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B u c h 1. Kap. 2. §. 8.
o-ino-en, bald in andern Arten sich wieder erneuerten, und ahnliehe
Umwälzungen ständen in Zukunft bevor, — als Ahnung,
um mich des schwächsten Ausdrucks zu bedienen, als subjective
Ueberzeugung schon in Empedokles und Herakleitos lebte. Der
Thatsachen, auf die sie sich dabei stützten, waren vielleicht nicht
viele, um so schärfer der Blick, der doch schon das Richtige traf.
§• 8.
D i e Phytologi e des Empedokles.
Davon erhielt sich leider nur wenig in den Fragmenten seines
Gedichts. Drei seiner eigenthümhchsten phytologischen Meinungen
bewahrte uns Nikolaos Damaskenos i) auf, von dem ich
später ausführhcher handeln werde, und hier nur bemerke, dass
er mit grosser Vorsicht benutzt werden muss; denn das Original
ging verloren, wir besitzen nur eine lateinische Uebersetzung des
Mittelalters, die selbst nicht einmal aus dem Griechischen, sondern
aus einer gleichfalls verlorenen arabischen Uebersetzung gemacht
ist. Etwas reichhaltiger, aber zugleich noch verworrener, und
p-ewiss durch mancherlei Missverständnisse entstellt,O sind die Nachrichten
in der Sammlung der Me i n u n g e n der Philosophen,
die gewöhnlich dem P l u t a r c h o s zugeschrieben wird, vermuthlich
aber ein Auszug aus einem grösseren Werke jenes Schriftstellers
ist, deren wir mehrere, zum Theil in wörtlicher Uebereinstimmung
besitzen 2). Sehr vereinzelt findet sich auch einiges hierher gehörige
bei Aristoteles, Theophrastos u. a., und alles gesammelt
und geordnet, wiewohl ohne Sachkenntniss, bei Sturz Seite 350
B u c h 1. Kap. 2. §. 8.
1) Nicolai Damasceni de plantis libri duo, Aristoteli vulgo adscripti etc.
recensiiit E. IL F. Meyer. Lipsiae, 1841. 8.
2) Fiutar chi de physicis philo sophorum decretis libri quinque. Fmendatiores
edid. C. D. Bechius. Lipsiae, 1787. 8. Auch unter dem bekannteren Titel
de placitis philos ophorum in den Ausgaben der Werke des Plutarchos.
Von den andern Redactionen dieser Sammlung, deren eine dem Galenos,
eine andere dem S tobäos , eine dritte dem Ori g i n es zugeschrieben wird,
handelt Beck in der Vorrede seiner Ausgabe des falschen Plutarchos pag.
XXIII sqq. ausführlich.
bis 364 und in seinem Commentar zu denjenigen Versen des Empedokles,
worin Phytologisches berührt wird.
Aus Nikolaos entnehmen wir: 1) die Pflanzen wären entstanden,
bevor sich die Welt vollständig ausgebildet hätte; 2) sie
besässen wie die Thiere Verlangen, Gefühl der Lust und Unlust,
ja Verstand und Einsicht; 3) auch die beiderlei Geschlechter fehlten
ihnen nicht, doch wäre das eine mit dem andern in ihnen vermischt,
und hohe Bäume brächten Junge zur Welt. Wir wollen
sehen, wie das alles, gleichviel ob richtig oder falsch, doch mit
den Grundansichten des Empedokles folgerecht zusammenhängt.
Gleich die erste Meinung bestätigt unser Pseudo-Plutarchos i)
mit den Worten: „zuerst unter den lebendigen Wesen, sagt Empedokles,
wären die Bäume aus der Erde hervorgegangen, bevor
noch die Sonne dieselbe umschiffte, und Tag und Nacht sich geschieden
hätten." An der Richtigkeit zweier so übereinstimmender
Zeugnisse lässt sich nicht zweifeln; durch die Prosa des zweiten
hört man die empedokleischen Verse beinahe noch durchklingen.
Schwieriger ist der Zusammenhang dieser Meinung mit der Gesammtlehre
des Empedokles aufzufinden. Was Lommatzsch 2)
meint: „sollten ihn vielleicht gezweigte Formen der Crystallisation
zu dieser Ansicht hingeleitet haben?" — hat weder Grund noch
Wahrscheinlichkeit. Der Wahrheit näher bringt uns vielleicht
folgende Stelle des Theophrastos 3), aus der wir zugleich einen
neuen Hauptpunkt empedokleischer Pflanzenlehre erfahren:
„Das Erzeugende ist ein Einiges und nicht so, wie es Emp
e d o k l e s scheidet, wenn er die E r d e an die Wur z e ln, den
A e t h e r an die Zweige vertheilt, als wäre Eins vom andern
og etrennt," und nicht aus Einer und derselben Kraft und Materie
erzeugend." Dass unter Aether nichts weiter als Luf t zu verstehen
ist, folgt aus den beiden schon angeführten Versen des
Empedokles 50 und 161, worin bei Aufzählung der Elemente das
1) Flut. l. c. V, cap. 26.
2) Lommatzsch, die Weisheit des Empedokles. S. 210.
3) Theophr. de caus. plant. / , cap, 12. sect. 5.
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