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180 B u c h IL Kap. 2. §. 21.
Seiten einander gegenüber. Auch die Knospen stehen bei einigen
in gleicher Entfernung und Zahl von einander ab^ wie bei den dreiknospigen.
Aus diesen Dingen, aus denen sich zugleich einer jeden
Pflanze ganze Gestalt ergiebt, sind die Unterschiede zu entnehmen.
Indem wir nunmehr die Theile selbst aufzählen, wollen wir
von jedem besonders zu handeln versuchen. Die ersten, vornehmsten
und den meisten Pflanzen gemeinsamen sind folgende: die
Wurzel, der Stengel, der Zweig, das Reis. In sie könnte man
die Pflanzen, gleich wie die Thiere in Glieder zerlegen. Denn
jeder derselben ist verschieden, und aus ihnen zusammen besteht
die Pflanze.
Die Wurzel ist es, durch welche die Nahrung herbeigeführt,
der Stengel, in welchen sie gebracht wird. Stengel aber nenne
ich, was einfach über die Erde emporwächst; denn das kommt am
häufigsten vor sowohl bei den jährigen wie bei den ausdaurenden
Pflanzen. Bei den Bäumen wird er Stamm genannt. Zweige
nenne ich seine Spaltungen, welche Einige auch Aeste {oKoi)
nennen; ßeis aber, was einfach daraus aufsprosst und meist jährig
ist. Das sind die gewöhnlicheren Theile der Pflanze, der gewöhnlichste
ist aber, wie gesagt, der Stengel. Doch haben auch ihn
nicht einmal alle, z. B. einige Kräuter; andere haben ihn zwar,
doch nicht ausdaurend, sondern jährig, nämlich die in den Wurzeln
länger ausdaurenden.
Ueberhaupt ist die Pflanze mannigfach und unbeständig und
schwer vollständig zu beschreiben. Beweis dafür ist, dass sich nichts
findet, was allen zukommt, wie den Thieren Mund und Magen,
sondern einige Theile sind nur der Analogie nach, andere auf andre
Weise dieselben. Denn weder die Wurzel haben alle, noch den Stengel,
noch den Zweig, noch das ßeis, noch das Blatt, noch dieBlüthe,
noch die Frucht, noch auch Rinde, oder Mark, oder Fasern, oder
Adern, z. B. der Pilz und die Trüfl'eL Gleichwohl beruht auf diesen
oder dergleichen das Wesen der Pflanze. Doch kommen sie vornehmlich,
wie gesagt, bei den Bäumen vor, und bei ihnen ist die Gliederung
in Theile gewöhnlicher. Nach ihnen sind daher auch die
andern Pflanzen mit Recht zu beurtheilen. Sie belehren uns auch
Buch IL Kap. 2. §. 21. 181
fast über alle anderen Formen der übrigen, denn diese unterscheiden
sich durch Reichthum und Armuth an Theilen, durch
Dichtigkeit und Lockerheit, Einfachheit und mehrfache Theilung
derselben, und mehr dergleichen.
Aber jeder der genannten Theile ist nicht gleichartig. Ich
nenne sie nicht gleichartig, weil zwar jeder Theil der Wurzel
oder des Stammes aus denselben Bestandtheilen zusammengesetzt
ist, doch das, was man davon nimmt, nicht wieder ein Stamm,
sondern Bestandtheil genannt wird, wie bei den Gliedern der
Thiere. Denn auch bei ihnen ist jeder Theil des Schienbeins
oder Ellenbogens nicht gleichnamig, wie Fleisch oder Knochen,
sondern namenlos; nicht minder bei allen übrigen organischen
Theilen von einfacher Gestalt, denn auch deren Theilchen sind
namenlos. Die der vielgestaltigen aber werden benannt, z. B.
die des Fusses, der Hand, des Kopfes, als Finger, Nase, Auge.
Das also sind etwa die vornehmsten Theile der Pflanzen.
B u c h VIIL Kap. 2, erst e Hälft e Einige keimen, indem
sie die Wurzel und das Blatt an derselben Stelle, andere,
indem sie je eins von beiden an je einem Ende hervortreiben.
Der Weizen die Gerste das Einkorn und überhaupt die. Getreidearten
treiben sämmtlich'an beiden Enden, so wie sie in der Aehre
o^ewachsen sind, und zwar aus dem untern d o ^ icken Ende die Wur -
zel, aus dem obern den Keim; aus beiden aber, aus der Wurzel
und dem Stengel entsteht ein zusammenhängendes Ganzes.
Nicht so die Bohne und die andern Hülsenfrüchte, sondern
diese treiben beides, die Wurzel und den Stengel, an derselben Stelle,
an der sie auch mit der Hülse zusammenhängen, und wo sie sichtbar
ihre Grundlage {aQyjjv') haben. Bei einigen gleicht diese Stelle
der Scham, wie bei den Bohnen, der Kicher und vornehmlich der
Lupine. Von hieraus geht also die Wurzel abwärts, und das
Blatt und der Stengel aufwärts.
Hierin etwa unterscheiden sie sich (die Getreidearten und die
Hülsenfrüchte), darin aber kommen sie überein, dass sie alle die
Wurzel von da aus treiben, wo sie mit der Hülse oder der Aehre
verwachsen waren, und nicht, wie bei einigen Bäumen, am ent-
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