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30 Bucli I. Kap, 2. §. 5.
larul friilizcitig nicht allein Sklavcnhände, sondern auch fi eicr denkender
Männer Ko})i'e beschliftigte, und wohl geeignet war, die
wissenschaftliche Botanik vorzubereiten. Manche den Landbau
berührende Bemerkungen werden wir alsbald noch bei den Philosophen
antreffen; vorzüglich aber enthalten die botanischen Werke
des Tl ieoj)hra st o s so viel Agronomie, und diese mit Pflanzen-
Physiologie so durchwebt, dass sich daraus allein schon auf nicht
unerliebliche Leistungen der ihm vorangegangenen Georgiker schliessen
lässt.
Zweites Ka])iteL
ir^peculative P-flanzeiiforscliuiigen der Grieclien vor Aristoteles
über die Natur der Pfiaiize.
D i e p h i l o s o p h i s c h e n Schulcn der Ionier,Pythagoreer,
E l e a t e n , Sophisten und Sokratiker.
Unabhängig von den Männern, welche ohne bestimmten Plan
den Schatz naturwissenschaftlicher lirfahrungen und Beobachtungen
allmälig bereicherten , wsuchten andere hoch begabte Männer,
getrieben von brennendem Durst zu begreifen, und zu ungeduldig
ihre Umgebung Stück vor Stück zu mustern, den llauptschliissel
zu den Käthseln der Erscheinung oder, wie Anaximandros sagte,
der Welt Anfang und Urgrund in ihrem Geiste. Auch sie verschlossen
ihre Sinne nicht, allein der Gedanke überflügelte bei
ihnen die Beobachtung, und meist auch noch die Dichtung den
Gedanken, bis sich nach und nach aus der lieblichen Blüthe der
l^oesie die Frucht einer strengeren Philosophie entwickelte. Doch
wer mag leugnen, dass die begeisterte Seele des Dichters die
Natur im Grossen und Ganzen oft richtiger schauet, als das durch
zahllose Kleinigkeiten zerstreuete mikroskopische Auge des Naturforschers?
Bucli 1. Kap. 2. 5. 31
Ks ist merkwürdig, dass unter den drei ältesten philosopliisehen
Schulen der Griechen zwei einen geographischen Namen
fiiliren, und alle drei sich Jalirlmndertc lang in ihrer Verbreitung
ziemlich genau geographisch umschreiben Hessen. Der Grund davon
liegt offenbar in der auf damaligen Zuständen beruhenden
Gewohnheit der nur mündl i che n Mittlieilung, wenn auch vielleicht
einzelne philosopliische Denkspriiclie frühzeitig mögen aufo^
eschrieben sein. Die erste philosophische Schrift soll Anaxi -
m a n d r o s , des Tythagoras Zeitgenosse, geboren vermuthlich Üll
J. V. C., hinterlassen haben. Schnelle und weite Verbreitung
konnten jedoch Bücher in jener Zeit schon deshalb nicht finden,
weil es an jeder regelmässigen Verbindung fehlte, ohne der Kostbarkeit
der Büclier, der Seltenheit der Kunst des Lesens und
Schreibens zu gedenken. Jedenfalls überwog damals die mündhche
Uebcrlieferung an einen Kreis ausgezeichneter Schüler, von
denen die meisten doch wolil der näliern Umgegend des Lehrers
angehören mochten, bei weitem den jetzt so zauberhaften Einfluss
schrifdicher Bekanntmachung.
Die älteste der drei Schulen, die ioni sche, herrschte lange
Zeit ausschliesslich in den griechisclien Kolonien ionischen Stammes
an der Westküste Kleinasiens. Thaies der Milesier,
geboren zwischen 640 und 63G v. C., wird gewöhnlich als ihr
Stifter genannt. Seine Philosophie lehnte sich an alte poetischtheologische
Kosmogenien, deren Alter sich in eine mythische
Zeit verliert, nnd das Hauptproblem, womit sich die ionischen
Philosophen beschäftigten, blieb immer die Bildung der Welt,
nächstdem innerhalb der Natur die Räthsel des Lebens, Geburt
und Sterben, Bewegung überhaupt, also Entstehen und Vergehen,
kurz das Werden und der Wandel der Dinge. Auf die mannichfaltigste
Weise behandelten sie diesen Stoff, anfangs vorwaltend
p a n t h eis t i s c h , später vorwaltend dualistisch, endlich, als
ihnen auch das nicht nach Wunsch gelang, abirrend in Atomis
t i k und Mater ial i smus . Auf ethische Beziehungen, die ihnen
früher ganz fremd waren, wurden sie erst später, vielleicht durch
pythagoreischen Einfluss., geleitet; sich dialektisch zu bewegen
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