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206 Buch III. Kap. 1. §. 20.
Alten und Neuen verhindert, und die doppelte Tradition über den
ersten oder zweiten Ptolemäer als eigentlichen G " ründer vorzüaol ich
begÖü nstioor t,• u. s. w."
P t o l e m ä o s Soter, Avemi wir die Zeit seiner Satrapie mitrechnen,
hatte vierzig Jahr (bis 283 v. Chr.) geherrscht, sein Sohn
P h i l a d e I p h o s herrschte, nachdem er bereits zwei Jahr lang das
Regiment mit seinem Vater getheilt, noch sechs und dreissig Jahr
lang (bis 247 v. Chr.), in seinen Kriegen nur gegen Syrien und
Kjrene mit wechselndem GcAvinn und Verlust, sonst im Ganzen
glücklich, im Innern nur einmal beunruhigt durch keltische Söldlinge,
die er selbst gegen Kyrene herbeigerufen, und deren er sich
nicht ohne Noth wieder entledigte. Der Handel stieg auf den
Gipfel seiner Blüthe, ägyptische Flotten beherrschten das Mitteidas
schwarze und das rothe Meer, und gingen aus ersterem regelmässig
bis nach Madera, aus letzterm bis Abyssinien Persien und
Ostindien; Karavanen trafen aus dem Innern Asiens und Afrikas
in Alexandrien zusammen. Die Nachrichten der Alten über die
Schätze des Ptolemäos Philadelphos, die nächst dem Handel und
der Kriegsbeute auch aus den Goldminen Oberägyptens flössen,
und durch Bedrückungen aller Art zusammengeraiFt wurden, grenzen
an's Unglaubliche. Schwelgerei und Grausamkeit, zumal gegen
Mitglieder der eigenen Familie, waren aber damals so an der
Tagsordnung, dass sie in den Augen der Zeitgenossen den Glanz
seiner Kegierung nicht verdunkelten. Ja der Wissenschaft soll
die Erschöpfung der Gesundheit des Königs durch wollüstige
Ausschweifungen sogar zu gute gekommen sein; so erzählt wenigstens
Strabon^):
„Die Alten wussten bloss durch Vermuthung, die Spätem
aus eigner Anschauung, dass der Nil durch Sommerregen anschwelle,
welche Ober-Aegypten, besonders die äussersten Gebirgsgegenden
begiessen, und dass, wenn der Regen aufhört, auch
allmälig die Ueberschwemmung sich vermindert. Dies ward besonders
denen klar, welche den arabischen Meerbusen bis zur
1) Strabo XVIIj cap, 1. pag. 789. edit, Casauhonu
B u c h HL Kap. 1. §. 26. 207
Zimmetgegend beschiiFten, und denen, welche Leute auf die Elephantenjagd
ausschickten, und wenn noch andere Geschäfte die
Ptolemäer, Aegyptens Könige, veranlassten Männer dahin abzusenden.
Denn diese kümmerten sich um solche Dinge; besonders
war der mit Beinamen Phi l ade lphos wissbegierig, und suchte
w e g e n seiner KörperschAväche immer neue Zers
t r e u u n g e n und Gegenstände des Vergnügens.^'
Ein einziger Aufzug, den Ptolemäos Philadelphos zur Feier
derDionysien anordnete, und dessen Beschreibung uns Athenäos
im Auszuge erhalten hat, zeigt einen Reichthum, eine Pracht und
Verschwendung, einen Zusammenfluss von Kunst- und Natur-
Erzeugnissen, wogegen alles Aehnliche, was Europa je gesehen,
oder was die märchenreiche Scheherazade zu erfinden vermocht,
in nichts verschwinden. Einen Auszug aus jenem Auszuge lieferte
Manso-), aus diesem will ich wieder nur ein kleines Bruchstück
mittheilen, doch hinreichend zur Bekräftigung meiner Aussage.
Ich übergehe die Beschreibung des königlichen Speisezeltes
mit Hunderten goldener Gefässe, goldener Tische auf silbernen
Füssen, mit Teppichen und ausgezeichneten Thierfellen überladen,
bis auf den Einen Punkt, dass ringsum zu einer Zeit, in der die
Vegetation ruhte, Myrten Lorbeeren und andere Gewächse prangten,
und Blumen aller Art gestreuet waren. „Denn Aegypten,
setzt der Berichterstatter hinzu, erzeugt vermöge der Gunst des
Klima's und der Geschicklichkeit seiner Gärtner immerfort in
Ueberfluss, was anderswo nur zu gewissen Zeiten sparsam gedeihet,
so dass es fast nie an Rosen Violen nnd jeder andern
Blumenart gebricht." — Von einer Reihe von Aufzügen, allen
Göttern gewidmet, hebt der Berichterstatter nur den Einen hervor,
der dem Dionysos galt. Er bestand, ausser den Fussgängern und
Reitern in den verschiedensten Costümen, welche grossentheils
goldene und andere prachtvolle Geräthe trugen, aus acht bis zehn
1) Athen. F, cap. 6 — 8, pag. 196a—203 d.
2) Manso verm. Sehr. / / , S. 366 ff. Vergl. Schlosser^ universalhistor.
lieber sieht II, Abtheil I. S. 110 ff.
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