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128 Bu c h IL Kap. 1. 16.
VlII. Von der Erzeugung der Pflanzen.
lOG. Einiges ist ewig und göttlich, anderes kann es sein
Avie auch nicht sein. Das Plohere und Göttliche ist aber bei dem,
welchem es zu Theil ward, seiner Natur nach immer die Ursache
eines Höheren; das Nichtewige dagegen kann niedriger oder höher
sein, oder auch an beidem Theil nehmen; die Seele aber ist ein
Höheres als der Leib, das Beseelte als das Unbeseelte, und das
Sein als das Nichtsein, das Leben als das Nichtleben. Aus diesen
Ursachen erklärt sich die Entstehung der Thiere. Denn wenn
die Natur irgend einer Gattung nicht ewig zu sein vermag, so ist
das Gewordene doch in so weit ewig, als es das zu sein vermag.
Nun vermag sie es der Zahl nach nicht , — denn das Wesen
ist jedem Dinge für sich eigen; wäre es nun einem Dinge (der
Zahl nach möglich), das wäre ewi^^ —; wohl aber der Art nach
vermag sie es. Deswegen ist ewdg die Gattung der Menschen
und Thiere, und die der Pflanzen.
107. Alles, was von Natur entsteht, das entsteht so entM-eder
immer oder meistens, und was ausserdem noch, das entsteht von
selbst und durch Zufall. Aus welcher Ursache entsteht nun immer
oder meistens vom Menschen ein Mensch? vom Weizenkorn ein
Weizenkorn, und keine Olive? Oder warum bildet sich ein
Knochen grade so? Denn nicht, wie Empedokles sagt, wie es
grade trifft, sondern vernunftmässig verbindet sich das, was entsteht.
Was ist die Ursache davon? Wahrlich, Mieder das Feuer,
noch die Erde; eben so w-enig die Liebe und der Hader, wovon
B u c h H. Kap. 1. §. 16. 129
eine gewaltsame Veränderung nöthig machen. Läse man aber yM TTSQ), und
setzte vor diese Worte ein Kolon oder Punctum, so hiesse es im Zusammenhange
mit dem Folgenden so: sowohl über die gemeinschaftliche Ursache
davon, wie auch über die andern Erleidungen der Haare ist nun genug gesagt,
u. s. w. — Doch dergleichen stelle ich den Philologen anheim.
lOG) De generaL animal. 77, cap. 1, pag, 731 a, h,
a) Das heisst, das Einzelwesen der Gattung vermag es nicht. Vergl.
Nr. 14.
107) De générai, et corrupt, 77, cap. 6, pag. 333 b.
eins bloss Grund der Verbindung ^ das andre der Trennung sein
soll: sondern das Wesen eines jeden Besondern ist die Ursache
davon, und nicht^ wie jener sagt:
. . . . des Gremischeten Mischung und Wiederentmischung,
108.- Auch die GHeder der Thiere, sagt Empedokles, entständen
meist durch Zufall; ja Einige betrachten die Entstehung
von selbst sogar als die Ursache des Himmels und aller Weltiörper.
. . . Besonders muss man sich aber wundern über die,
welche sagen, die Pflanzen und Thiere zwar wären weder, noch
entständen sie durch Zufall, sondern ihre Ursache wäre entweder
die Natur oder der Geist oder sonst etwas, — denn sie entstehen
nicht, wie es grade fällt aus jedem Samen, sondern aus einem
solchen die X)live, aus einem solchen der Mensch —; aber der
Himmel und die göttlichsten aller sichtbaren Dinge enständen von
selbst, und hätten keineswegs eine solche Ursache wie die Thiere
und Pflanzen.
109. Die Unterscheidung der Theile erfolgt nicht, wie Einige
annehmen, dadurch, dass Gleiches zu Gleichem getrieben zu
werden pflegt, . . . . sondern^) deshalb entsteht jeder derselben,
weil das, was das Weibchen absondert, der Möglichkeit nach das
ist, was das Thier seiner Natur nach ist, und der Möglichkeit nach,
doch keineswegs in Wirklichkeit, die Theile schon enthält. Und
weil das Active und das Passive, so wie es in Berührung kommt,
je nach der Weise, wie jenes activ dieses passiv ist, —• die Weise
aber nenne ich das Wie Wo Wann —, sofort das eine wirkt,
das andere erleidet: so bietet nun das Weibchen die Materie, das
Männchen aber das Princip der Bewegung dar. Wie aber Kunstproducte
durch Werkzeuge, oder genauer durch deren Bewegung
entstehen, — denn diese ist die Wirklichkeit der Kunst, die Kunst
> >
108) Physic, aiiscult. 77, cap. i, pag, 196 a.
109) De general, animal. Il\ cap. 4. pag. 740 b.
a) Ausser der auch von mir ausgelassenen Parenthese, fehlt bei Wimmer
der ganze lange Nachsatz, den ich des Zusammenhanges wegen gebe, bis
auf die letzten Worte.
Meyer, Gesch. d. Botanik. I- 9