100 B u c h II. Kap. 1. §. 16. B u c h II. Kap. 1. §. 16. 101
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24. Auch die Pflanzen leben getheilt offenbar fort, und von
den Thieren einige Insecten, als hätten sie der Art, wenn auch
nicht der Zahl nach, noch dieselbe Seele.
25. Wie unter den Pflanzen einige getheilt und von einander
getrennt offenbar fortleben, indem bei ihnen der Entelechie nach
die Seele in jeder Pflanze nur einfach, der Möglichkeit nach aber
mehrfach ist: so sehen wir es auch bei einer andern Theilung der
Seele an den Insecten, wenn man sie durchschneidet.
26. Das Princip der ernährenden Seele ist offenbar sowohl
der Wahrnehmung nach, wie auch aus Verstandesgründen, in dem
mittlem der drei Theile (des voll ausgebildeten Thiers). Denn
viele Thiere, wenn man ihnen den einen oder andern jener Theile
nimmt, entweder den, welcher Kopf genannt wird, oder den,
welcher die Nahrung in sich aufnimmt, leben fort mit dem, woran
der mittlere Theil blieb. So verhält es sich augenscheinlich bei
den Insecten, z. B. bei den Wespen und Bienen. Und auch von
den nicht eingekerbten Thieren können viele .vermöge des Ernährenden
zerschnitten fortleben; denn sie haben diesen Theil
(der Seele) in Wirklichkeit einfach, der Möglichkeit nach aber
mehrfach, indem sie eben so verschmolzen sind wie die Pflanzen.
Denn auch die Pflanzen, wenn man sie theilt, leben getrennt fort,
und aus einem Anfange werden viele Bäume. Aus welchem Grunde
aber manche Pflanzen getheilt nicht fortleben können, andere sich
durch Stecklinge vermehren lassen, wollen wir an einem andern
Ort untersuchen. Auch hierin verhalten sich die Pflanzen auf
gleiche Art wie die Insecten; die ernährende Seele muss auch bei
ihnen in Wirklichkeit zwar einfach, jedoch der Möglichkeit na'ch
mehrfach sein. Eben so auch die empfindende Seele; denn Empfindung
haben offenbar die, getrennten Theile. Doch sich in
ihrer Natur erhalten können nur die Pflanzen, jene nicht, indem
sie die zur Erhaltung erforderlichen Organe nicht haben, und einige
24) De anima I, cap. 9. pag. Hl h.
25) Ibid. II, cap. 2. pag. 413, b.
26) De juvent. et senect. cap. 2. pag. 468 a. b.
des die Nahrung ergreifenden, andere des sie in sich aufnehmenden
Organs, andere anderer, oder jener beiden ermangeln.
27. Eingekerbt zu sein, ist ihnen nothwendig; denn das
waltet vor in ihrem Wesen, viele Principien zu haben, und darin
gleichen sie den Pflanzen, können auch gleich diesen getrennt
'ortleben, doch jene' nur für eine Weile, diese dagegen werden
ihrer Natur nach wieder vollständig, und der Zahl nach aus einer
zwei oder mehrere.
28. Die Pflanzen gleichen, wie gesagt den Insecten, getrennt
leben sie fort, und aus Einer werden zwei oder mehrere. Allein
die Insecten bringen es zwar bis zum Fortleben, doch nicht auf
lange Zeit; denn das in jedem befindliche Princip hat keine Organe,
und kann sich dieselben nicht bilden. Das in der Pflanze
befindliche dagegen vermag das, denn diese hat der Möglichkeit
nach überall die Wurzel und den Stengel. Daher kommen an ihr
stets junge und ältere Triebe vor, die sich, weil sie langlebig sind,
wenig unterscheiden. Eben so die Stecklinge; denn auch beim
Stecken, könnte man gewissermassen sagen, finde dasselbe statt,
da das Gresteckte doch nur irgend ein Theil ist. Was aber beim
Stecken an getrennten Theilen, das findet dort am Zusammenhängenden
statt. Der Grrund davon ist, dass das der Möglichkeit
nach seiende Princip überall waltet.
29. In Betreff der Ortsbewegung ist zu untersuchen, was
denn das Thier zur fortschreitenden Bewegung bestimmt. Dass
nicht etwa die ernährende Kraft, ist klar; denn diese Bewegung
erfolgt stets wegen etwas, sei es eine Vorstellung oder ein Verangen,
und kein Thier, was nicht Verlangen oder Abscheu hat,
oewegt sich ohne Zwang, Auch würden sonst die Pflanzen beweghch
sein, und irgend ein Organ der Bewegung haben.
30. Nach dem, was früher in andern Schriften über die so-
27) De partib. animal. /F, cap. 6. pag. 682 b.
28) De vita longa et brevi cap. 6. pag. 467 a.
29) De anima III, cap. 9. pag. 432 b.
30) De somno et vigii. cap. 1. pag. 454 a.