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B u c h HI. Kap. 1. §. 29,
dauerhafteren Schreibmaterials, des noch jetzt nach Pergamon
benannten Pergaments
Der ihm folgende Attalos IL Phi ladelphos scheint sich
mehr mit der Kunst als Literatur beschäftigt zu haben. Der nun
folgende und letzte König von Pergamon, At talosI I l . Philomet
o r , der bei seinem Tode 133 v. Chr. sein Reich den Römern
A'crmachte, AA^ar ein so unbegreiflich schlechter Regent, dass Schlosser)
annimmt, er müsse wahnsinnig gewesen sein. Als Finsterling
unter den Naturforschern und Schriftsteller über den Landbau
Averden Avir ihn noch näher kennen lernen.
Bevor Avir nun die einzelnen Schriftsteller des alexandrinischen
Zeitalters mustern, Avollen wir noch einen nicht unerheblichen Irrthum
aufzuklären versuchen, der sich aus der Geschichte der
Medicin auch in die der Botanik einschlich.
§. 29.
D i e Pharmakeutik im Sinn der Alexandriner.
Zu den wenigen Wissenschaften, die in Alexandrien oder
überhaupt im alexandrinischen Zeitalter grosse Fortschritte machten,
dürfen wir, Avie schon bemerkt ward, die Botanik nicht zählen.
Im Gegentheil als selbstständige Wissenschaft hörte sie bei den
Alten mit Theophrastos und seinen Zeitgenossen beinahe ganz
auf; fast nur als Dienerin der Arzneimittellehre bestand sie fort,
1) Auch ein Museum nach Art des alexandrinischen glaubte Küster,
der Herausgeber des Suidas (toin Il^jmg. 578, oder edit. Beruh., ZZ, pag. 890
not.) zur Erklärung einer dunklen Stelle seines Schriftstellers in Pergamon
voraussetzen zu dürfen. Diese Hypothese, der es an jeder Begründung fehlt,
ward gleichwohl von Nachfolgern begierig ergriffen, ausgeschmückt uad als
Thatsache behandelt; ja Sprengel ging in den beiden ersten Auflagen seiner
Geschichte der Medicin (S. 373 der ersten, 559 der zweiten, die ich nach
Wegener citire) so weit, das alexandrinische Museum „vi e l l e i cht nach
dem Muster des pergamenischen angelegt'' zu nennen; bis endlich
W e g e n e r {de aula Ai/alica, pag. 87 sgq,) die völlige Haltlosigkeit jener
Hypothese nachwies. Worauf denn auch aus der dritten Ausgabe des
sprengelschen Werks jene Worte verschwanden.
2) Schlosser j universalhistorische Uebersichf^ Theil AhtheiL Seite S 4.2.
B u c h IIL Kap. 1. §. 29. 219
die wir daher von jetzt ab nicht mehr ausser Acht lassen dürfen.
Wenn aber Haller, Sprengel, und vor und nach ihnen viele Andere,
die ich nicht nenne, sich einbildeten, schon früh durch Herophi los
und E r a s i s t r a t o s , zwei grosse alexandrinische Aerzte und Stifter
zweier medicinischer Schulen unter der Regierung der beiden
ersten Ptolemäer, hätte sich die A r zne imi t t e l l ehr e unter dem
Namen der Pharmakeut i k von der Chirurgi e und eigentl
i c h en Medici n oder sogenannten Diätet i k in der Art getrentn,
dass der eigentliche Arzt oder Diätetiker sich eben so wenig um
die Kenntniss der Arzneimittel bekümmert, Avie der Pharmakeut
Kranke behandelt hätte: so war das ein Irrthum, hervorgegangen
aus Missverständniss einer, wie ich hinzusetzen darf, nicht ganz
unverdorben auf uns gekommenen Stelle des Celsus, die leider in
dieser irrigen Auffassung maassgebend geworden ist für viele
spätere Bearbeitungen der Geschichte der Medicin. Die Sache
ist zu wichtig, um sie kurz abzufertigen,
Celsus sagt in der Vorrede zu seiner Medicin, nachdem er
die beiden Aerzte Plerophilos und Erasistratos angeführt; 5,Um
diese Zeit spal tet e sich die Medici n in drei Thei le, von
denen einer durch die gesammte Lebensweise (victu), der
zweite durch Arzneimittel, der dritte durch die Hand
heilte. Den ersten nennen die Griechen den d iätet i s chen, den
zweiten den pharmakeutischen , den dritten den chirurgischen.'^
— Nachdem er hierauf die Diätetiker nochmals in Kationalisten
und Empiriker unterschieden^ handelt er in den vier
ersten Büchern von den verschiedenen innern Krankheiten und der
einer jeden zuträglichen D i ä t mit Einschluss äusserer Mittel dagegen,
als Einreibungen u. d. gl.; im fünften und sechsten von
den Arzneimi t tel n und ihrer Anwendung, sö dass er zuerst
die Arzneimittel für sich nach ihren Wirkungen classiiicirt,
sodann die Krankheiten nochmals durchgeht mit Angabe der gegen
sie anzuwendenden Mittel; endlich im siebten und achten von
den chirurgischen Krankheiten (Wunden u. s. av.) und deren
chirurgischer Behandlung. Offenbar verband er also mit den
Worten D iä t e t i k und Pharmakeut i k ganz andere Begriffe als
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