bei den Zauberformeln, das Gezisch der Schlangen so natürlich nachzuahmen,
dafs diese davon getäuscht werden, und ihr Speichel soll durch das Kauen
eines narkotischen Krautes, wodurch sie denselben auf eine gräfsliche Weise
vermehren, eine solche betäubende Kraft besitzen, dafs die damit benetzte
Schlange sofort einschläft. Anderer Meinung war der Kiaschef von Ghizeh,
der sich rühmte, er habe noch jeden dieser Wunderthäter durch Androhung
der Bastonade zum Geständnifs gebracht, dafs er ein Betrüger sey und die
Schlangen bei sich führe. Ein so heroisches Mittel, die Wahrheit zu erforschen,
dürfte jedoch nicht die zuverläfsigsteii Resultate geben.
In Boulak, einer am Nil belegenen Vorstadt, voll arbeitsamer Einwohner,
die nur eine gute Viertelstunde von Cairo entfernt und wegen der Reinheit
der Luft der Sommeraufenthalt vieler Vornehmen ist, läßt der Pascha für
seinen Enkel einen Palast erbauen, der während meiner Anwesenheit nur
noch in einzelnen seiner Theile decorirt wurde. Er ist grofs und zierlich;
aber nach constantinopolitanischer Art leicht gebaut In diesem Palast hat
der Pascha eine bedeutende Sammlung von Büchern aus allen Fächern, .Vof
mathematischen und physikalischen Instrumenten, die in Paris gearbeitet
sind, von Kupferstichen, Modellen und nützlichen Geräthen aufstellen lassen,
die durch neue Ankäufe noch immer vermehrt wird. Werke, deren Uel)Ersetzung
ihm zweckmäßig dünkt, lälst er ins Arabische übertragen, und zur
Anlage einer Buchdruckerei werden Vorbereitungen gemacht. Am verspre:
chendsten für die Zukunft ist aber die Veranstaltung, hoffnungsvolle Jünglinge
auf Kosten der Regierung im Auslande reisen zu lassen, weil dadurch
am sichersten der übermüthigen Intoleranz, die bisher im Orient allen Verbesserungen
unübersteigliche Hindernisse in den Weg setzte, gesteuert werden
kann. Boulak wird mit Cairo durch einen Damm verbunden, der sich
aber leicht viel zweckmäfsiger hätte anlegen lassen.
Das Lustschlofs Schoubra liegt ebenfalls am Nil, ist nebst den Garten
vom Pascha angelegt und wird noch täglich verschönert. Die von Cinro dorthin
führende Strafte, eine halbe Meile lang, gleicht einer europäischen und
ist mit Maulbeerbäumen bepflanzt, wodurch die ganze Gegend ein freundliches
Ansehen gewinnt. Das Schlofs ist sehr artig in dem zu Constantinopel herr-
chenden Geschmack erbaüt und eingerichtet, und der Garten sieht einem
^französischen nicht ungleich. Besonders gefielen mir einige Pavillons, die
mit Marmor ausgelegten Bewässerungsrinnen, vorzüglich aber die mit kleinen
chwarzen und weiften Kieseln in musivischen Arabesken sehr mannigfaltig
gepflasterten Gänge. Die Steinchen sind in eine Art Puzzolana gesetzt, und
[die ganze Anlage von Griechen ausgeführt. Würde das Beispiel des Pascha
durch ähnliche Verschönerungen, wie er es wünscht, fleifsig nachgeahmt,
s o müfste Aegypten bald eine andere Gestalt gewinnen.
D i e Ruinen ,von lldiopolis liegen bei dem Orte Matarieh, anderthalb
Meilen von Cairo entfernt, der Obelisk stand aber bei meiner Anwesenheit
n o c h unter Wasser. Eine nahe gelegene gute Quelle wirdAin-Scherns, der
Sonnencpiell, genannt.. In einem Orangengarten findet man einen dicken
uralten Baum, unter welchem die Jungfrau Maria mit dem Christüskmde
auf ihrer Flucht geruht haben soll; der Stamm ist aber durch die reliqüien-
s ü c h t i g e Andacht frommer Seelen sehr mißhandelt worden, indem unzählige
Splitter und große Stücke herausgeschnitten sind.
Die Pyramiden besuchte ich mit einer großen Gesellschaft von Herren
und Damen; ein Lager von mehreren Zelten wurde bei einer Katakombe
in der Nähe der zweiten Pyramide aufgestellt, der Kiaschef von Ghizeh, der
Scheik der Pyramiden, viele Araber und eine bedeutende Dienerschaft mit
Pferden, Kameelen und Eseln waren in Abständen umher, gelagert, und ihre
malerischen Gruppen um die Bivouakfeuer, bei hellem Mondschein, erhöhten
den Zauber und die Majestät der uralten Denkmäler, deren Riesengroße
flos in der Nähe imponirend ist. Ich drang nur in die des Cheops ein,
weil die des Chephren, welche von Herrn B e l z o n i wieder eröffnet worden,
sehr mühsam zu besehen' ist. Die großen Steine, woraus sie stufenweise
erbaut sind, liegen horizontal über einander, und haben keine Senkung
nach innen. In den Gängen und Kammern fand ich die Steine mit Gyps
verbunden, von welchem ich zu näherer Untersuchung, so wie von den
Steinen, einiges mitnahm.