konnte, bis Isis die zusammen gewachsenen Beine des Gottes ¿von einander
theilte T). Die Bedeutung liegt nahe.
Ueber dem Haupte der Isis fehlt hier der Geier, das Zeichen der Mütterlichkeit
a), und dies ist allenthalben der Fall, wo sie neben ihrem Gemahl
Osiris, nicht als einem lebenden, sondern als gestorbenem und Todes-Gott
erscheint. So in mehreren Reliefs zu Philä und andrer Orten, und auch
auf der bembinischen Isistafel im obersten Figurenstreifen, wo die dritte
Gruppe den mystischen Vorgang darstellt, wie Isis den verlorenen Osiijs
neben der Nymphe der Erikastaude, welche durch dieses Gewächs in ihren
Händen kenntlich ist, wieder findet Auch hier erscheint sie in der.den
Aegyptern heiligsten Beziehung, als trauernde Göttin, von deren Thräncn
alljährlich der Nil schwillt Sie hebt die eine Hand, wie gewöhnlich, segnend
empor. In Argolis wurde, nach Festus, eine libysche Ceres (.Libyssa■) als
Stifterin des Ackerbaues verehrt; wahrscheinlich diese ammonische Isis.
O s i r i s , der nie genug beweinte, wie man ihn genannt findet 3), und
dessen Leidensgeschichte den Hauptinhalt der ägyptischen Religion ausmachte,
steht vor ihr als Herr der Unterwelt und König der Tödten, in
Mumiengestalt, mit dem Hauptschmuck, den er als solcher zu fuhren pflegt
In seinen Händen ruhen Krummstab und Geilsel; jener das Symbol des,
nach dem astrologischen Glauben der Aegypter, an die Sterne geknüpften
Schicksals; die Geifsel aber ein Werkzeug der Entsündigung und Bufse, von
dem an den ägyptischen Klagefesten ein sehr ernstlicher Gebrauch gemacht
wurde. Männer und Weiber, zu vielen Tausenden versammelt, geifselten
sich öffentlich 4). Auch in den griechischen Weihen kamen nicht blos Enthaltung
und Fasten, sondern auch Geifselungen vor s), besonders in denen
der Cybele 6). Dieselben Attribute führt Osiris in allen Darstellungen des
1 ) P lu ta r c h . de Is. e t Osir. c. 62. 2 ) Oben pag. 116.
8) Nurujuamcjue satis ploratus Osiris.
4) H e r o d o t. I I , 40. 61. und an mehreren Stellen. /; 5 ) Z. B. P a u s an. V I I I , 15.
6) Man sehe die furchtbare Geilsel des Archigallus in M i H in 's mychol. Galerie Tafel 82-
Fig. 15*. Es ist das flagrum tessellatum von drei Lederstreifen, die mit zehn, neun und «eben
Todtengerichts auf zahlreichen Papyrusrollen und in dem sogenannten Isistempel
z) beim Osymandeum, der eben deswegen kein Tempel, sondern ein
Grab ist. Die Geifsel wird gewöhnlich als Dreschflegel erklärt, wobei man
I nicht bedenkt, dafs dieses Geräth den Aegyptern unbekannt war, indem sie
[ das Getreide von Ochsen austreten liefsen, welcher Gebrauch auf Darstellungen
in Gräbern oft vorkommt 2).
Zur Seite des Osiris ist der Eingang einer Katakombe angedeutet, und
[vor derselben ein Lotusstengel und ein Wasser gefäfs. Symbole des Trostes.
[Jener bezieht sich auf Isis, dieses auf Osiris, die beiden freundlichen Gott-
Iheiten des Grabes 3). Im heifsen, von endlosen, wasserleeren Wüsten umgeb
e n en Aegypten, war das Wasser so sehr das Zeichen alles Erfreulichen und
Heilbringenden, dafs man selbst für den Zustand nach diesem Leben kein
[lieblicheres Bild des Trostes kannte, als dies. Daher auf Mumien die
Inschrift: „Osiris gebe dir das kühle Wasser!“ Die Griechen ,übertrugen
diese Vorstellung sogar auf ihren freudelosen, schauerlichen Hades, wie
[folgender, in die Anthologie aufgenommene Vers beweist 4):
■fu^ov v}a(> toin aoi ava.% inqcov ’A'iämevf.
Gebe dir kühlendes Wasser der Herrscher der Todten Aidoneus!
Aber kein Volk hatte Tod und Grab mit beruhigenderen Bildern
umgeben, als die Aegypter. Gleich neben der Todeswohnung erscheint
noch einmal Osiris, nicht mehr todt, sondern deutlich bezeichnet als Gott
p s Lebens und der Zeugung, seiner Bildung nach nicht wesentlich unter-
Schaafknocheln besetzt sind. Bei den Bnßexecutionen mufste die Erde naß werden vom Blut,
p p n ejus Metam. I. V U I . p. 214, Elmenh. In anderen Weihen nahm man Rehbockknöchel, und
riester der Bellona zerfleischten sich bei ihren Bußübungen mit kleinen Beilen; in der erwähn-
j Myihol. Galerie ßt. Tafel 89. Eig. 157*. ein solcher Beiionenpriester dargestellt.
Tibull. I , g . 4 7 . Ipsa bipenne suos caedit violenta lacertos,
Sanguineque ejfuso spargit inulla Dearn.
\ 4> Vesoripl. de l'Eg. Hiebes p . 161,
I 2) CP. 5. B. Mos. 25, 4. 3) H e r o d o t. I I , 123.
4) A n th o l. la c o b s , Adesp. Nr. 731. Tom. IV . p. 278.