Innern des Tempels mehr als einmal diese dem Ammon wesentlich verbundene
Inhaberin der sommerlichen Himmelshemisphiire in noch anderen
Beziehungen eben so dargestellt wieder antxeffen.
Auch der Grund, warum sie hier neben Osiris, den Kamephen und
Hercules erscheint, ist nicht schwer aufzufinden. Minerva war die Gehülfm
des Osiris im Kampfe gegen Saturn und Retterin Ammons vor dessen
Genossen r), deren wahrscheinlich zweiundsiebzig waren, nach der Zahl
der Gehülfen seines Sohnes Typhon und der Genien des Thierkreises, deren
jeder fünf Grade von den dreihundertsechzig desselben beherrschte. In
zweiundsiebzig Länder theilten die Aegypter auch die Erde ein 2), deren
jedes ohne Zweifel einen dämonischen Vorsteher hatte, und'in eben so viel
Theile den menschlichen Körper. In Beziehung auf die siegreiche Minerva
hiefs eine Königin der Thebaide, welche den Tod ihres Bruders an dessen
Mördern blutig rächte, Nitokris 3); ein Name, den Eratosthenes durch Minerva
Victrix. (A3mä Notinpogos) erklärt 4).
Die Reihe der Helfer des Osiris war hier mit dieser Göttin nicht geschlossen;
allein von der folgenden männlichen Gestalt haben nur Arm und Scepter
sich erhalten, alle anderen Bildwerke der Aufsenseite des Tempels sind
unkenntlich geworden. Neben dem Eingänge über den Gestalten des Ammon
und der Venus (Tafel X. Fig. 2.J erscheinen die Spuren einer Reihe kleinerer
Gottheiten, aber völlig zerstört.
Aus der baulichen Beschaffenheit der erhaltenen Reste, besonders ans
dem Mangel eines oberen Gesimses, läßt sich schliefsen, daß dieses Sanctua-
rium von ändern Theilen des Tempelgebäudes ganz eingeschlossen war s).
1 } D io d o r . I I I , 72. In den Kreis dieser Sage gehörte wahrscheinlich auch die Geschichte
von dem erschlagenen Zagreus, dessen noch klopfendes Herz Minerva seinem Vater Jupiter bringt
der ihn wieder belebt. O n o m a k r i c u s , ein. Zeitgenosse der Pisistratiden und Mysteriendicbter,
nannte die hier auftretenden Feinde der Götter (A,A ,lypoi) mit dem geläufigen Namen Titenen
(Patisan. V I I I , 37.). Daher wieder Diodor’s Behauptung (Diodor. I , 97. cf. I I I , 73, I '■ 7 3.),
Griechen hätten die Titanen aus Aegypten entlehnt.
2 ) H o r a p o l io I , 14. 3) H e r o d o t. I I , 100.
4) E r a to s th . latercuhis refeum. J a b l o n s k y , Remphah Aeg. D em p. 59.
5) Man vergleiche den Grundriß T a fe l V I . und die beiden Ansichten T a fel V I I .
Treten wir ins Innere, so ist auch hier alles mit Bildwerken bedeckt,
deren symmetrische Vertheilung sehr angenehm ins Auge fallt z). Die Verzierungen
beider Seiten entsprechen sich auf das genaueste. Zu unterst lief
lein fast zerstörter mäandrischer Zug oder Labyrinth umher; dann folgen
Figuren in drei Streifen über einander, so gehalten, dafs jeder höhere Streifen
immer um etwa ein Viertheil schmäler ist, als der untere. Ueber diesen
befindet sich eine grofse hieroglyphische Inschrift, die ringsumher, in per-
Ipendiculären Kolonnen fortlaufend, einen beträchtlichen Raum einnimmt.
¡Die Farbe hat hin .und wieder sich hier noch sehr frisch erhalten; die Hie-
jroglyphen sind in unseren Zeichnungen aber nur angedeutet. Ein bekla-
jgenswerther Mangel! Zwei nicht breite Figurenstreifen bilden die obere
Einfassung. Die Höhe der Wände, von den Mäandern an gerechnet, beiträgt
neunzehn und einen halben Fufs bis unter die Decke 2).
In diesem Raum, den einst nur Priester und Geweihte betraten, stand
ohne Zweifel das heilige Schiff, welches das mystische Bild des Ammon
[enthielt, und mit silbernen Pateren behängen von den Priestern in Proces-
feion umher getragen wurde 3). Eben ein solches Schiff war von Sesostris
im Tempel des.Ammon zu Theben geweiht; es bestand aus Cedernholz,
[war aufsen vergoldet, und im Innern mit Silber überzogen “). Zu Karnak
[sehen wir noch jetzt, zwischen den ungeheuren Säulen des mittleren Gan-
bes !)?in dem grofsen hypostylischen Gemache des Tempels, den Raum,
[wo es aufgestellt war; er ist 154 Fufs lang und 17 Fufs 4 Zoll breit. Das
paaß des vergoldeten Schiffes ist also von Diodor unmäßig vergrößert,
1) Man selie T a fel V III.. und IX .
L ^ er unterste Streifen ist 65 Zoll, der zweite 55, der dritte 3 9 ,-die Hieroglyphen 44, das
[Fest des Sonnentisches 14, und die Falken mit den Sceptem 16 Zoll hoch. Der Mäander mag etwa
fewei Fufs betragen.
| 3) D io d o r. X V I I , 50. C ii r t iu s I V y 7. 4) D io d o r . I , 57.
¡kJ . ^ l l j l ^ b e n 11 Fufs Durchmesser und 65 Fufs Höhe! Ihrer sind 12, in zwei Reihen; 122
nere äulen tragen die Decke, die zu beiden Seiten des Hauptganges niedriger ist. Description
¡de VEgypte, Thebes p ‘. 22U