IV V o r r e d e . V o r r e d e . V
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mit ihr die Botanik merklich zu fördern. Erst als des Aristot
e l e s ewig unzerstörbare Werke in Uebersetzungen theils unmittelbar
aus dem Griechischen, theils erst mittelbar aus dem
Arabischen in das barbarische Latein des Mittelalters, den Abendländern
aufs Neue bekannt wurden, feierte nebst der Philosophie
auch die Botanik, und zwar durch Alber t den Grossen, ihre
Wiedergeburt, freilich nur um gleich darauf zum zweiten mal zu
entschlummern. So weit hoffe ich im dritten Bande zu kommen,
und im vierten und fünften die Geschichte neuerer Botanik bis
auf Robert Brown herabführen zu können. Denn ich rechne
darauf, dass die vielen Untersuchungen über das Zeitalter und die
Persönlichkeit der Schriftsteller, über die Aechtheit oder Unächtheit
ihrer Werke u. dgl. m., die in den beiden ersten Bänden so
viel Raum einnehmen, in den beiden letzten fast ganz wegfallen
werden. Auch können in einer Zeit, in der die bedeutenderen
Schriftsteller näher beisammen stehen, die unbedeutenderen, die
keine Spur in der Wissenschaft hinterlassen haben, grossentheils
ganz übergangen werden.
Die beiden Vorwürfe, denen ich im voraus begegnen möchte,
sind ein vermeinter Ueberfluss und Mangel.
l i e b e r f l ü s s i g finden wird vielleicht mancher in den beiden
ersten, zum Theil auch noch im dritten Bande viele Namen, von
deren Trägern sich wenig oder nichts Erhebliches für die Geschichte
der Botanik berichten Hess, noch mehr die mitunter weitläuftigen
Untersuchungen, die sich daran knüpfen. Doch ohne
Zusammenhang keine Geschichte, und in der früheren Zeit stehen
die um die Botanik wahrhaft verdienten Männer mit wenigen
Ausnahmen so weit aus einander, so isolirt in ihren Jahrhunderten,
dass eben nur jene Männer geringerer Bedeutung den Zusammenhang
vermitteln. Dazu kommt die Rücksicht auf Chronologie,
auf die ich den grössten Fleiss verwenden zu müssen glaubte. In
jenen trüben Zeiten lässt sich das Alter des einen oft nur durch
das des andern noch unbedeutenderen Schriftstellers ermitteln, was
weitläuftige Untersuchungen unvermeidlich macht. Endlich waren
gewisse Schriftsteller, und mit Recht, von jeher die Lieblinge der
Literarhistoriker; über Aristoteles, Theophrastos, Plinius u. s. w.,
blieb wenig zu sagen übrig, was nicht längst vielleicht besser gesagt
war, als ich es sagen konnte. Mit Unrecht vernachlässigte
man aber viele geringere Schriftsteller so sehr, dass über sie die
gröbsten Irrthümer von Buch zu Buch immer höher aufwucherten.
Auch die sonst zuverlässigsten Literarhistoriker, wie Fabricius^
Haller, Hamberger und alle Neueren sind bei Schriftstellern der
Art mehr oder minder unzuverlässig. Es ist unglaublich, was man
bei flüchtigem Lesen der Zeugnisse in sie hinein gelesen, was
man heraus zu lesen versäumt hat, oder wie gar Ei n Späterer
den andern, ohne selbst auf die Quelle zurückzugehen, missverstanden
hat. Dergleichen Fehler nach Kräften zu vermeiden, keine
Stelle ungelesen zu citiren, oder, wenn das in einzelnen Fällen
nicht möglich war, ohne wenigstens den Gewährsmann für das
Citat zu nennen, überhaupt das Vertrauen der Leser so selten
wie möglich in Anspruch zu nehmen, sondern ihnen die Mittel
eigener Prüfung vorzulegen, hielt ich für meine erste Pflicht. Ich
fürchte sehr, dass es mir bei beschränkter Gelehrsamkeit im Vergleich
mit vielen meiner trefflichen Vorgänger nicht immer gelungen
sein wird, sie zu erfüllen; doch dass ich danach gestrebt,
und den dazu nothwendigen Raum nicht gespart habe, kann ich
mir nicht zum Vorwurf machen.
Was man dagegen in meinem Buch, zumal im Vergleich mit
Sprengeis Geschichte der Botanik, vermissen wird, ist die
I n t e r p r e t a t i o n der Pflanzen der Alten. Ich verkenne
wahrlich nicht die grossen Verdienste, die sich Sprengel in seinen
Commentaren zum Theophrastos, zum Dioskorides und in andern
Schriften um die Lösung dieser schwierigen Aufgabe erworben
hat; was er aber in seiner Geschichte der Botanik dafür geleistet hat,
halte ich grösstentheils für unerheblich oder ganz verfehlt. Und
es kann nicht anders sein. Die Geschichte geht von Schriftsteller
zu Schriftsteller, die Erklärung ihrer Pflanzen muss von Pflanze
zu Pflanze gehen, und bei jeder alles, was-verschiedene Schriftsteller
von ihr aussagten, zusammenstellen. Bei der Prüfung dieser
so versammelten Zeugnisse ist der sicherste Weg w^enigstens