sich schlagen, und einen Trunk Wasser mit
Menschenblut erkaufen mufs, wenn zwei durstige Karavanen zugleich
eintreffen.
Das Wasser dieser Zisterne war sehr lehmig, aber gut. Kaum waren
wir indels bei derselben angelangt, als sich die Araber schnell entkleideten,
hineinsprangen und das immer trüber werdende Wasser mit leinenen Beuteln
ausschöpften, und es in grofsen hölzernen Mulden den hinzustürzenden,
durstigen Kameelen vorsetzten. Das Drängen dieser armen Thiere war
so grofs, dafs die Reiter kaum Zeit fanden, von ihren Sitzen herabzugleiten,
und alles Gepäck zercpietscht zu werden Gefahr lief. Weder das
Geschrei, noch die wüthenden Prügel der Araber konnten sie bändigen;
aber es war nun der dritte Tag, dafs die Kameele nicht getränkt worden
waren, und sie konnten, nachdem sie einmal zu saufen begonnen hatten,
stundenlang ihren Durst nicht stillen. Später fand ich dies zu beobachten
noch oft Gelegenheit und glaubte zuweilen Münchhausens halbirtes
Pferd vor mir zu sehen. Der Durst unserer Pferde war gleichfalls kaum
zu stillen.
Ich meinerseits fand es unerträglich, dieses getrübte, lehmige Wasser
| zu g e n ie fs e n , und in der Voraussetzung reineres zu finden, wozu man mir
H o ffn u n g machte, versäumte ich auch, unsere eingeschrumpften Schläuche
d am it a n f ü l le n zu lassen; hatte aber Ursache, am folgenden Tage diese
U n te rla s su n g zu bereuen. Wegen der grofsen Müdigkeit der Kameele
k o n n te n w i r den versprochenen Brunnen nicht erreichen. Wir schlugen
d a h e r unser Lager unweit eines nach der See mit zwei Kuppen hinstrei-
[ ch e n d e n Gebirgrückens auf. Dieser Höhenstreif heilst Schmeime. Unterhalb
d e r u n s z u n ä c h s t liegenden Kuppe fanden wir zwar eine Zisterne, und bald
n o c h e in e andere; aber beide waren leer. Dagegen trifft man eine halbe
! S tu n d e weiter ganz leidliches Wasser an. Die hier gemessene Polhöhe
[g a b 30° 39' 40" nördlicher Breite.
Von hieraus beschlofs ich, einen Boten mit den Empfehlungsbriefen
Id e s Marokkanischen Consuls an den K a i h - B e i und den Scheik H e d o u -
dad nach Derna, als den angeblichen Ort ihres Aufenthalts, zu senden, und
|zugleich sie zu ersuchen, mich an der Grenze zur Sicherheit in Empfang
| nehmen und geleiten zu lassen. Unser Scheik bestimmte zu dieser Expe-
jdition einen ihm untergeordneten Araber, dessen Zuverlässigkeit er mir
lanpries. Der Bote sollte sogleich abgehen. -
Ich hatte auf dem heutigen Zuge das Unglück, meinen verwunde-
jten Arm, an dem ich seit Jahren von Zeit zu Zeit leide, durch einen
[Stofs gegen den Sattelknopf stark zu verletzen. Ein scheinbar geringer
Umstand, der mir aber späterhin in seinen Folgen beinahe das Leben
[gekostet hätte.
Am löten Oktober feierte ich den Geburtstag unsere verehrten K r o n p
r i n z e n , so gut es in der Wüste nur möglich war. Ich liels einen Hammel
[schlachten, nach patriarchalischer Weise, und lud die Herren Naturforscher
feu mir em; denn diese führten anf unserem Zuge ihre besondere Wirth-
jschaft in einem eigenen Zelte. Es wurden bei dieser Gelegenheit einige
Flaschen des besten mitgenommenen Weines nicht geschont, und unsere
FVunsche fur SEIN Wohl waren bei dem spärlichen Mahle nicht weniger