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Viertes Buch.
Botanisclie Anklänge bei den Römern vor und initer
Augustus.
§. 48.
E i n l e i t u n g . o
Dem Keimen Blühen Welken der Botanik bei den Griechen
und griechisch sein wollenden Alexandrinern folgten wir in den
drei ersten Büchern bis tief in das Zeitalter des Kaisers Augustus
hinab; jetzt, uns nach Eom wendend, sehen wir uns noch einmal
von vorn anzufangen, und einen neuen Faden aufzunehmen genöthigt.
Denn wie auch römisches und griechisches Wesen später
allmälig in einander flössen, wie das besiegte Griechenland den
rauhen Sieger mit seinen verfeinerten Künsten umgarnte i), wie
selbst lange vor dem Siege, zumal in der römischen Literatur,
griechische Einflüsse sich geltend machten: die daraus entspringende
griechische Färbung römischer Dinge spielte doch nur auf der
Oberfläche, im tieferen Leben der künftigen Weltherrscherin waltete
ein eigenes Gesetz, das in ihrer besseren Zeit selbst ihrer Literatur,
trotz jener fremden Färbung, den Stempel der Nationalität
aufdrückte, und beide Li teraturen, die römische wie die
g r i e c h i s c h e nicht aus demselben Gesichtspunkt aufzufassen
gestattet.
1) Gr accia capta ferum victorem cepit, et artis
Jnfxdit agresti Latio, — Ho rat. epist, / / , 1 vers. 156.
B u c h VI. §. 48. 335
Nur Einen Gegensatz hebe ich hervor, der sich wie der weisse
Lichtstrahl, der durchs Prisma geht, in die bunteste Mannichfaltigkeit
aller Farben bricht; gr iechische Geistestiefe, und
r ö m i s c h e C h a r a k t e r s tärke. Ein Grundzug des Griechenthums
ist die Ahnung und Anerkennung, ja Anbetung des Göttlichen
in Kunst Poesie und Wissenschaft, woraus sich das Leben, das
bürgerliche wie häusliche, durch politische Freiheit und andere
Verhältnisse begünstigt, zur schönsten Blüthe entfaltete. Bei den
Römern dagegen war es das Hochgefühl unbesiegter Kraft des
Arms und des Willens, wovon alles ausging, worauf sich alles
bezoCT, das stolze Selbstbewusstsein der Persönlichkeit, die sichere
Begründung der Familie auf den Grundbesitz, des Staats auf seine
kriegerische Haltung unerschütterliche Consequenz und sieh immer
weiter ausdehnende Uebermacht.
Einer solchen Richtung sind Wissenschaft und Literatur an
sich völlig fremd. Sie entsprangen auch nicht wie in Griechenland
urkräftig aus dem römischen Boden; wie das Unkraut zwischen
der Saat schlichen sie sich ein, und wurden lange Zeit wie Unkraut
behandelt. Als man im Jahr 181 v. Chr., also länger als
zwei Jahrhunderte nach Sokrates, zu Rom unter einem Stein
Schriften phytagoreischer Philosophie entdeckte, Hess sie der Prätor
Quint US S e x t i l i u s verbrennen, „ quia philosophiae scripta
essent". So erzählt wenigstens beiPliniusO der älteste römische
Annalist Cassius Hemina. Einen Senatsbeschluss vom Jahre 161
und ein Edict der Censoren vom Jahre 132 v. Chr. zur Austreibung
griechischer Philosophen und Rhetoren aus Rom bewahrte
uns Suetonius^). und als eine aus drei Philosophen bestehende
Gesandtschaft der Athener im Jahr 156 v. Chr. in Rom verweilte,
von der besonders Einer, der Akademiker Kameades, die
Jugend durch hinreissende Beredtsamkeit fesselte, vermochte der
ältere Cato den Senat, die Abfertigung der Gesandten zu beschleunigen,
um sie auf gute Art so schnell wie möglich aus Rom
1) Plin hist. nat. X I I I , cap. Ì3 sect. 27.
2) Sue ton. de dar. rhetorih. cap. 1.
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