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366 B u c h IV. Kap. 1. §. 52.
Varietäten des Kohls, des Birnbaums, der Myrte und des Lorbeers.
Varrò nennt selbst die des Weinstocks, des Apfel- und
Oelbaums meist nur im Vorheio;ehen und m O it Be z u gO; auf Cato ^:
man sieht, er giebt nicht viel darauf. Ziehen wir die ökonomische
Bedeutsamkeit der Pflanzen in Betracht, so kehrt sich das Verhältniss
um. Das meist wenig nahrhafte Laub der einheimischen Bäume
ersetzen zwei neu eingeführte Futterpflanzen, die M e d ica, unsere
Luzerne oder Medicago sativa, und das C y t i s u m (bei Plinius und
Andern Cytisus genannt), unsere Medicago arborea. Jene Staude
war, vermuthlich über Pontos und Griechenland, aus dem fernen
Medien dieser Strauch gleichfalls über Griechenland aus Kythnos,
einer der kykladischen Inseln, in Italien eingeführt, und
beide Pflanzen, vornehmlich letztere, fanden unter Griechen und
Römern die eifrigsten Lobredner, ja an Amp h i l o cho s 2) sogar
einen Monographen. Uns mag es befremden einen fast baumartigen
Strauch unter den Futterkräutern zu treffen 3); liest man aber bei
Varrò, Columella oder Plinius, wie ihn die Alten behandelten, so
löst sich das Räthsel: sie zogen ihn ganz niedrig, so dass sich
das Laub bequem von dem Stockausschlag abstreifen Hess; und
an Laubfütterung waren sie überhaupt gewöhnt. Zu Thauwerken
und dergleichen behalf sich Cato noch mit Weidenruthen, Binsen
und ähnlichen gröberen Stoff'en; sie fehlen auch bei Varrò
nicht, dazu kommen nun aber L e i n Hanf Spart um (das ist
die ursprünglich spanische Stipa tenacissima^), die in Spanien
1) Mit Unrecht giebt folglich De Candolle Spanien als ihr Vaterland an.
Vergl. Straho XI, cap. 13 §. 7 pag. 525 ^ und Basiner in den Beiträgen zur
Kenntniss des russischen Reichs von Baer u. Hehnersen XV^ S, 222.
2) Ueber ihn sehe man Seite ^91 und 295.
3) Viele wollten daher unter demselben Namen Cytisus zwei verschiedene
Pflanzen bei den Alten unterscheiden. Ausführlich widerlegt hat sie S p r e n -
g e l in seinem Antiquitatum hoianicarum speciinen I , (u7iicu7n), Lipsiae 1194:. 4.
cap. 3. De Cytisis veterum; und was ihm noch zweifelhaft blieb, klärte Voss
vollends auf in den Anmerkungen zu seiner Uebersetzung von Virgil, georgic.
11^ vers. 431.
4) Vergl. Straho 177, cap. 4 §. 8 pag. 160^ und dazu meine botanischen
Erläuterungen Seite 7 f.
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noch jetzt das trefflichste Thauwerk liefert) und die P a lme (sollte
man wirklich die Dattelpalme der Blattfasern wegen in Italien angepflanzt
haben?). Völhg neue Culturzweige eröffnen der Saf ran,
der Sesam, der freilich ein noch wärmeres Klima liebt, und so
weit der Oelbaum gedeihet, die Concurrenz mit diesem auf die
Dauer nie ertragen wird; und als die Krone von allen die edle
K i r s c h e , Cerasus. Ich sage die edle, die, w^elche Lucullus
nach seinem Siege über Mithridates, also im Jahr 73 v. Chr,, als
Varrò einige 40 Jahr zählte, aus dem Pontos nach Italien verpflanzte
und, wie die Römer meinten, nach dem Namen der Stadt
Kerasus , vielleicht unserm Cerasunt, benannt hatte denn die
gemeine Vogelkirsche war ohne Zweifel einheimisch und den Römern
längst bekannt 2).
1) So nach Plinius XV^ cap. 25 sect. 30, Servius ad Vv^giL georg.
vers. 18^ T er tullianu s apologetic. cap, 11, Hieronymus in episioL 19 ad
Eusiachium, Ammianus Marcellinus XXII, cap. 8 sect. 16 y Isidorus Hi spal.
etymolog. XVII, cap. 7 §. 16. Dasselbe lässt A t h e n ä o s bei seinem Gastmal
I I , cap. 11 pag. 50 sq. einen Römer erzählen, lässt ihn aber sofort von einem
Griechen widerlegen durch eine Stelle über die Kirschen aus Diphilos
S i p h n i o s , der lange vor Lucullus lebte; und Casaubonus zeigt zu dieser
Stelle, dass unstreitig nicht die Stadt dem Baum, sondern der Baum der
Stadt den Namen verliehen habe. Dadurch wird indess die historisch beglaubigte
Thatsache der Einführung des Kirschbaums in I tal ie n durch Lucullus
nicht im mindesten berührt.
Ob aber das alte Kerasus dem heutigen Cerasunt wirklich entspricht, oder
ob es ein unbedeutender Ort war, dessen Name später auf das heutige Cerasunt
überging, ist zweifelhaft. Vergl. Mannen Geographie der Griechen und
Römer VI, Heft II, Seite 383 und 386 ff,
2) Dafür spricht ausser dem gegenwärtigen Vorkommen des Baums durch
ganz Europa mit Ausnahme des hohen Nordens, auch das Zeugniss des
Servius a. a. 0: Sane Cerasus vicitas est Ponti, quam cum delesset Lucullus-,
genus hoc pomi inde advexit et a civitate Cerasum appellavit. Hoc autem etiam
ante Lucullum erat in Italia, sed durum, et Cornum appellabatur, quod postea
mixto nomine Cornocerasum dictum est. (So in Burmann s Ausgabe des
Virgilius / , pag. 277, Gas aub onus zum Athenäos a. a. 0. las: quod postea,
incepio nomine Corno, Cerasum dictum est. Sollte es nicht heissen: misso
nomine Corno? L i o n ' s neueste Ausgabe ist mir leider unzugänglich. Das
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