374 Buch IV. Kap. 1. §. 53.
Beschrieben fanden wir bei Cato einige Abarten des Kohls,
bei Varrò nicht eine einzige Pflanze; Virgilius beschrieb Avenigstens
Eine so, dass sich unser Aster A m e l i u s darin erkennen
lässt. Ich gebe die Stelle nach Voss:
,5Ferner blüht auf Wiesen ein Kraut, dess Namen Amellus
Nannte der Ackermann, dem suchenden leicht zu erspähen.
Denn ein mächtiger Wald entsteigt der zasrigen Wurzel,
Gold ist die Scheibe der Blum', allein auf den häufigen Blättern
Ringsum glänzt der dunklen VioF anmuthiger Purpur.
Oftmals schmückt sie zu Ketten gereiht die Altäre der Götter.
Scharf ist im Mund' ihr Geschmack. Es pflückt in geschoreren Thälern
Solche der Hirt, und längs dem gewundenen Strome des Mella.''
Indess fehlt es auch bei andern Pflanzen nicht an einzelnen
malerisch treffenden Bezeichnungen, wie z. B. bei der Beschreibung
eines ergiebigen Gemüsegartens in den Worten :
— ,, Tortusque per herbam
Cresceret in ventrem cucumis" —
welche Retzius , Sprengel und Fée noch auf die Gurke bezogen,
worin aber Voss, ungeblendet durch den Namen, mit vollem Eecht
die M e l o n e erkannte. Auch schweift der freie Blick des Dichters
wohl einmal über Italiens Grenzen hinaus und singt, was er über
wunderbare Pflanzen von des Alexandros Begleitern auf dem
indischen Feldzuge vernommen hatte
,;Schaue den Kreis auch der Erde, gezähmt von den äussersten Pflanzern,
Oestliche Hütten der Araber dort, hier bunte Geloner.
Abgetheilt ist den Bäumen ihr Land: nur in India dunkelt
Ebenholz, nur Saba gebiert den Sprössling des Weihrauchs.
Was verkünd' ich annoch wohlriechendes Holzes entquollen
Balsame? was dir die Beeren des immergrünen Akanthus?
Aethiopia's Haine, mit weicher Wolle beschimmert?"
Und wie das zarte Gespinnst von dem Laub abkämme der Serer?
Oder was India sonst, dem Oceanus nahe, für Waldung
Trägt, die äusserste Bucht? wo über die luftigen Wipfel
Nimmer ein Pfeil von der Sonne hinaufzustreben vermochte;
1) Virgil, georgic. 7F, vers. 271 sqq,
2) Ibidem vers. 121.
3) Ibidem ZZ, vers. 114 sqq.
B u c h IV. Kap. 1. §, 54. 375
Und nicht kraftlos spielt doch jenes Geschlecht mit dem Köcher!
Media zeugt den mürrischen Saft und verweilenden Nachschmack
Ihrem gesegneten Apfel: vor dem kein schnelleres Labsal,
Wann stiefmütterlich einst Unholdinnen Beclier des Todes
Würzten, xind Kraut vermischten und nicht unschädliche Worte,
Rettend kommt, aus den Gliedern die dunkelen Gifte zu scheuchen.
Hoch erhebt sich der Baum, und gleich an Wüchse dem Lorbeer;
Und wenn nicht ein anderer Duft weither ihn umströmte,
Selbst Lorbeer; die Blätter von keinem Wind ihm entsinkend;
Lang andauernd die Blume, womit den Athem der Meder
Heilt und des Mundes Geruch und der Greis' engbrüstiges Keuchen."
Ueberhaupt ist der zweite Gesang der Geórgica, woraus ich
diese Stelle entlehnte, botanisch der gehaltreichste. Er handelt
von der Baumzucht, während sich der erste mit dem Ackerbau,
der dritte mit der Viehzucht, der vierte und letzte mit der Bienenpflege
beschäftigt, welche auch des pflanzenreichen Gartens in
Bezug auf die Bienen zu gedenken Veranlassung giebt.
Das Erfreulichste ist, wenn sie ihn auch nicht zum Forscher
machte, des Dichters Hochachtung vor der Naturerk
e n n t n i s s. Andere ältere Römer, mit Ausnahme des leider
ganz unbotanischen Lucretius, wiesen sie entweder schnöde von
sich ab, oder würdigten sie keines Worts; Virgilius ruft aus, —
und dass es ihm Ernst sei, bezeugt die Haltung des ganzen Gedichts,
—
„Selig, wem es gelang, der Ding' Ursprung zu ergründen!'")
Doch schon zu lange weilten wir bei dem anmuthigen Dichter.
§. 54.
C a j u s Julius Hyginus.
Der Grammatiker Charisius^) citirt sein Werk de Agricult
u r a , und öfter und mit Auszeichnung citirt ihn auch Columella
ohne ein bestimmtes Werk von ihm zu nennen; nur einmaP) bei
der Bienenzucht, bei der er ihn am häufigsten benutzte, bezieht er
1) Virgil, georgic. vers. 490,
2) Charisius, in Grammat Latin, veteres auctores^ studio Putsch pag. 115,
3) Columella IX, cap. 13 sect, 8,
4
_
' -