höchsten Ordnung durch den Falken bezeichnet wurden. Nach Philo von
Byblos offenbarte sich das erste göttliche Wesen als Schlange mit Falkenhaupt
(o<p*s U^cLx,6fjLo^oq)\ TWenn sie die Augen sch lo js, war in Aegyp.
ten F in ste rn ifs, blickte sie a u f, so durchfuhr Licht die Welt 5).
Wahrscheinlich wurde sonach auch P h t h a , der Sohn jenes Urwesens und
Vater der Sonne, durch den Falken, der auch Licht und Feuer bezeichnete
symbolisirt; denn in der Pygmäengestalt, die Herodot ihm beilegt2), kommt
er zwar für sich allein, aber in den Reihen anderer Götter niemals vor.
Eine Bestätigung dieser Annahme giebt sich in der Verwechselung desselben
mit Osiris, welchem nach Suidas der Name Phtha oder Aphtha ebenfalls
zukommt 3) In einer mir mitgetheilten Zeichnung eines Reliefs zu Ten?
tyris, die wegen scheinbarer Unziemlichkeit diesem Werke nicht beigefügt
wurde, findet dem gemäfs Phtha sich ganz wie Osiris dargestellt. Es ist die
bekannte bärtige Pygmäengestalt, aber von mächtig priapischer Bildung, und
über der einen rückwärts hocherhobenen Hand schwebt die mystische Geifsel;
wobei ich auf das von mir oben über die Bildung des Osiris und Mendes
Gesagte zurückweise 4).
Ich glaube daher, dafs auch in dem ersten falkenköpfigen Herrscher
neben Ammon nicht Ilorus, sondern Phtha selber dargestellt sey, der Gott
des Urfeuers und höchster Schutzherr Aegyptens, welchem er hier zur Seite
steht. Der häufig vorkommende Schmuck, den er auf dem Haupte trägt,
scheint allenthalben eine Beziehung auf ihn anzudeuten; bei Priestern, Kriegern
und Königen bezeichnet er einen Grad der Weihe, bei Göttern und
Göttinnen ihre Verwandtschaft mit Phtha; weshalb auch der heilige Falk
ihn nicht selten fuhrt, und bisweilen der Agathodämon selbst. Der vorn
eingefugte Krummstab hat wahrscheinlich astrologische Beziehung, als Symbol
1 ) P h i lo v o n B y b lo s bei E n s e b . Praep. evang. 1 , 10.; man vergl. die Stellen bei
S q u ir e ztt P l u ta r c h , de Is. et Osir. p . 55.
2) H e r o d o t. I I , 37.
3) S u id a s s. v. ’a 03-«« und cf. J a b lo n s k y voces Aeg. p. 381. 4) Oben p. 130.
der Herrschaft über das siderische Schicksal; denn Phtha, das Urfeuer, ist
aller Gestirne Vater, und die Planeten, seine Söhne, von denen insbesondere
der Wechsel alles Irdischen abhängt, wurden von ihm den Gottheiten, welchen
sie geweiht sind, als mächtige Diener (ga/3<h><p</go/) r) beigesellt. Deshalb
hat a u c h Venus Urania den siderischen Stab, als älteste der Parzen 2), nicht
blos in unsern Bildwerken, sondern auch in ihrem Tempel zu Tentyris und
in dem des Jupiter zur Karnak 3). Horus, den wir anfangs schon hier zu
erblicken glaubten, findet sich weiter unten in der mittleren Reihe, zwischen
Typhon und dem ibisköpfigen Theuth.
Neben Phtha steht die Göttin des Aethers M i n e r v a , seine Schwester
und von ihm die Mutter des Helios, mit einem Widderkopf ausgestattet,
wegen des ihr geweihten Zodiakalwidders der Frühlingsnachtgleiche 4). Der
Lotusstab in ihrer Hand und der mystische Schlüssel sind gewöhnliche
Zeichen; eigenthümlich aber ist die Schlange, welche sich auf ihrer Scheitel
erhebt, ohne Zweifel in Beziehung auf jene dem Ammon geweihte giftlose
Schlangenart, die man in seinem Tempel zu Theben begrub, und als ein Symbol
des guten Genius ansah, aus dem Minerva hervorging s). Nach Plutarch soll
ihr ägyptischer Name: Neith, die Selbstgeborene bedeuten («A3-oi/ d,7r IpLctvTÜq,
ich kam aus mir selbst) 6), sonst aber heifst sie eine Tochter des Agathodämon,
wie Phtha dessen Sohn. Beide werden auch Kinder des Nil genannt 7),
welches nur ein sinnlicherer Ausdruck derselben Ansicht zu seyn scheint.
Der Nil nämlich ist der Agathodämon selbst8), einer von jenen urersten
1) Schol. A p o l lo n . R h od. I V , 261. S e x t u s E m p ir , adv. Astrologos, 31. p. 343. Fabric.
2) P a u sa n , I , 19. 3) Descript, de I Eg. Thebes p i. 41. und 51.
4) M in e r v a e s id u s , Virg . Aen. X I , 259., und daselbst S e r v iu s . P r o c l u s in Timaeum,
/• L P- 30. Oben p. m .
5) H e ro d o t. I I , 74. Oben pag. 109. 6) P l u ta r c h , de Is. et Osir. c. 62.
7) Cic e ro de Nat. Deor. I l l , 22. 23. D io g . L a e r t . Prooem. cf. J a b l o n s k y Pantheon,
*• » c. 2. und 3.
8) P to lem. Geogr. IV , 5. p. 105. ed. Pe tri Montani 1605.