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Einfällen und innerer Zerrüttung verschont zu bleiben; denn der
vergeblich versuchte Abfall der Kyrenäer, die der ägyptischen
Herrschaft unterworfen waren, so wie der lange Kampf um den
Besitz Syriens Palästina's und Phönikiens, Hessen Aegypten selbst
in seinem Innern unberührt. Erst nach siebzehn Jahren ungestörten
Besitzes, nach dem Verlust der für den Seehandel I m
mittelländischen Meere überaus wichtigen Insel Kypros, sah sich
der Lagide von seinem gefährlichsten Feind Antigonos in Aegypten
selbst bedroht. Jetzt (306 v. Chr.) hielt Antigonos seinen
Widersacher beinahe schon für vernichtet; er wagte es, der erste
nach Alejandros, sich den Titel K ö n i g beizulegen, und bereitete
einen furchtbaren Angriff auf Alexandrien vor. Aber Ptolemäos,
weit entfernt sich durch den angemassten Titel einschüchtern zu
lassen, erklärte sich desgleichen zum König, schlug im folgenden
Jahre den Antigonos für immer entscheidend zurück, nahm dar«
auf noch den Beinamen eines Erretters, Soter , an, durch den er
von den nachfolgenden Königen Aegyptens, die alle Ptolemäos
heissen, gewöhnhch unterschieden wird, und erfreute sich von da
bis zu seinem Ende (283 v. Chr.) einer vollständig gesicherten
Herrschaft.
Grieche von Geburt und Bildung, den Künsten des Friedens
hold, freigebig und über unermessliche Eeichthümer gebietend, die
Aegypten als das fruchtbarste aller damals bekannten Länder, wie
als Mittelpunkt des Welthandels darbot, und die zu centralisiren
der Tyrann keine Mordthat scheuete, war er ganz dazu geeignet,
so weit das von dem Willen eines Machthabers abhängt, wenn
nicht Aegypten, so doch Alexandrien zu hellenisiren und in wissenschafthcher
Beziehung wemgstens scheinbar auf die Stufe zu
erheben, von der Athen nur zu bald- wieder herabsank. Mit grossem
Aufwände zog er Künstler und Gelehrte aus Griechenland
nach Alexandrien hinüber, bauete, ohne den ägyptischen Gottesdienst
zu vernachlässigen, griechische Tempel,bammelte Bücher,
und bereitete so die Schöpfungen seines Sohnes, desPtolemäos
P h i l a d e l p h o s vor, das alexandrinische Mus eum und die Bi -
b l i o t h e k des B ruche ion, wobei i hmDeme t r i o s Phalereus,
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der Freund des Theophrastos, aus Athen nach zehnjähriger Herrschaft
über diese Stadt vertrieben, und in Alexandrien gastfreundlich
aufgenommen, mit Kenntniss und Geschmack zu Hülfe kam.
Dass aber die grosse Bibliothek und das Museum als Stiftungen
des zweiten Ptolemäers zu betrachten sind, lässt sich
nach dem lange darüber geführten Streit neuerer Gelehrten jetzt
nicht mehr bezweifeln. EitschH), der genaueste Forscher in dieser
Sache, spricht sich darüber so aus : .,So wenig ein namhafter
Antheil des Ptolemäos Lagi an der ersten Sammlung der
alexandrinischen Bücherschätze abzuweisen sein wird, so unzweifelhaft
steht uns als der wahrhafte Begründer, eifrige Vermehrer
und organisirende Erhalter der welthistorisch gewordenen Bibliot
h e k . P t o l e m ä o s Phi ladelphos da. Was der Vater mit Rath
und Beistand des Demetrios zusammengekauft, das durchgreifend
zu ordnen, in grösserem Maasstabe nützlich zu machen, und durch
eine geregelte Verwaltung sicher zu stellen, war das rechte Bedürfniss,
wie die äussern Bedingungen erst mit der Stiftung des
Museums durch Philadelphos gegeben. Wenn Philadelphos der
Erbauer des Museums war, immerhin vielleicht in den zwei Jahren
gemeinschaftlicher Regierung (s. Bernhardy Seite 368 fF. gegen
Parthey Seite 36) ; mitdemMuseum aber die eine der zwei berühmten
Bibliotheken Alexandria's, die des Bruchiums, in nächster -Verbindung
stand (Vita Apollonii Rhodii bei Parthey S. 53): so
scheint überhaupt zur Zeit des Ptolemäos Soter, mochte er auch
für Zusammenbringung von Büchern noch so thätig sein, doch ein
eigenes Bibliotheksgebäude noch nicht bestanden zu haben, dessen
Stelle vor dem ungeheuren Anwachs der aufgekauften Vorräthe
füglich durch irgend einen Raum des Königspallastes vertreten
Würden konnte. Die Zweideutigkeit des Ausdrucks bibliotheca
lat begreiflicher Weise das Festhalten jenes Unterschiedes bei
1) liitscJil^ F.^ die alexandrinischen Bibliotheken unter den ersten Ptolemäern
u, s, w. Breslau 1838, 8. Seite Ii.
2) Bernhardy ^ Grundriss der griechischen Literatur. ThLL Ealle^ 1836 8.
3) Parthey ^ das alexandrinische Musmm, Eine gekrönte Preisschrift. Berlin,
1838.
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