Erst den folgenden Nachmittag gegen zwei Uhr kehrte er zurück, und
bald nachher setzte sich die Karavane in Bewegung. Wir durchzogen eine
steinige mit Gestrüpp bewachsene Gegend. Das Gestein, welches- oft zu
Tage brach, war mit Kalk vermischt, an manchen Stellen ausgehauen (die I
Reste alter Steinbrüche), im Ganzen aber meistentheils verwittert Nach I
einem Marsche von drei Stunden Zeit, lagerten wir uns in der Nähe des
Brunnens Suanied - Mathar, einer mit Regenwasser angefüllten Zisterne,
deren Wasser nicht ganz übel schmeckte.
Unserer Karavane hatte sich heute eine kleinere angeschlossen. Es war I
eine Frau unseres Scheiks, deren er drei besafs, die in verschiedenen Gegen- I
den sich aufhielten, und ein Bruder desselben, der an den Blattern krank I
lag. Dieser wurde in einem verschlossenen Palankin getragen, welcher auf I
dem Rücken eines kräftigen Kameels befestigt war. Sie zogen dicht vor I
uns her, durch ein Paar Fufsgänger und Reiter gedeckt. Die Frau ging I
bald zu Fufs, bald setzte sie sich zu Pferde, blieb aber unverschleiert; denn I
die Frauen der Beduinen binden sich nicht streng an die orientalische Sitte I
der Verhüllung.
Auf dem Zuge gab es wieder Anlafs zu Verdruls. Die Kameele zer- I
streuten sich in allen Richtungen, um Futter zu suchen. Sie rannten begie- I
rig nach jedem Kraut oder Gebüsch, das ihnen Nahrung darbot, und waren I
bald fast eine Stunde Weges in der Länge und Breite auseinander gerissen. I
Keiner der Araber bekümmerte sich um ihre Leitung. Es zeigte sich auch I
bald, dafs die armen Thiere kein anderes Futter erhalten sollten, als auf I
diese zeitraubende, für uns unerträgliche Weise. Vom ersten Tage an glich I
unsere Karavane nicht einem reisenden Zuge, sondern einer weidenden I
Heerde, nur mit dem Unterschiede, dafs diese gemeiniglich durch die Vor- I
sorge der Hirten besser zusammengehalten wird. Es gelang oft nur mit der I
gröfsten Mühe, die Kameele wieder herbei zu treiben. Unser Scheik blieb I
vollkommen gleichgültig. Meine Gefährten und ich eiferten umsonst; weder I
befehlen, noch drohen half. Trieben unsere Leute die Kameele an, so I
wütheten die Araber und wurden unerträglich. Wir mufsten uns ergeben; I
allein bei solchen Aussichten hätten wir wohl gethan, uns ihnen nicht ferner
anzuvertrauen. Aber wir ahndeten nicht, dafs unsere Beharrlichkeit dreien
unserer Gefährten das Leben kosten sollte.
Am 8ten liefs ich die Kameele schon vor Tagesanbruch laden, und
wir waren im Begriff unseren Zug anzutreten, als Briefe von den Herren
B ü c c i a n t i und D r o v e t t i , durch einen Eilboten überbracht, mir anzeigten,
dafs Herr Professor Liman endlich aus Livorno eingetroffen und
Willens sey, mir zu folgen. Erfreut über seine Ankunft, sandte ich
sogleich ihm Antwort zurück, dafs die Karavane bei Abousir, in der Nähe
des .sogenannten Thurms der Araber, auf ihn warten werde.
Die Gegend, welche wir zwischen Suanied-Mathar und Abousir durchzogen,
behielt den angezeigten Charakter, es war ein steiniger, mit Gestrüpp
bewachsener Boden. In etwa zwei Stunden Zeit' erreichten wir zwei Brunnen,
deren Wasser indefs etwas salzig ist; einer derselben heifst Bir-Mahsen.
Nach ungefähr wieder einer Stunde findet man eine Zisterne mit trübem,
aber geniefsbarem Wasser, und in ihrer Nähe, was man in der Wüste
nicht vermuthet, einen kleinen Garten, aus welchem es mir gelang, einige
Pasteken oder Wassermelonen zu erhalten. Eine Meile weiter erreichten
wir etwas angebautes Land und fanden einen bedeutenden Viehstand. Ein
künftiger Reisender wird mir für diese Notizen vielleicht Dank wissen.
Wir hatten nun Zeit, den Thurm der Araber und die Ruinen von
Abousir zu untersuchen, unterhalb welcher ich unsere Zelte- aufschlagen
liefs. Ersterer wird von sehr vielen Reisenden erwähnt, die meisten sahen
ihn indefs blos aus der Ferne von ihren Schiffen; es hätte sonst über die
Bestimmung dieses Baues keine Verschiedenheit der Meinungen Statt finden
können. Die Neueren halten ihn gewöhnlich für einen Leuchtthurm, andere
glauben darin das feste Schlofs Chersonesus, oder Plmthine, oder Taposiris
zu erblicken, lauter Ortschaften dieser Gegend, welche Strabo nahmhaft macht,
allein der erste genauere Anblick überzeugte mich, dafs es ein Grab sey. Es
ist der Rest eines Mausoleums, unter welchem sich im Felsen ausgehauene
Katakomben befinden, deren Kammern mit einander in Verbindung stehen.
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