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74 B u c h L Kap. 2. §. 12.
seiner ganzen Philosophie, Grleiches werde durch Gleiches
erkannt, Gleiclies nur von Gleichem afficirt, und Gleiches strebe
zu Gleichem. Das Begeistende, Belebende, überhaupt Bewegende
in der Natur war ihm das aus den kleinsten beweglichsten kugelichen
Atomen bestehende Feuer. Menschen und Thiere athmeten
es mit der Luft stets ein und aus, ganz fehlte es keinem
Körper; und in diesem Sinn, ganz anders als Anaxagoras dasselbe
aussprach, durfte er sagen „Alles sei der Seele theilhäft, selbst
den Leichen der Körper fehle es nicht ganz an Wärme und Empfindung,
welche sie durchwehn;^^ — wieder ein Satz, den spätere
Magiker und Nekromanten sich trefflich zu Nutz machen konnten.
Von seiner Phytologi e haben sich nur zwei Aussprüche
erhalten: nach Theophrastos sagte er, die schnellwüchsigen kurzlebigen
Pflanzen besässen grade Adern, durch welche der Saft
und im Winter die Kälte rascher eindrängen; und Nikolaos Damaskenos
zählt ihn zu den Philosophen (Anaxagoras, Demokritos,
Empedokles), die auch den Pflanzen Verstand und Einsicht
beilegten. Beides bedarf nach dem Gesagten keiner Erläuterung
mehr, und Hesse sich sogar, wenn man wollte, mit Hülfe jener
Angaben in demokritischem Geiste leicht noch weiter ausführen,
§. 12.
P 1 a t o n.
Gedenke ich endlich noch, bevor ich zu Aristoteles, dem
Gründer wissenschaftlicher Botanik, übergehe, des Piaton 4), so
geschieht es mehr des historischen Zusammenhangs wegen, und
um auch mit diesem unsterblichen Namen mein vergängliches Buch
zu schmücken, als aus Ueberschätzung der wenigen Worte, die er
beiläufig der Natur der Pflanzen widmete.
1) Plutarch, de placit. philos. IV, cap. 4.
2) Theophr. de caus. plant. II, cap. 11. sect. 7, 8.
3) Nicol. Dumas c. de plant. I. cap. 2. ^
4) Brandis, Handb. d. Gesch. d. griech. rim. Philos. Thl. II. Ahth. /, 18M,
handelt von S. 134 bis zu Ende nur von Platon. Hierher gehört besonders
S . 350 fF.
B u c h I. Kap. 2. 12. 75
Geboren 429 oder 428, gestorben 347 v. Chr. i ) , lebte er meist
in Athen als einer der eifrigsten Schüler des Sokrates, nach dessen
Tode aber im Jahr 399 v. Chr. mit selbstschöpferischem Geist
seines Meisters Lehre erweiternd fortbildend und künstlerischwissenschaftlich
gestaltend. Den Namen der akademischen
erhielt seine Schule nach einem mit Tempeln reich geschmückten
öffentlichen Ort bei Athen, der Akademie, unter deren schattenreichen
Platanen er seine Vorträge zu halten pflegte. Er, hatte
Aegypten, Kyrene, Unteritalien und sogar dreimal Sicilien besucht,
aber schwerlich, wie erzählt wird, angelockt durch das Wunder
des Aetna, die Geheimlehre der Pythagoreer und Magier. Kenntnisse
mancher Art, besonders auch mathematisch - astronomische,
mag er auf diesen Reisen gesammelt haben; doch mehr als die
Natur beschäftigten ihn menschliche Sitten und Einrichtungen, und
vor allem war sein Geist stets auf das Ewige gerichtet. Sehr begreiflich
daher, dass er nächst Sokrates dem Eleaten Parmenides,
nächst diesem den Pythagoreern die höchste Achtung erwies, dass
ihn die ionische Schule weniger ansprach. Von Anaxagoras lässt
er den Sokrates sagen, er hätte die Mittel, durch welche die
höchste Ursache, die Gottheit wirkt, mit dieser selbst verwechselt;
und im Timäos, dem einzigen seiner Dialoge naturphilosophischen
Inhalts, unterscheidet er gleich am Eingange das immer Seiende
IJnentstandene, was die Vernunft im Denken erfasst, von dem
Werdenden niemals Seienden, was mit den Sinnen erschauet wird,
und worüber sich nur Meinungen hegen lassen. Ueber dieses will
sein Timäos reden, und verspricht daher wie Parmenides statt der
Wahrheit nur das Wahrscheinliche; weiterhin nennt er diese Beschäftigung
sogar eine blosse Erholung vom ernsteren Nachdenken
über das Seiende, eine untadelige Lust, ein verständiges Spiel.
Und so redet er nicht aus Geringschätzung der Natur, wie wohl
neuere Idealisten pflegen, — denn er nennt sie ein Werk Gottes,
der, weil er gut ist und ohne Neid, nur das Schönste wollen und
wirken kann, — sondern im Gefühl menschlicher Unzulänglichkeit
1) Clinton, fasti Hellen, ad ann. 347.
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