Angelegenheiten der einzige übrig gebliebene Bruder des Franciskanerklosters
besorgt Akhmim ist an der Morgenseite von Felsen umgeben, die durch
Zurückwerfen der Sonnenstrahlen die Hitze hier unerträglich machen; die
Umgegend scheint außerordentlich fruchtbar.
Dann erreichten wir Girgeh, nach Cairo die gröfste Stadt Aegyptens,
die ihren Namen von einem dem heiligen Georg geweihten Kloster fuhrt,
in welchem jetzt Bruder Ladislaus, ein in der Propaganda gebildeter Römer,
ganz allein wohnt, und mit vieler Einsicht die Nachgrabungen des Herrn
D r o v e t t i zuAbydus leitet. Der achtungswerthe einsame Mönch, in dessen
Gesellschaft ich einen sehr angenehmen Tag verlebte, schien mit seiner Lage
völlig zufrieden, und sorgte mit grofser Bereitwilligkeit für unsere Leibesund
Geistesnahrung, indem er uns mit Reisevorräthen und Büchern versah,
Seine Gemeinde, die, wie die zu Akhmim, von der Propaganda zu Rom
abhängt, zählt 800 bis 1000 Seelen, und Bruder Ladislaus schien sehr ungehalten
über Herrn S a v a r y (I. p. 91.), der fälschlich behaupte, daß man
hier die eingeborenen Kopten nöthige, ihren Gottesdienst jenseits des Nil
zu halten, da sie ja täglich der katholischen Messe in der Klosterkirche beiwohnen
könnten.
Girgeh hat viele steinerne Häuser, in deren Construction ich in Aegypten
die Eigenthümlichkeit bemerkte, dafs man beim Aufführen der Mauern
mit Lagen von Stein und von Holzkloben abwechselt, wahrscheinlich weil
letztere dauerhafter sind. Eine solche Mauer findet man Tafel XXIX. Fig. 10.
dargestellt.
Von hieraus besuchte ich die, etwa zwei Meilen südwestlich, bei dem
Dorfe Araba-Madfoun belegenen Trümmer von Abydus. Die Gegend war
unvergleichlich angebaut, und wimmelte von Leben, indem alle Fellahs mit
Vieh- und Hausstand, wegen des Barzims, in Verschlägen aus Maisstengeln
in freiem Felde wohnten, Schachbrettartig wechselten Palmenpflanzungen
mit Aeckern und Kleefeldern ab, und die libyschen Berge erhoben ernst
und wüst sich im Hintergründe der reizenden Landschaft. Auch viel Bienenzucht
wird hier getrieben, und, der besseren Nahrung wegen, versetzt
fflan während der Nacht auf Kameelen und Barken die Stöcke von einem
Ort zum anderen.
Der Palast des Memnon zu Abydus ist bis. an die Decke in Sand und
Schutt begraben, und ich mulste, auf dem Rücken liegend, mit grofser Anstrengung
mich in das Innere hinein arbeiten, und selbst dies wurde oft
unmöglich. Die Decke der Säulenhallen bildet zum Theil scheinbare Gewölbe,
indem drei horizontal liegende Steine, deren mittelster der breiteste ist; nach
einem Halbkreis ausgeschnitten sind; man sehe Tafel XXIX. Fig 11. *). Die
Wände, so wie die breiten Schlußsteine der Wölbung, sind mit herrlichen
Hieroglyphen bedeckt, und alle Zwischenräume mit Sternen überstreut; wodurch
die Gelehrten der französischen Expedition auf die Meinung gebracht
sind, es seyen hier Constellationen dargestellt, die ich indeß bei dem mühsamsten
Suchen nirgends bemerken konnte; es sey denn, dafs sie sich in
einer jetzt ganz unzugänglichen Kammer befanden **).'
Abydus galt für eine der vierzehn angeblichen Grabstätten des Osiris,
dem auch in dieser Stadt ein Tempel geweiht war; angesehene Aegypter
liefsen sich deshalb gern hier beerdigen, und man findet in der Umgegend
sehr viele Grabmäler und Denksteine, mit Bildwerken von der vortrefflichsten
*) Sehr deutlich beschreibt Slrabo diese ausgeschnittenen Wölbungen zuAbydus:
C, ^ fufoxlS-u,. Eben diese Construction war, nach seiner Bemerkung, im Labyrinth angewandt,
wodurch die Nachricht des Pliniiis: Circummon, der Eunuch des Königs Nectabes, habe
bei Wiederherstellung des Labyrinths die Wölbungen durch sehr künstliche Gerüste unterstützt, ihre
Aufklärung erhält. H. N . X X X V I , 19. 2- Tradicur, fidsisse trabibus spinae oleo incoctae, dum
fo rn ic e s q u a d r a t i l a p i d i s assurgerent.i.
*) Da ein Einzelner für sich allein nicht alles ausführen kann, so bin ich, falls sich Mitinteressenten
finden sollten, nicht abgeneigt, das Memnonium von Abydus aus seinem Schutt hervorgraben
und mit allen Bildwerken und Hieroglyphen vollständig darstellen zu lassen. Es dürfte wenig
oder gar- kein Verlust bei dieser Unternehmung zu fürchten seyn, da die Producte der Excavation,
ich meine die zu findenden mannigfaltigen Alterthümer, die Unternehmer für gehabte Kosten hinreichend
schadlos halten würden. Auf diese Weise erhielte man endlich die vollständige Darstellung
eines merkwürdigen Gebäudes, und die aus fragmentarischen Abbildungen nur unvollkommen zu schöpfende
Belehrung über den wahren Geist und Zusammenhang der ägyptischen Kunst und Bildnerei.
A. d. V.