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246 B u c h III. Kap. 2. §. 32.
zureclmet. Sein Biograph lässt ihn lange Zeit in Aetolien zubringen
aus keinem andern Grunde, wie es scheint, als weil er
ein Werk über Aetolien hinterliess, worin er die Flüsse Ortschaften
nebst andern Eigenthüralichkeiten, auch die P f lanzen des
L a n d e s , beschrieben haben soll. In dem Verzeichniss seiner
veriorenen Werke bei Fabricius kommen aber viele Werke ähnlicher
Art vor, zuerst die Aetolika, dann Böotika Thebaika Kolophonika
Oetaika Sikelika. Er muss also entweder, wovon wir
aber nichts weiter hören, viele Reisen gemacht, oder gleich andern
Grammatikern die Kunst verstanden haben, ohne Sachkenntniss,
worüber ihm gerade einfiel, zu schreiben. Ja es gab eine Sage,
die ihn, der auch ein Gedicht über den L a n d b a u geschrieben,
zum Zeitgenossen des Aratos, des Sängers der Sternbilder machte,
und beiden Dichtern ihre Aufgaben von Antigonos Gonatas, dem
Könige von Makedonien stellen liess, dem Aratos die astronomische,
eben weil er von Astronomie, dem Nikandros die landwirthschaftliche,
weil er von der Landwirthschaft nichts verstand;
und es scheint, als hätte schon Cicero i) diese Sage vor Augen
gehabt, als er dem Crassus die Worte in den Mund legte: „wtnn
es fest steht unter den Gelehrten, dass Aratus ohne philosophische
Kenntniss in schmuckreichen trefflichen Versen vom Himmel und
den Gestirnen gesprochen; wenn über den Landbau der vom
Landleben weit entfernte Nikander Kolophonius, vermöge einer
gewissen poetischen, nicht bäurischen Anlage vorzüglich geschrieben:
warum sollte nicht der Redner beredt über Dinge sprechen
können, die er sich nur zu bestimmten Zwecken auf eine Zeit
lang merkte?" Diese mit dem Zeitalter der beiden Dichter ganz
unvereinbare Sage erklärt einer der Biographen des Aratos dadurch^,
dass es zur Zeit des Antigonos wirklich einen Mkandros
aus Kolophon gegeben, der aber Mathematiker gewesen sei. Doch
schon dass sie entstehen konnte, wirft ein eigenthümliches Licht
auf die beiden Dichter.
Von seinen Werken erhielten sich vollständig nur zwei
1) Cicero de oratore 1\ cap, 16,
B u c h l l L Kap. 2. §.32. 247
Lehrgedichte in Hexametern, die A l e x i p h a rma k a , Heilmittel
gegen Gifte, und die The r i aka , von giftigen Thieren. Beide
hat Schneider i) nach einander herausgegeben.
In dem ersten der beiden Gedichte von 630 Versen werden
21 Gifte, darunter 2 mineralische, 8 thierische, 11 pflanzliche aufgeführt.
Die dagegen empfohlenen Mittel gehören fast alle zum
Pflanzenreich. Die Schilderung der Zufälle nach der Vergiftung
ist meist lebendig und naturgetreu; die Pflanzen aber, sowohl die
giftigen wie die giftwidrigen, werden nur genannt, höchstens zuweilen
mit einem geographischen oder mythologischen Zusatz. Ein
eigentlich botanischer Inhalt fehlt also diesem Gedicht ganz, —
Etwas gehaltreicher für den Botaniker wie auch für den Zoologen
sind die aus 958 Versen bestehenden Theriaka. Nach vorausgeschickter
Angabe einiger Mittel zur Verscheuchung giftiger
Thiere und Vorsichtsmaassregeln beim Uebernachten unter freiem
Himmel folgt die oft recht naturgetreue, seltener fabelhafte Beschreibung
der gewöhnlichsten und gefähriichsten jener Thiere.
Mit Vers 493 beginnt die Aufzählung der Mittel gegen Verletzungen
durch dieselben, ohne Beziehung bestimmter Mittel auf
die Verletzung durch bestimmte Thiere. Wiederum fast lauter
Pflanzenmittel, unter denen die meisten wieder nur genannt, nur
wenige mehr oder minder genau bezeichnet werden. Drei Pflanzen,
die Chironswurzel, die Aristolochia und das Trisphyllon, werden
für sich allein gegen alle thierischen Gifte ohne Unterschied
gepriesen; ihnen folgen zusammengesetzte Mittel, und den Schluss
1) Nicandri Alexipliarmaca, seu de venenis in poüi cibove homini datis
eorumqiie remediis carinen. Cum scholiis graecis et Eutecnii sophistae paraphrasi
graeca. Ex lihris scriptis emendavit animadoersionihusque et paraphrasi latina illustravit
Jo. Gottloh Schneider Saxo. Halae, 1792, 8. — Nicandri Colophonii
Theriaca, idest de bestiarum venensis eorumque remediis carmen. Cum scholiis
graecis auctioribus, Eutecnii metapkrasi graeca, editoris latina, et carminum perditarum
fragmentis, ad Uhrorum scriptorum fidem recensuit emendavit et brevi annotatione
illustravit Jo. Gottlob Schneider Saxo. Lipsiae] 1814, 8. — Letzterem
Werke sind Nachträge und Verbesserungen zu ersterem vorgedruckt,
und ein Register über beide Gedichte und die in den Scholien citirten
Schriftsteller hinzugefügt.
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