und ich verliefe das zum Ersticken schwüle Zelt, um Herrn Gbiioc aufzusuchen,
den ich unter freiem Himmel auf einer Decke liegend antraf Man
hatte ihn indefe durch rings umher aufgestelltes Gepäck gegen den Einfluß
des Windes zu schützen gesucht. Da keiner unserer Araber sich sehen ließ
und die Nacht sehr dunkel war, fand ich es unmöglich, mein Zelt aufzuschlagen,
und die Höflichkeit des Scheik, 'mich bei seinen Verwandten
bewirthen zu wollen, kam meinem armen Gefährten sehr theuer zu stehen,
denn seine Krankheit wurde gefährlich verschlimmert.
Bald darauf wurde mir von Seiten des Scheik eine gebratene Hammelkeule,
Eier, Butter und Brodt überbracht, und da ich auch das Wasser sein-
gut fand, so glaubte ich eine der besten Mahlzeiten zu machen, die ich
jemals genossen.- Das Wasser besonders schien mir ein wahrer Nektar, und,
obgleich etwas trübe, dem Nilwasser wenig nachzugeben. Ich erwartete hier
um so weniger eine solche Erquickung zu finden, da der sandige Boden
dieser Gegend durch und durch mit Natron geschwängert zu seyn pflegt
Die Natronseen liegen in einer Ausdehnung von etwa drei Meilen in
der Länge, und von 1200 bis 1500 Schritt in der Breite, das heifet von einem
Thalrand zum ändern, während die Breite des ganzen Vadi etwa anderthalb
Meilen beträgt. Der eigentlichen Seen giebt es sechs, von welchen die beiden
beträchtlichsten Sirhet-el-Douarah genannt werden, die anderen aber
keine mir besonders bekannt gewordene Benennung haben. Das Wasser in
denselben fällt und steigt nach Maafsgabe der Hitze oder des fallenden Regens,
und in den heifeesten Monaten sollen einige ganz austrocknen; so daß
ihre angenommene Verbindung mit dem sieben deutsche Meilen entfernten
Nil *) wenig Wahrscheinlichkeit hat. Ihr Gehalt ist verschieden und liefert
bald mehr, bald weniger muriatisches Karbonat oder Sulfat-Soda, die man
im Wasser krystallisirt vorfindet.
Das hier gewonnene Natron wird theils in Aegypten selbst zum Bleichen
des Flachses und zur Bereitung des Glases benutzt, theils geht der Ueberschuß
*) R i t t e r , Erdkunde I. p . 861* und 1024. nach A n d r e o s s y .
nach Europa; leider wird es aber nicht gehörig gereinigt, durch welche an
Ort und Stelle leicht vorzunehmende Operation man dessen Werth unendlich
erhöhen würde.
Der Beduinenstamm der Jovaisi, dessen Gast ich so unerwartet geworden
war, ist besonders mit dem Transport des Natrons beschäftigt. Es
wohnen aber aufeerdem noch viele Araber in diesem Vadi, theils an festen
Punkten, theils umherziehend, weil es ihnen, nächst gutem Wasser, an vielen
Stellen reichliche Futterkräuter für ihre Heerden und Lastthiere darbietet.
Den 25sten Morgens um 6 Uhr verliefsen wir das Lager der Jovaisi,
zogen zuerst durch Sand und Kies längs einem der Natronseen hin; dann
bogen wir etwas rechts»,ab und machten unweit eines Brunnens, an einem
reich mit Pflanzen bewachsenen Platze Halt, um die Kameele zu tränken
und zu füttern. Schräg gegenüber befand sich eins der vier im Natronthale
belegenen koptischen Klöster, welches bei den Arabern den Namen Saiil-
El-Magarin führt *), und wie die übrigen im vierten Jahrhundert nach
Christi Geburt gestiftet seyn soll. Um halb vier Uhr zogen wir weiter, und
nahmen Abends um sieben Uhr unsere Lagerstelle an einem mit Raute
sparsam bewachsenen Ort.
Den 26sten November Morgens um drei Uhr machten wir uns wieder
auf den Weg; einzelne Rautenbüsche gaben der öden Gegend voll Sand
und Kies hin und wieder einiges Leben. Der Terrainabschnitt, welchen wir
*} Die ändern-drei Klöster heilsen nach derselben Mundart: Labiat, Ou Serianund Aboutnö-
kar. Ich hatte früher die Absicht, einige dieser Klöster zu besuchen, da ich aber erfuhr, dais ihre
Bewohner sehr roh und ohne alle Geistescultur wären, und sie auiser ascetiscben Manuscripten nichts
Merkwürdiges aufzuweisen diätten, ich sie auch nicht ihrer schlechten Kost von Hülsenfrüchten berauben
wollte und des süisen Wassers nicht bedurfte, so gab ich meinen Vorsatz auf. Diese im
wahren Sinne des Worts an geist- und zeitlichen Gütern artnen Anachoreten, müssen gezwungener
Weise, wie die Bewohner des Klosters auf dem Sinai, die Gastfreiheit gegen die Araber ausüben;,
hei welcher Gelegenheit sie ihnen aber die Lebensmittel bei verschlossenen Thüren über die Mauer
tukommen lassen, aus Furcht, dafs sie bei Oeffnung derselben in das Kloster eindringen möchten.
A. d. V.