20 B u c h I. Kap. 1. §. 4. B u c h I. Kap. 1. §. 4. 21
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Spürkraft so weit reicht, und ob alte Grammatiker, wenn sie
fälschen wollten, jene Alterthümlichkeit nicht zu erkünsteln wussten.
Seite 251 Nr. 9. Die Frucht der Weide, zerrieben und unter
das Futter gemengt, mache das Vieh fett; getrunken, mache de
den Menschen zeugungsunfähig. Daher sage Homeros^):
„Erle zugleich und Pappel und fruchtverderbende Weide."
Hierbei ist zu bemerken, dass das griechische Beiwort MlsoixaQnoQ
einen Doppelsinn hat. Unser Voss übersetzt es gewiss sehr
richtig durch f r u c h t a b werf en d, d. h. die Kätzchen umherstreu^
nd. Soüte die andere Deutung fruchtverderbend eines
N a t u r p h i l o s o p h e n würdiger sein? Als äusseres Zeugniss der
Aechtheit führt Mullach an, Aelianos, der viel von Demokritos
entlehnt, spreche dieselbe Meinung aus. Das ist richtig, doch
setzt Aelianos hinzu 2): „Mir scheint Homeros, der auch das
Verborgene der Natur aufspürt, hierauf zu deuten, wenn er in
seinen Versen die Weide die frucht v e r d e r b e n d e nennt."
Konnte er so von sich selbst sprechen, wenn ihm dieselbe Deutung
des homerischen Verses im Demokritos vorlag? Ganz anders,
näiSich grade so wie Voss, deutete Theophrastos 3) das verfäng-
Hche Beiwort in jenem Verse, ohne einer äUeren andern Deutung
zu erwähnen. Eustathios, der Commentator des Homeros, führt
beide Auslegungen des fraghchen Worts an, entscheidet sich für
keine, legt aber diejenige, welche die Geoponika dem Demokritos
zuschreiben, irrig dem Theophrastos bei. Das alles wusste Mullach;
wie war es möghch, nicht auf den Gedanken zu kommen,
das vermeinte demokritische Bruchstück sei ein späteres Machwerk,
das man bald unter diesem, bald unter jenem Namen an den
Mann zu bringen versuchte?
Die übrigen von Mullach für ächt gehaltenen Bruchstücke
beziehen sich nicht auf Pflanzen. Nur des letzten darunter erwähne
ich noch. — der Hase wandle seine Natur, sei bald Männ-
1) Homer i Odyss. X, vers. 510.
2) A el i an. hist, animal. IV, cap. 23.
3) Theophr. hist, plantar. Ill, cap. I. sect. 3.
chen bald Weibchen, bald zeugend, bald gebärend - damit man
d "Ls abnehme, wie weit sich der Begriff der Wurd^ei t un er
Mullachs Händen dehnt. Möghch, dass m den angeführten oder
andern selbst von Mullach verworfenen Stellen ems oder das
andere genau oder entstellt wirldich von Demokntos herrührt ;
doch wie weit liegt eine solche Möglichkeit von der Wahrschemhchkeit
ab! Bis auf bessere Beweise können wn^ den Demokntos
nicht zu den Georgikern rechnen.
M e n e s t o r kommt häufig bei Theophrastos vor, ausserdem
fand ich ihn vielleicht nur noch einmal bei Athenäos i ) , der sem
Buch von den Weihgeschenken {tte^I èvadw^rc^v) citirt, vorausgesetzt,
dass ich nicht falsch rieth, denn die Ausgaben lesen ohne
Abweichung Menetor. Minder wahrschemhch f Schneiders^)
Vermuthung, im Verzeichniss der agronomischen Schriftsteller bei
Varrò 3) (und dann natürhch auch bei Columella sei der Name
M e n e s t r a t u s vielleicht aus Menestor entstanden. Halten wir
uns also Heber an das Gewisse, was Theophrastos von ihm aussagt
— Die Feuchtigkeit in den Pflanzen nannte er ohne Unterschied
Saft (ÒJtóv) 0 ; zu den warmen Pflanzen rechnete er auch
den Maulbeerbaum 6) ; die besten Zünder wären die aus dem Epheu
bereiteten den Grund des späten Ausschlagens des Maulbeerbaums
suchte er in der Kälte des Orts, den des schnellen Reifens
der Frucht in der Zartheit des Baums »); für die wärmsten Pflanzen
hielt er die entschiedensten Wasserpflanzen, Binsen, Schilf u. dgl.,
so dass die Temperatur der Pflanze und des Orts einander ausglichen
9) ; zu fetter Boden schade den Pflanzen, indem er sie
1) Athen, deipnos. XIII, cap. 7. pag. 59à C. edit. Casaub.
2) Im Index zu seiner Ausgabe des Theophrastos sub voce MsvédrojQ.
3) Varrò de re rust. I, cap. 1. sect. 9.
4) Columella de re rust. I, cap. 1. sect. 11.
5) Theophr. hist, plant. /, cap. 2. sect. 3.
6) L. c. V, cap. 3. sect, 4.
7) L. c. V, cap. 9. sect. 6.
8) Ejusd. de cans, plant. I, cap. 17. sect. 3,
9) L. c. I, cap. 21. sect. 6.