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272 Bucli III. Kap. 3. §. 35.
daher den Cliers one s i t e n und Verfasser der Sondernaturen
von demAegyptier und Verfasser der Epigramme über die
\ \ underdmge. Schwerlich mit Eecht; denn Antigonos kannte
seinen Archelaos offenbar nur oberflächlich, es waren ihm nur ein
Paar seiner Epigramme in die Hände gefallen; die Abweichungen
m Titel und Vaterland sind also sehr begreiflich, ohne dass man
zwei Personen anzunehmen braucht; die Hauptsache aber, der Inhalt
ihrer Arbeiten, lässt uns an ihrer Identität kaum zweifeln.
Und nun folgt bei Plinius im Verzeichniss der zum acht und
zwanzigsten Buch benutzten Schriftsteller unmittelbar auf „Orp
h e u s , der die S o n d e r n a t u r e n , Archelaus, der desgleic
h e n geschrieben;" und in jenem Buche selbst i) heisst es zwei
mal2)kurz nach einander: „ O r p h e u s und Ar che l aus sagen"
Was er^ sie sagen lässt, athmet ganz den Geist der Epigramme
bei Antigonos. Das alles zusammengenommen leidet es keinen
Zweifel, dass Archelaos der Chersonesite in Aegypten zur Kurzweil
seines königlichen Herrn kein eigenes Werk schrieb, sondern
die angeblich orphischen Sondernaturen ganz oder theilweise in
Epigramme umformte, also — später lebte als sein Vorbild.
Wäre nun A n t i g o n o s Kar y s t i OS wirklich, wie man seit Vossius
anzunehmen pflegte, des Ptolemäos Philadelphos Zeitgenosse,
der kaum drei Jahr nach des Theophras tos Tode, also, wi^-
wir sahen, vor dem falschen Orpheus, den Thron bestieg, so würde
uns der Zeitraum für unsern Pseudo-Orpheus fast zu eng. Dagegen
erhoben sich aber neuerlich zwei gewichtige Stimmen.
Clinton 3) fand bei Antigonos selbst Bezugnahmen, die auf die
Eegierungsperiode des d r i t ten Ptolemäers hinweisen, und setzte
ihn demnach bis zum Jahr 225 v. Chr. herab; Lobeck 4) sogar
.. 1) Plin. XXVin, cap, 4 sect. 6 und 10.
2) Lobeck l. c. pag. 150 sagt sogar: „Ut Plinius docet, mul t i s locis
utrumque conjungens" ; doch konnte ich ausser den beiden Stellen, die Lobeck
selbst citirt, keine dritte finden.
3) Clinton fasti Hellenici from the 124 Olymp, to the death of Auqustus
{1830); ad annum 225.
4) Lobeck l. c. (782,9) pag. 749.
Buch III. Kap. 3. §. 35. 273
mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis in die Periode des siebt
e n Ptolemäers, das heisst zwischen 146 bis 117 J. v. Chr., indem
erzeigte, wie die Stelle bei Eusebios, woraus man auf das
Alter des Antigonos geschlossen, missverstanden wäre. Zugleich
machte er darauf aufmerksam, dass einer der Ptolemäer
s e l b s t Sondernaturen hinterlassen, aus denen ein Biograph
des Aratos noch vier Verse erhalten, und erklärte sowohl
diesen, wie auch jenen Ptolemäer, dem zu Gefallen Archelaos
seine Sondernaturen dichtete, unbedenklich gleichfalls für den
s i e b t e n . Dagegen erlaube ich mir indess zu erinnern, dass wenn,
wie auch mir sehr wahrscheinlich ist, Antigonos unter Ptolemäos VII
Physkon lebte, Archelaos unter einem der frühern Ptolemäer gelebt
zu haben scheint, weil sich jener über diesen keineswegs wie
über einen Zeitgenossen, sondern vielmehr wie über einen längst
verschollenen Mann, von dem nur noch ein paar Epigramme übrig
geblieben, ausspricht.
Zu demselben Resultat komme ich noch auf einem andern
Wege. Nachdem der Scholiast des Nikandros^) aus den Sondernaturen
des Archelaos ein Histörchen mitgetheilt, fährt er fort:
„doch A n d r e a s sagt, das sei falsch u. s. w." Andreas schrieb
also nach Archelaos, und ward, wie ich früher zeigte2), wahrscheinlich
in der Schlacht bei Rhaphia im Jahr 214 v. Chr. ermordet.
Ist das richtig, so lässt sich Archelaos spätestens in
die Zeit des vierten, wahrscheinlicher in die des d r i t ten Ptol
e m ä e r s setzen; und dann scheint es dieser König zu sein,
der, vielleicht wetteifernd mit Archelaos, selbst Sondernaturen,
vermuthlich auch orpl i ische, in Disticha umschrieb. Die vier
von ihm noch übrigen Verse enthalten freilich nur das Lob des
Aratos, scheinen aber auch nur den Eingang der Epigramme gebildet
zu haben.
1) Schal, ad Ni candr. theriac. vers. 823.
2) Seite. 235.
3) In der Vita Aral.i, in Petavii uranologion, Lutei. Paris. 1630 foh,
pag. 270.
Meyer, Gesch. d. Botanik. I, 18
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