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276 B u c h III. Kap. 3. §. 36.
zu P y t h a g o r a s käme, l ieber die (magischen) Wirkungen
d e r P f 1 a n z e n nennt Plinius i) ihn den nächsten bedeutenden Schriftsteller
nach Orpheus, und fügt hinzu, er habe Entdeckung und Anfang
derselben dem Apollo, Aesculapius und überhaupt den unsterblichen
Göttern zugeschrieben. — Nach ihm2) machten Coracest a und
C a l h c i a , zwei Pflanzen, die Plinius weder bei Andern, noch sonst
etwas über sie bei Pythagoros selbst fand, das Wasser gefrieren. Der
in Wasser gekochte Saft derMinyas, auch Corysidi a genannt,
heilte den Biss der Schlangen augenblicklich; wer aber sonst damit
besprengt wurde, oder das davon überströmende Kraut mit
dem Fuss berührte, war unrettbar des Todes, vermöge der ganz
unerhörten Natur des Giftes, ausgenommen gegen andere Gifte.
— Eine andere Pflanze hiess Aproxi s , deren Wurzel aus der
Ferne Feuer fing gleich der Naphtha; befielen aber Krankheiten
während der Blüthe der Aproxis den Körper, so meldeten sich
dieselben auch nach der Genesung aufs neue, so oft die Pflanze
wieder blühete. Eine ähnliche Bewandtniss hatte es mit dem Korn,
dem Schierling und der Viole. — „Ich weiss wohl, fügt Plinius
hinzu, dass dies sein Buch von Einigen dem Arzt Cleemporus
zugeschrieben wird; dem P y t h a g o r a s vindicirt es aber die allgemeine
Meinung und die Alterthümlichkeit. Und selbst das giebt
einem Buche Gewicht, wenn ein Anderer das Werk seiner Arbeit
würdig jenes Mannes erachtete. Doch wer wird das dem Cleemporus,
der andre Werke unter seinem eigenen Namen herausgab,
zutrauen?"
Ausserdem ist uns von Cleemp oro s- nur der Ausspruch
bekannt, den ebenfalls Phnius 3) aufbewahrte, der wei s s e Sonc
h u s sei zwar ein gesundes Nahrungsmittel, der schwarze aber
verursache Krankheiten; und selbst das scheint Plinius nicht einmal
aus der Quelle geschöpft zu haben, denn in seinem Quellenverzeichniss
fehlt Cleemporos. Uns genügt, dass schon damals
1) PI in. XXV, cap. 2 sect. 5.
2) Ibidem XIV, cap. 17 sect. 99—101.
3) Ibidem XXn, cap. 22 sect. U.
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B u c h nr. Kap. 3. §. 37. 277
die Aechtheit der vermeinten pythagoreischen Schrift bezweifelt
ward. Ich füge hinzu, dass nach ausdrücklicher Versicherung
Vieler, deren Zeugnisse Brandis sammelte und durch indirecte
Beweise verstärkte, Pythagoras gar nichts Schriftliches
h i n t e r l a s s e n hat. Freilich möchten wir wissen, wann und wo
diese Fälschung stattgefunden? ob Unteritalien oder Sicilien auch
so eine Werkstätte pseudonymer Bücher wie Alexandrien war?
Dass wenigstens Zaubereien zur Zeit des Ptolemäos Philadelphos
auch in Syrakus bekannt genug waren, zeigt schon des Theokritos
zweite Idylle, die Zauberin. Dunkeler ist aber keine Gegend der
alten Literargeschichte als die des Pythagoras, die auch Lobeck
nur mit leiser Hand zu berühren wagte.
§. 37.
P s e u d o - D e m o k r i t o s oder Bolos Mendesios.
Auf Pythagoras lässt Plinius^), als Schriftsteller über die
(Zauber-) Kräfte der Pflanzen, den Deniokri tos folgen. Schon
zweimal^) hatte ich von'' diesem zu sprechen Veranlassung, bei
den Geoponikern und bei den Philosophen vor Aristoteles. Ich
zeigte, dass die ihm zugeschriebenen agronomischen Fragmente
der Geoponika unächt sind; jetzt handelt es sich, dasselbe von drei
anderen Werken darzuthun, die sämmtlich magischen Inhalts sind:
den Handfesten (so glaube ich die xeiQoyi(.u]ra übersetzen zu
müssen), dem Buch von der Kraf t und Natur des Chamäl
e o n s , und dem über Sympathien und Antipathien.
Den griechischen Titel des ersten Werks, Cheirokmeta,
erläuterte uns Vitruvius Der Verfasser untersiegelte darin, was
er selbst probat erfunden. Eigentlich bedeutet xtiQoxuriTov all s
mit der Hand Verfertigte, wer aber keinen Siegelring führte, drückte
1) Brandis Handh, d. Gesch. d. griech. römisch, PhiJos. S, 434.
2) Lob eck ^ Aglaophamus (ZZ), pag. 892 sqg,
3) Plin, XXV, cap. 2 sect. 5.
4) Seite 16 und 70,
5) Vitruv. de architect. IX praefat. Die Ausgabe von Rode liest
xovriiov.
Ir
là -i.