82 Buch IL Kap. 1. 14. Buch II. Kap. 1. 14. 83
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verehren lernte. Noch in seinem Testament, woraus uns Diogenes
Laertios einen Auszug erhalten hat, verordnete er dem Proxenos
eine Bildsäule zu errichten, und seine Tochter mit dessen Sohn
zu vermalen.
Siebzehn Jahr alt (367 v. Chr.) begab er sich nach Athen, wohin
etwa drei Jahr darauf auch Piaton von seiner zweiten sicilianischen
Reise zurückkehrte, und er verweilte dort im Ganzen zwanzig
Jahr lang, also, abgesehen von der Unterbrechung durch Piatons
dritte sicilianische Reise, siebzehn Jahr lang in dessen Nähe.
Ob stets mit ihm in gutem Vernehmen? darüber sind die Berichte
getheilt, und die verschiedene Richtung beider Männer lässt einen
ununterbrochenen Einklang unter ihnen kaum erwarten; allein von
dem Verdacht eines unziemlichen Benehmens, ja des Undanks
gegen seinen grossen Lehrer hat Stahr ihn gründlich gereinigt.
Man gefiel sich früh in bösen Nachreden über ihn; doch lassen
sie sich meist auf eine gemeinschaftliche Quelle, auf den Neid des
Epikurosi) zurückführen, der ihn nicht allein, sondern mehrere
gleichzeitige Philosophen mit den giftigsten Verläumdungen überschüttet
haben soll. Zu diesen Verläumdungen rechnet Aristokles
Messenios, einer der glaubhaftesten Zeugen, unterandern auch die
Sage, Aristoteles hätte sein väterliches Erbe früh vergeudet, Kriegsdienst
genommen, und sich darauf in Athen als Pharmakopole
ernährt.
Schon während dieses seines ersten Aufenthalts zu Athen
scheint Aristoteles als Schriftsteller und Lehrer, wenn nicht der
Philosophie, doch der wahren Beredtsamkeit gegen den Schönredner
Isokrates aufgetreten zu sein. Auch bei Philippos soll er damals
den Athenern Dienste erwiesen, und sich sogar zu einer diplomatischen
Sendung an ihn hergegeben haben. Doch erfolglos.
Denn ohne seine grossen politischen Pläne ganz aufzugeben, konnte
Philippos die Athener und deren Bundesgenossen in den thrakischen
Küstenstädten nicht dulden. Dreissig derselben zerstörte
1) „Epicurus contumeliosissime Aristotelem vexavit," Cicero de natura
deorum cap, 33.
er nach und nach, im Jahr 348 v. Chr. auch Stageira, und im folgenden
Jahre führte er gegen das mächtige Olynth einen Hauptsclilag,
der die Athener mit Erbitterung und Besorgniss gegen
ihn erfüllte.
Kurz zuvor war auch Piaton gestorben, und Aristoteles folgte
(348) der Einladung seines Freundes Hermeias nach der mysischen
Küste Kleinasiens, die damals auf kurze Zeit das persische
Joch abgeschüttelt hatte, und von jenem Hermeias geleitet ward.
Mancherlei kann ihn dazu bewogen haben, die Freundschaft zu
Hermeias, der längere Zeit mit ihm in Athen gelebt hatte, der
Trieb, Welt und Menschen zu beobachten, die Besorgniss eines
Krieges zwischen Athen und Philippos, als dessen Anhänger er
den Athenern verdächtig sein musste, oder Piatons Tod: allein
der böse Leumund, das heisst vermuthlich wieder Epikuros, sagte,
Neid gegen Speusippos, den Piaton zu seinem Nachfolger an der
Akademie erkoren, hätte ihn vertrieben. Als jedoch 345 die Perser
Mysien wieder eroberten, und Hermeias durch Verrath in ihre
Hände fiel, floh Aristoteles nach Mitylene, der Hauptstadt der
gegenüberliegenden damals griechischen Insel Lesbos, nachdem er
sich, um sie vor persischer Grrausamkeit zu retten, mit der Pythias,
des liermeias Schwester vermält hatte.
Nicht lange darauf (343) berief ihn Philippos an seinen Hof
nach Pella, und übertrug dem damals ein und vierzigjährigen Manne
die Erziehung seines dreizehnjährigen Sohnes Alexandros.
Schon früher soll er ihm geschrieben haben: „Ich fühle mich den
Göttern zu Dank verbunden, nicht so sehr über des Knaben Geburt,
als darüber, dass sie ihn zu Deiner Zeit Hessen geboren
werden. Denn von Dir erzogen soll er, hoffe ich, meinerund der
Nachfolge auf meinem Thron würdig werden." Und die Hoffnung
täuschte ihn nicht. Unter des Alexandros früheren Erziehern nahmen
Leonidas und Lysimachos den ersten Rang ein; jener, ein
dem König verwandter harter und ungebildeter Mann, hatte den
hochsinnigen Knaben von sich abgestossen; dieser, ein gedungener
Schmeichlor, sich ihm verächtlich gemacht. An den Aristoteles
schloss er sich bald mit solcher Innigkeit an, dass er ihn
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