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278 Bucli TIT. Kap. 3. §. 37.
die Hand selbst oder wenigstens den Daumen in das weiche Wachs.
Dann hiess die Schrift mit dem Siegel in gleichem Sinn bei
spätem Lateinern ein Ma n i f e s t , deutsch eine H a n d f e s t e , auch
Avohl D a ume n f e s t e . Handfesten enthielt also das Buch, urkundliche
Bürgschaften für die Dichtigkeit des Inhalts, wie noch
jetzt unsere Quacksalber ihre Sudeleien mit dergleichen Handfesten
zu versehen pflegen.
Vitruvius scheint es weniger gelesen und geprüft als bewundert
zu haben; Plinius hatte es gelesen und giebt Auszüge sowohl
aus diesem wie aus dem folgenden Werk. Er missbilligt sie
höchlich, gesteht sie gingen so weit über Treue und Glauben
hinaus, dass , wer des Mannes sonstige Werke billige, diese ihm
abspräche. „Doch umsonst! fügt er hinzu. Es steht fest, dass
er vornehmlich den Seelen diesen Geschmack (an der Magie) eingeflösst
u. s. w.^' Und wodurch war das festgestellt? Eben nur
durch den Glauben an die Aechtheit der Schriften, auf deren Beurtheilung
es ankam. Denn Columella, dessen wenig früheres
Werk über den Landbau Plinius recht gut kannte, hatte bereits
gesagt, die fälschlich unter des Demokritos Namen
g e h e n d e n Fabeln (commenta), im Griechischen x€iQny/iujTa
genannt, gehörten einem Aegyptier von Geburt, dem
B o l u s Mendesius. Der Betrug war also bereits aufgeklärt,
und klärte sich wie wir sehen werden, später immer mehr auf;
nur nicht für Plinius, der, wie oft er auch gegen den Aberglauben
eifert, doch so oft und lange bei allem, was danach schmeckt,
verweilt, dass er damit umvillkürlich seinen eigenen Geschmack
daran verräth.
Das zweite angeblich demokriteische Werk, über K r a f t und
N a t u r des Chamä l eon (so nennt es Gellius benutzte Plinius
1) PUn. XXIV, cap, 16 6-ecL 102,
2) PUn, X X X , cap. 1 secL 2.
3) C ohimelL de re riist. VII, cap, 5 ¡sect, 17.
4) Geliii 7ioct, attic» X , cap. 12,
5) PI in. X X V I I I , cap. 8 secL 29.
Buch III. Kap. 3. §. 37. 279
gleichfalls, macht sich darüber lustig, dass der Verfasser dies
Thier eines eigenen Buches werth geachtet, und in demselben
eine Probe griechischer Aufschneiderei gegeben habe, und wird
doch nicht müde Auszüge daraus zu machen. Gellius lässt ihn
hart an, weil er ein solches Machwerk nicht als unächt erkannt,
sagt uns aber nicht, wer der Verfass^er war. Des Bolos Handf
e s t e n gleicht es wie ein Ei dem andern.
Aus dem dritten Werk, über Ant ipathien, wie der abgekürzte
Titel bei Columella^) lautet, erzählt uns dieser auch ein
des Bolos würdiges Histörchen, nennt jedoch als Verfasser dieses
Werks noch den Demokritos. Dagegen nennt Suidas ein Werk
ü b e r Sympathien und Ant ipathien unter denen des Bol
o s Mendesios, und lässt nur zwei Werke als ächt demok
r i t e i s c h e gelten, den grossen Diakosmos und das von
der Natur der Welt (womit der kleine Diakosmos gemeint zu
sein scheint). Auch in dem langen, gewiss viel Unächtes enthaltenden
Verzeichniss demokriteischer Schriften bei Diogenes
Laertios fehlen die drei genannten Werke sämmtlich.
Und wer ist dieser Bolos Mendesios, der die gelehrte
Welt als verkappter Demokritos lange Zeit täuschte, und nachdem
seine Fälschungen entdeckt waren, das seltene Glück hatte, bei
der Nachwelt unter eigenem Namen grossen Ruhm zu erwerben?
Er spielt in der Literargeschichte eine sehr mysteriöse Kolle.
Neuerlich beschäftigten sich Viele mit ihm; so, dass die Sache damit
erlegt wäre, noch niemand.
Aber auch nur die Stellen der Alten, worin er vorkommt, zu
sammeln, hatte besondere Schwierigkeit; nicht leicht ward ein
Name in den Handschriften und ältern Ausgaben öfter und vielfacher
entstellt als dieser. Bei Columella der ihn zuerst nennt,
stand einmal Dolus , das andere mal Volus; beim Scholiasten
1) ColumelL de re ritst. XI, cap. S sect. 64.
2) Suidas voce zirj/xoxQitog, vol. / , ].)ars 1 pag, 2258 edif. Bernhardy.
'J) Diog. La er f. I X , cap, 13 sect. 46—49
4} Colwmel L de re rusiic. TII^ cap. 5 sect. 17 und XI^ cap, 3 sect. 53,