162 Buch IL Kap. 2. §. 19.
P f 1 a n z e n s y s t e m nennen könnten , wenn er nicht ausdrücklich
befürwortete, man müsse es damit nicht zu genau nehmen; den
Unterschieden, die er anführe, läge zwar etwas Natürliches zum
Grunde, doch durchgreifend und beständig wären sie nicht, und
sollten nur zur Bequemlichkeit beim Vortrage dienen. Solche Geständnisse
entAvaftnen die Kritik.
Unterschieden werden zuerst Bäume Sträuche Stauden
und Kräuter. Was hatte man Besseres, so lange die Kenntniss
der Geschlechtsorgane und Keimblätter fehlte? In jeder dieser vier
Abtheilungen werden ferner unterschieden die zahmen und die
w i l d e n Pflanzen. Hipp on' s Ausspruch^ jede Pflanze sei von
Natur eine wilde, und werde erst durch Pflege zahm und veredelt,
wird dabei im Ganzen gebilligt, doch bald darauf bemerkt, einige
Pflanzen wären der Cultur unfähig, einige bedürften durchaus der
Pflege, daher es auch diesem Unterschied an einer natürlichen
Grundlage nicht ganz fehle. Geringerer Werth wird darauf folgenden
Unterschieden beigelegt, dem der f ruchtbaren und unf
r u c h t b a r e n , der blühenden und b lüthenlosen, der imm
e r g r ü n e n und ihr L aub ab wer f en d en Pflanzen. Das Werk
war für Griechen überhaupt bestimmt, es war nach den oben gegebenen
Bestimmungen ein exoterisches; denn ein abgesondertem
gelehrtes Publicum, das sich mit Botanik beschäftigte, gab es noch
nicht. Die Hauptaufgabe war, die zerstreut bereits vorhandenen
Pflanzenkenntnisse zu sammeln und fasslich für Jedermann zu
ordnen, und diese Aufgabe scheint mir glücklich gelöst.
Das vierte Kapitel handelt vom V o r k omme n , besonders von
L a n d - und Wasserpflanzen.
Das fünfte bis vierzehnte Kapitel endlich enthalten eine gedrängte
Morphologie, durch Beispiele erläutert. Sehr ausführlich
wird im sechsten und siebten Kapitel von den Wurzeln
gehandelt, dabei auch von der gegliederten Wurzel der schilfartigen
Pflanzen, von Zmebeln und Knollen, und deren Analogie
mit dem Stengel, endlich auch von der indianischen Feige und
ihren sogenannten Luftwurzeln, ohne Zweifel nach Berichten der
Begleiter des Alexandros, auf deren zwei^ Onesikritos und
B u c h n. Kap. 2. §. 19. 163
A r i s t o b u l o s , sich Strabon^) bei Beschreibung desselben Baums
beruft. Im achten Kapitel A^on den Knospen^) wird auch der
Adventivknospen, welche nach Verletzung der Rinde zu entstehen
pflegen, und des Einflusses des lichteren oder geschlosseneren Bestandes
der Wälder auf die Knospenbildung erwähnt. Im zehnten
Kapitel, von den Unterschieden der Blät ter , wird auch der veränderten
Richtung derselben in späterer Jahrszeit gedacht. Nicht
bedeutungslos scheint mir, dass dem eilften Kapitel, von den Samen
und ihren Hüllen, den F r ü c h t e n , das dreizehnte von den
B l u m e n folgt, und vom F r u c h t s tand e erst im vierzehnten und
letzten gehandelt wird.
Das zweite bis fünfte Buch handeln ohne strenge Unterscheidung
von den Bäumen und Sträuchen, also von den Holzp
f l a n z e n , und zwar das zweite von den z ahme n und deren
Pflege, das dritte von den wi lden, das vierte, bis zu Ende
des zwölften Kapitels von den verschiedenen, meist ausländischen
Bäumen und Sträuchen, die gewissen Gegenden eigenthümlich
sind; im dreizehnten und den folgenden, welche Schneider für
ein besonderes Buch zu halten geneigt ist, von der Lebensd
a u e r und den Kr ankhe i t e n der Bäume; das fünfte endlich
von den-Eigenschaften und Unterschieden der Hölzer , und der
Art sie zu behandeln. Beschreibungen vermisst man bei den
meisten in diesen Büchern genannten Pflanzen, sie mochten dem
1) Strabo XV, cap, 1. pag. 094 edit, Casanhoni,
2) Nur so können, wie ich meine, die o^ot bei Theophrastos übersetzt
werden, Plinius übersetzte No d i , K n o t e n , und ihm folgten von Theodoros
Gaza ab Alle bis auf den heutigen Tag, was zu manchen Missverständnissen
Anlass gab. Was die Römer sonst bei den Pflanzen Nodi nannten, und was
wir Knoten nennen, waren bei Theophrastos yoiaia, Knie, ohne Rücksicht
auf Biegung, Aber Andre nannten, wie Theophrastos selbst berichtet, und
bekannt genug ist, auch die Zwe ige, also das P r o du et der Knospen,
ofor; daher wir uns nicht wundern dürfen, wenn er mit diesem Wort an andern
Stellen, namentlich im fünften Buch, wo er vom Nutzholz handelt, auch
die gleichsam im Holz stecken gebliebenen, das heisst früh abgestorbenen
und überwachsenen Zweige bezeichnet, also das, was unsre Tischler Aeste
in den Brettern nennen.