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354 B u c h IV. Kap. 1. §. 52.
Erfahrung noch ganz besonders seine Eleganz und Beredtsamkeit.
Er war es also, der das der ganzen römischen Literatur so wesentliche
rhetorische Element, das bei Cato, wie uns der Augenschein
lehrt, bei den beiden Saserna, wie wir aus Columella abnehmen
können, noch fehlte, auch in diesen Zweig der Literatur einführte,
und dadurch ohne Zweifel seinen Mitbürgern aufs wirksamste
empfahl.
Was Varrò aus seiner Schrift entlehnte, was er ihm nur in
den Mund legte, ist schwer, meist unmöglich zu unterscheiden.
Genauer belehrt uns Columella über einen Theil seiner Meinungen.
Ich hebe folgendes aus. Mago's Vorschriften fand er nicht immer
anwendbar, erklärte das aber aus der Verschiedenheit des
italiänischen und afrikanischen Klimans und Bodens i). Wie des
Weibes Fruchtbarkeit mit dem Alter abnimmt, so, meinte er, auch
die der Mutter Aller, der Erde, worüber ihn Columella ausführlich
zurechtweist Die Kicher und der Lein wirkten nach ihm als
Gift auf den Boden, jene weil sie salziger, dieser weil er hitziger
Natur wäre Von den beiderlei Ulmen, welche der Römer kannte,
der U. Atiniana und U. nostras (also Italica) hielt er jene, die
höhere, für unfruchtbar, was abermals Columella berichtigte.
Seine Vertheidigung der niedern Haltung der WeinistÖcke gegen
Saserna bei Plinius führte ich bereits an, füge aber noch hinzu,
dass nach ihm wenigstens in Italien die edelsten Weine nur von
niedern Stöcken sollten gewonnen werden, wiewohl an denselben
von den höchsten Trauben.
Auf Scrofa folgt in Columella's Liste:
§. 52.
M a r c u s Terentius Varrò,
dessen drei Bücher de re rustica wir noch besitzen. Auch an
vielfachen, wiewohl sehr zerstreueten Nachrichten der Alten über
1) Columella cap, 1 sect. 6.
2) Ibidem JI^ cap. 1 sect. 2.
3) Ibidem 11^ cap. 13 sect. 3.
4) Ibid on F, cap. 6 sect. 2.
Bu:ch IV. Kap. 1. 52. 355
seine Zeit sein Leben und seine literarische Thätigkeit fehlt es
nicht; nur eine lichtvolle Zusammenstellung und Kritik derselben
vermisse ich noch^). Hier im Vorbeigehen lässt sich dieser Mangel
nicht ersetzen; ich begnüge mich deshalb mit wenigen Angaben.
Varro's Geburts- und Todesjahr findet sich angemerkt in des
Hieronymus lateinischer Uebersetzung der Chronik des Eusebios,
und zwar letzteres mit dem Zusatz, er wäre fast (prope) 90 Jahr
alt geworden: jedoch stehen diese Angaben in den beiden Ausgaben
von Scaliger und vonMajo bei verschiedenen Jahren. Nach
Scaligers Ausgabe 2) ward er geboren Olympiade 166. 1, das heisst
118 v. Chr., und starb Olympiade 188. 1, das heisst 30 v. Chr.,
erreichte mithin ein Alter von 88 Jahren; nach Majo's Ausgabe
dagegen ward er geboren Olympiade 166. 2, oder 637 nach Rom's
Erbauung, das ist 117 v. Chr., und starb Olympiade 189. 1 oder
728 n. E. E., das ist 26 v. Chr., und erreichte ein Alter von 91
Jahren. Das scheint ein Widerspruch gegen die fast 90 Jahr.
Sollen wir deshalb bei Scaliger stehen bleiben? Ich glaube nicht.
Majo benutzte bei der Uebersetzung des Hieronymus über 20
vaticanische Handschriften, darunter einige sehr alte und werthvolle;
und Plinius bezeugt, dass Varrò in seinem 88. Lebensjahr
noch Schriftsteller Avar; Valerius Maximus lässt ihn sogar
fast ein Jahrhundert lang leben, was doch wohl so viel heisst, als
J.D. O.Pape dissert, histor. literar. de C. (M.'^.) Terentio Varrone. Liigd.
Bat. 1835. S., welche B a h r citirt, kenne ich nicht. Sein nächster Vorgänger,
S c h n e i d e r , hat in der dem Commentar vorangeschickten Vita Varronis zur
Aufklärung der schriftstellerischen Thätigkeit Varro's viel Material gesammelt,
doch keineswegs hinlänglich, hie und da nicht einmal ganz genau verarbeitet,
Ueber sein politisches Leben und anderes geht Schneider sehr flüchtig weg.
2) Scalig er ^ Joli, Just.^ thesaurus temporum pag. 148 et 154.
3) Scriptorum veterum nova collectio etc. ab Angelo Majo. VIII^ pag. 363
et 369.
4) Nur um diese, das heisst Buch II, handelt es sich, und nur Buch I,
ist meines Wissens wegen Missbrauch der armenischen Uebersetzung den Historikern
verdächtig.
5) PI in. hist. nat. X X I X , cap. 4 sect. 18.
6) Valer. Maxim. FZiZ, cap. 7 Romanor. sect. 3.