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286 B a c h III. Kap. 4. §.
Gunst seinen Freunden. Von dieser Liebhaberei wandte er sich
zur Plastik und ergötzte sich daran in Wachs zu modelliren, in
Erz zu giessen und zu schmieden. Darauf beschloss er seiner
Mutter ein Denkmal zu errichten; bei welchem Unternehmen er
sich durch Sonnenbrand eine Krankheit zuzog, und am siebten
Tage starb. Durch sein Testament ward das römische Volk zu
seinem Erben eingesetzt." ~ Von seinem botanischen Treiben erzählt
Plutarchos „Er bauete giftige Grewächse eigenhändig,
nicht bloss Bilsen und Nieswurz , auch Schierling, Sturmhut und
Doryknion (vielleicht ein Colvplvulus) in den königlichen Gärten
säend und pflanzend, und ein Studium daraus machend, ihre Säfte
und Früchte zu kennen und rechtzeitig zu sammeln." — Ernst
muss es dem Könige freilich mit seinen Studien gewesen sein, er
hinterliess sogar ein eigenes Werk über den Landbau, das Varrò
empfahl, Columella und Plinius 2) benutzten; von seinen Arzneimischungen
bewahrte Galenos^) nicht nur mehrere auf, sondern
rühmte auch wiederholt seinen Eifer in der Erforschung der Kräfte
der Arzneien, obgleich er wenig darüber geschrieben zu haben
scheine''). Dass er aber wie Mithridates an Verbrechern mit Giften
experimentirt habe, geht aus der einzigen Stelle des Galenos
die es beweisen sollte, — Andere schweigen gänzlich darüber, —
nicht bestimmt genug hervor, als dass ich ihm auch diesen Frevel
noch aufbürden möchte. Sie lautet: „Dieser Mithridates beeiferte
sich, wie bei uns (Galenos war aus Pergamon) Attalos, über fast
alle einfachen Arzneimittel Erfahrungen zu sammeln, in wiefern
1) Plutarch, vita Demetrii, in operum edit. Paris. 1624 toni. 2, pay. 897 F.
Eine neuere Ausgabe ist mir nicht zur Hand.
2) Varrò de re rustie. /, cap. 1 sect. 8. — Columella de re rustic. I,
cap. 1 sect. 8. — PI in. hist. nat.XVJlI, cap. S sect. 5. Auf die Schwierigkeiten,
die man in diesen Stellen gefunden, komme ich im Kapitel über die Georgiker
dieses Zeitraums zurück.
3) Galen. XJII, pag. 416 edit. Kühn.
4) Ibidem XII, pag. 251.
Ò) Ibidem XIV, pag. 2.
B u c h IIL Kap. 4. 39, 287
sie den Giften entgegen wirkten, indem er ihre Wirkungen an
Verbrechern, die zum Tode verurtheilt waren, erprobte."
§. 39.
M i t h r i d a t e s , König von Pontos.
Bei Mithridates ist es nach vielen übereinstimmenden Zeugnissen
nur zu gewiss, dass er auf die so eben beschriebene Weise
experimentirte. Ob das, wie man anzunehmen pflegt, wissenschaftliche
Studien waren? Ob der König überhaupt jemals dergleichen
gemacht hat? Man rühmt auch seine Sprachkenntniss,
und mit Recht, auch sie verrathen den hoch begabten Geist, nur
nicht grade den Avissenschaftlichen. Hatte er doch täglich Wichtigstes
mit Männern aller Zunge zu verhandeln. Wo hätte er auch
Zeit und Sammlung finden sollen zu Avissenschaftlichen Bestrebungen
bei seinem von früh an bewegten Leben, bei der Regierung
eines ausgedehnten, aus widerstrebenden Elementen gewaltsam zusammengekneteten
Reichs, bei dem dreissigjährigen Kampf mit
Roms unendlicher Ueberlegenheit? Die Hauptstelle bei Plinius i),
aus der man den Mithridates ganz anders auffassen zu müssen
glaubte, rücke ich hier ein. Plinius spricht von den vielgepriesenen
Arzneikräften der Pflanzen, welche die Römer, den Cato und Valgius
ausgenommen, mehr als billig vernachlässigt hätten; dann
fährt er fort: „Vorher hatte darüber bei uns, so viel ich fand, nur
Lenäus, der Freigelassene Pompejus des Grossen geschrieben, zu
dessen Zeit diese AVissenschaft meines Wissens zuerst zu uns gelangte.
Denn Mi t h r i d a t e s , der grösste König seiner Zeit, welchen
Pompejus bekämpfte, wird nicht bloss der Sage nach, sondern
erwiesenermassen für besorgter um sein Leben, wie irgend jemand
zuvor, gehalten. Ihm allein kam es in den Sinn, täglich nach
dem Gebrauch eines Gegengiftes Gift zunehmen, um es durch
die Gewöhnung daran unschädlich zu machen. Er zuerst erfand
allerlei Gegengifte, von denen eins (der Mithridat) noch jetzt
seinen Namen trägt. Für seine Erfindung hält man es, den Geo-en-
1) Plin. hist. nai. XXV^ cap. 2 sect, 3,
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