Am merkwürdigsten schienen mir die Gräber des Berges Gebel- Drara-Enhrik
unweit der Ruine Umebeda. Das Innere einiger seiner Grotten, so wie verschiedene
Details, sieht man Tafel XII. Fig. 3. 4. 5 6. 7. Die weibliche Gestalt
Fig. 8. befindet sich in der Kammer a. der zweiten Figur derselben Tafel,
nud giebt ein Beispiel eines ammonischen Gemäldes. Auch Tafel F. Fig. l,
erblickt man neben dem Hauptort Siwah einen Berg, der ganz von Katakomben
durchlöchert ist. In sämmtlichen durchforschten Katakomben fand ich
übrigens, statt wohl erhaltener Denkmäler, nichts als Vernichtung, Schutt
und Trümmer, morsche Gebeine und zerrissene Bandagen.
Ueberrascht wurde ich daher, als ich die stillen Wohnungen eines solchen
Todtenberges, den ich besuchen wollte, von Lebenden occupirt fand. Die
vielen Grabgewölbe desselben waren nämlich von einigen hundert Arabern
bewohnt, die mit ihren Familien und ihrem Scheik sich hier etablirt hatten,
Sie gehörten zum Stamm der Megaber, und ich liefs mit dem Scheik mich
in ein Gespräch ein, wodurch ich erfuhr, dafs sie zu Anfang des .Jahres
1820 aus Augila hieher ausgewandert seyen, weil sie den von Seiten der
tripolitanischen Regierung ihnen aufgelegten Tribut, als freieoMänner, nicht
entrichten wollten.
Ueber die wenig bekannte Oase von Augila- gab er mir folgende Auskunft:
„Sie ist zehn Tagereisen von Siwah entfernt“ (eben soviel.rechnet
Herodot l. IV. c. 182. Homemann legte indefs den Weg in neun starken
Tagemärschen zurück),??, ist etwa drei Viertel einer deutschen Meile.- lang,
nur eine halbe breit, und zählt zwei Dörfer, Namens Augila und Galle,
die von zwei Araberstämmen Namens Oisely und Megaber bewohnt waren
z). Die Oisely, 300 Köpfe stark, wohnen noch in Augila; die Megaber,
400 Köpfe stark, sind die erwähnten Auswanderer. Sie treiben Handel mit
den durchziehenden Karavanen, und nehmen häufig als Kameelführer und
7) H o m e m a n n , Hoyage p. 69. nennt drei Oerter: Au g ila , Meledila und Mogabra, Iete-
tere beiden Dörfer hießen zusammen genommen auch Fallo; Mogabra war von allen dreien der
volkreichste. Die Aehniichkeit der Namen fällt ins Auge.
Kaufleute an diesen Theil. Sie haben beinahe dieselben Gesetze, wie die
Siwaher, bestrafen den Diebstahl mit dem Verlust der einen Hand, und
üben d ie Blutrache. Sie gewinnen beinahe doppelt soviel Datteln, als Siwah
erzielt, und Getreide für etwa zwei Drittel der Bevölkerung. Sie hesitzen
Kameele zum Bedarf der Karavanen, und man findet viel Straufse in der
Oase u n d der Umgegend. Die Bewohner nähren sich, wie die Siwaher,
aufser von Datteln, welche die Hauptnahrung ausmacbeW, von Linsen, Bohnen
Und Mälo/eie, einem grünen in Siwah sehr beliebten Kraut '). “
Während der fünf Tage meines Aufenthalts in Siwah besuchte ich auch
die in der Entfernung von etwa vier Stunden an der nach Augila führenden
Strafse gelegenen Ueberbleibsel eines von Sandstein erbauten Tempels, der
wahrscheinlich, da er dorisch ist, aus den Zeiten der Griechen oder Römer
stammt. - Er besteht aus drei Kammern, deren Eingangsthüren noch ganz
artig verziert sind. In dem mittelsten Gemach befinden sich seitwärts zwei
schmale Fensteröffnungen, durch welche das Licht von oben schräge hineinfällt
Die Eingebornen nennen diese Ruine Bel-deF Rum. Tafel III. Fig. 2.
giebt eine Ansicht derselben, und ein flüchtiger Grundrifs ist zur Seite
beigefügt. ■-
Auf dem Wege dahin, trafen wir an einem Orte; Namens Daiba, einen
hübschen Garten, aus welchem uns der Besitzer, der uns begleitete, Feigen
und Granatäpfel pflückte. Dicht dabei findet man auf einer kleinen Anhöhe
die Ueberbleibsel eines grofsen Gebäudes, das- ich für sarazenisch halte.
Rechts und links befanden sich Kalk- und Sandsteinfelsen, die ganz durchlöchert,
das heilst voll Grotten und Katakomben waren. Eine Ansicht eines
dieser Katakombenberge bei Bel-del-Rum findet sich Tafel XII. Fig. 11.
1) H o rn em a n n s Nachricht, daß die Bewohner von Augila die Siwahsprache reden, wird
durch die Erzählung des Scheik, nach welcher sie Araber sind, etwas zweifelhaft.. Wäre sie aber
gegründet, so' erklärte sich dadurch um so leichter, wie die Siwaher diese "ausgewanderten Stammesbruder
Unter sich aufnahmen. So wie weiterhin erzählt wird, dafs die Ausgewanderten von
Umessogeir oder E l- Gara sich in Siwah niederließen.