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142 Buch II. Kap. 1. §. 16.
denden Nahrung. Dann kommt der Leibesfrucht das Wachsthum
durch den Nabel auf dieselbe Weise wie durch die Wurzel den
Pflanzen, und selbst auch den Thieren, nachdem sie von der in
ihnen selbst befindlichen Nahrung abgelöst sind.
142. Daher es sehr zweifelhaft ist, wie aus dem Samen eine
Pflanze oder irgend ein Thier entsteht. Denn nothwendig muss,
was entsteht, aus etwas entstehen, durch etwas und als etwas.
Woraus nun, das ist die Materie Jetzt aber handelt es sich
nicht darum, woraus, sondern wodurch die Theile entstehen.
Entweder macht sie etwas Aeusserliches, oder es waltet etwas in
dem BefruchtungsstofF und dem Samen; und dies ist entweder ein
Theil der Seele, oder eine Seele, oder etwas Seelenhaftes.
Dass nun von aussen her etwas alle Eingeweide und sonstigen
Theile mache, lässt sich nicht glauben; denn bewegen kann nicht,
was nicht berührt, noch kann etwas von nicht Berührendem leiden.
Sicher also in der Leibesfrucht selbst schon waltet etwas, sei es
als Theil derselben oder abgesondert. Dass nun jenes ein abgesondertes
Anderes sei, ist unstatthaft; denn soll es, nachdem das
Thier entstanden, untergehen, oder darin bleiben? Es zeigt sich
aber nichts darin, was nicht Theil der ganzen Pflanze oder des
ganzen Thiers ist. Und auch dass es untergehe, nachdem es alle
oder einige Theile hervorgebracht, ist widersinnig. Denn was soll
die übrigen Theile hervorbringen. Denn ginge jenes unter, nachdem
es das Herz, dieses das übrige (hervorgebracht), so müsste
nach demselben Schluss alles entweder untergehen oder bleiben;
es bleibt aber; folglich ist das ursprünglich im Samen Waltende
ein Theil desselben. Gehört aber sicher nichts zur Seele, was
nicht in einem Theil des Körpers ist, so muss auch sofort irgend
ein Theil ein beseelter sein, W^ie werden nun die andern ? Entweder
entstehen zugleich alle Theile, z. B. Herz Lunge Leber
Auge u. s. w., oder in einer Reihenfolge. . . . Dass nicht zugleich,
ist schon den Sinnen klar Wenn aber ein Theil früher, der
andere später, macht dann einer den andern und ist durch den
142) De generat animal. II, cap. 1. pag. 733 h.
Buch IL Kap. 1. 16. 143
vorhergehenden ? oder entsteht vielmehr einer (nur) nach dem
andern? Die Sache ist so zu verstehen, dass in Allem, was von
Natur oder durch Kunst entsteht, aus dem in der That Seienden
das der Möglichkeit nach Seiende entsteht. Art und G-estalt (der
spätem Theile) müssten also in jenem (frühern) sein, z. B. die
der Leber im Herzen Was immer von Natur oder durch
Kunst entsteht, das entsteht durch ein in der That Seiendes aus
einem der Möglichkeit nach ein solches Seienden. Der Same nun
ist so beschaffen, und hat eine solche Bewegung und ein solches
Princip, dass, wenn die Bewegung aufhört, jeder der Theile entsteht
und beseelt ist. Das Harte und Weiche, Zähe und Spröde
und Eigenschaften der Art, die in den beseelten Theilen walten,
mag die Wärme und Kälte hervorbringen; den Grund aber, warum
dieses Fleisch, jenes Knochen ist, nimmermehr. Sondern
(dieser Grund ist) die Bewegung, welche vom Zeugenden ausgeht,
von dem in der That Seienden, was der Möglichkeit nach diejenige
(Materie) ist, woraus es wird, wie auch bei den Werken
der Kunst. Denn hart oder weich macht die Wärme oder Kälte
das Erz, das Schwerdt aber macht die Bewegung der Instrumente,
welche den Kunstverstand hat. Denn auch die Kunst ist Anfang
und Vorbild des Werdenden, jedoch des in einem Andern Werdenden;
die Naturbewegung dagegen ist in ihm selbst, herrührend
von einer andern Natur, welche der Möglichkeit nach die Art
enthält. Hat aber der Same eine Seele, oder nicht? Damit verhält
es sich genau so, wie mit den Theilen. Keine Seele kann
in etwas anderem sein, als in dem, dessen Seele sie ist, und kein
Theil kann ohne Sie sein, wenn er nicht bloss dem Namen nach
Theil ist, wie z. B. das Auge des Todten. Es ist also klar, dass
der Same Seele hat und der Möglichkeit nach ist.. ., Keiner der
Theile aber ist der Grund dieses Entstehens, sondern das ursprünglich
Bewegende ist ein Aeusseres; denn nichts erzeugt sich
selbst, sondern nachdem es entstanden, wächst es durch sich selbst.
Daher entsteht zuerst eins, und nicht alles auf einmal. Zuerst
aber muss nothwendig das entstehen, was das Princip des Wachsthums
enthält Wenn daher das Herz in einigen Thieren zuerst
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