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380 Buch IV. Kap.l . §. 55.
Nahm schon jener die Krone der zarten Blum' Hyacinthus,
Höhnend der Sommertage Verzug und der Zephyre Säumniss.
Mutterbienen demnach und zahllos schwärmende Jugend
Hatt' er zuerst, und gepresstem Gewirk entzwang er des Honigs
Schaumigen Seim; ihm sprosste die Lind' und die Pinie reichlich;
Und so -viel des Obstes in frischer Blüthe den Fruchtbaum
Kleidete, eben so viel belastet' ihn reifend im Herbste.
Jener verpflanzt' auch spät in geordnete Zeilen die Ulmen,
Härtliche Birnenstämm' und pflaumentragenden Schleedorn,
Auch die dem festlichen Trunk schon Kühlungen bot, die Platane."
Hierzu bemerkt Voss i): „Der grosse Pompejus hatte im Jahr
G87 (67 V. Chr.) den überwundenen mehr als zwanzig tausend
cilicischen Seeräubern, die man nicht als Gesindel sich vorstelle,
ausser Soli u. s. w. . . , auch Aecker in Calabrien angewiesen.
Der letzten vielleicht kleinen Anweisung gedenken zwar nur
Grammatiker: aber Servius beruft sich auf ein jetzt verlorenes
Zeugniss des Suetonius, und Probus erzählt mit wahrscheinlicher
Umständlichkeit, dass es cilicische Kuderer waren, denen Pompejus,
als er seinen Soldaten tarentinische Aecker austheilte, die
schlechtesten zum Lohn ihres Verrathes gab. . . . Aber der kärglich
abgefundene Cilicier zwang die Natur dur c h einheimische
K u n s t , die so berühmt war, dass Martial die diircli Specul
a r f e n s t e r getriebenen Fruchtbäume und Reben einmal (VIH
68) über den Obstgarten des Alcinous erhebt, ein andermal (VH,
14) C i l i cum pomaria, Cilicische Obsthaine nennt, und in
einem alten Gedichte (Catalecta Virgilii et aliorum poetarum
latinorum veterum poematia, cum comment. Jos. Scaligeri,
pag. 193) ein zufriedener Landmann sich rühmt:
„Dann wo das lockere Beet einsaugt die umschlängelnden Quellen,
Steigt mir koryc i s che s Gartengewächs. — "
Weil die cilicische Betriebsamkeit im Gartenbau so berühmt
war, nahmen Einige, denen Servius beistimmt, das Wort Ko ry-
1) Virgili US ländliche Gedichte^ übevsetzt und evlclärt von J, Ii. Voss IV^
S. 713 f .
B u c h IV. Kap. 1. §. 55. 381
c i e r bei Virgilius als Ehrenbenennung des Greises, der nach korycischer
Art den Garten bestellte, und beriefen sich auf ein Zeugniss
des Plinius, welches verloren ist. Auch Philargyrius sagt,
er scheine Einigen ein Korycier, nicht an Geschlecht, sondern an
Tüchtigkeit, weil dieses Volk mit Eifer die Gärten baue."
So weit Voss. Schon Cat o künstelte bei der Baumzucht auf vielfache
Weise weit mehr, als man in seiner Zeit und bei seiner nur auf
Erwerb ausgehenden Richtung erwarten sollte. Besondere Freude mag
er daran gefunden haben, Baumzweige durch gespaltene Töpfe oder
Körbe zu ziehen, hoch über dem Boden mit Erde zu umgeben, dadurch
zum Wurzeln zu nöthigen, und dann abgeschnitten zu verpflanzen;
denn er beschreibt dies mühsame Verfahren sogar zweimal i).
War es vielleicht seine eigene Erfindung? Bei den Griechen kennen
wir es wenigstens nicht. Je mehr nun die Schwelgerei in
Rom Ueberhand nahm, desto mehr wuchs und verbreitete sich
dort das Bestreben, behebte Gartenproducte von vorzüglicher Güte
•und zu jeder Jahreszeit zu erzeugen, und der Ausübung folgte
die schrifthche Anweisung dazu. Schon der Kaiser Tiberius ass
fast jahraus jahrein Melonen, die in Kasten auf Rädern, und durch
Fenster geschützt, bald ins Freie, bald unter Dach gebracht wurden
2). Von Spargeln, die am schönsten bei Ravenna gezogen
wurden, erzählt Plinius dass deren drei Stück ein römisches
Pfund (etwa unseres bürgerlichen Pfundes) ausmachten. „Artischocken
(cardui), fügt er hinzu, dem Vieh zu untersagen, wäre
wunderlich; dem Volk untersagt man sie." Das kann wohl nur
heissen: man bauet sie mit solcher Sorgfalt, dass ihr Preis die
Kräfte des gewöhnlichen Bürgers übersteigt. Etwas später pflegte
Lucius Verus, der Mitregent des Marcus Aurelius oder Antoninus
Philosophus seinen Gästen beim Mahl Kränze reichen zu lassen
mit eingeflochtenen Blättern von Gold und Blumen einer unge-
1) Cato de re rust., cap. 52 et ISS,
2) Colum. XI, cap. 3 sect. 51—53; Plin. hist. nat. X J X , cap. 5 sect. 23.
3) Plin. I. c., cap. -i sect. 19.
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