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68 B u c h L Kap. 2. §. 10.
ganz Nahrung ist, das enthält, was anfangs dem Blatt genügt, unc
wovon es sich so lange ernährt, bis es sich bewurzelte. Beim
Steckling dagegen geschieht das nicht, denn aus Ungleichartigem
entsteht das, Avovon das erste Blatt seine Nahrung haben soll, nicht.
Das Reis aber verhält sich wie der Baum selbst, und dieser befindet
sich grösstentheils über der Erde. Daher könnte er sich,
so weit er über der Erde ist, nicht mit Nässe füllen, wenn nicht
eine starke von unten ausgehende Kraft dem obern die Nässe zuführte.
Und zuerst muss auch der Steckling sich selbst Nahrung
aus der Erde verschaffen durch Wurzeln, dann erst kann er das
aus der Erde angezogene aufwärts abgeben, und Blätter können
aus dem Reise ausbrechen und wachsen. Wuchs aber die Pflanze
heran, so verästelt sie sich aus derselben Ursache, die ich angab.
Empfing sie viel aus der Erde gezogene Nässe, so platzt sie vor
Fülle da, wo sich das Meiste befindet, und verästelt sich daselbst."
„Die Pflanze wächst aber sowohl in die Breite, wie auch aufund
abwärts deshalb, weil die Erde in der Tiefe im Winter warm,
im Sommer kalt ist, u. s. w." — Nun folgt eine lange Untersuchung
über die in verschiedenen Jahrszeiten verschiedene Erdwärme, erst
Thatsachen zum Beweise der Behauptung, dann die physikalischphilosophische
Erklärung jener, wovon ich nur Einiges anzuführen
mich begnüge. Die Lockerheit der Erdoberfläche im Sommer
begünstige den Austritt des Athems, und bewirke dadurch Abkühlung;
die Dichtigkeit derselben im Winter verhindere den
Austritt des Athems, er werde zu Wasser, und das sei der Gründ,
weshalb die Quellen im Winter reichlicher fliessen und höhere
Temperatur zeigen. Hier ist also unter Athem offenbar Wasserdunst
zu verstehen; wenn aber mit demselben Wort, wie öfter,
auch der Athem der Mutter bezeichnet wird, so scheint es doch
bedenklich, den Ausdruck mit einem andern zu vertauschen. Dass,
was feucht und dicht ist, sich erwärme, was trocken und locker,
sich abkühle, wird besonders noch an feucht aufgeschüttetem Getreide
und zusammengeballten Zeugen nachgewiesen, die sich bis
zur Entzündung erhitzen, so wie auch dadurch, dass eine Wassermenge
durch eine kleine OeiFnung weit weniger als durch eine
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o-rosse verdunstet. Darauf fährt der Verfasser, auf die Vegetation
zurückkommend, fort:
„Es ist nicht nothAvendig, dass der Baum zweierlei Wärme
oder Kälte zugleich bekomme, um zu gedeihen, sondern wenn er
Wärme von oben bekommt, so muss er von unten Kälte bekommen,
und umgekehrt, wenn Kälte von oben, dann von unten Wärme;
und was die Wurzeln anziehen, das theilen sie dem Baum mit,
und eben so dieser den Wurzeln, so dass eine Ausgleichung der
Wärme und Kälte erfolgt. Gleichwie der Mensch, wenn er Speise
in den Magen einnahm, die sich bei der Verdauung erwärmt, durch
Getränke dem Magen Kälte darbieten muss, so muss auch bei
dem Baum der untere Theil dem obern und dieser jenem das
Entgegengesetzte darbieten. Deshalb wächst der Baum sowohl
nach unten wie nach oben zu, weil seine Nahrung theils von unten
theils von oben herkommt."
„Und so lange er noch zart ist, trägt er keine Frucht. Ihm
fehlt noch die feiste derbe Kraft, die nöthig ist, um Frucht auszuscheiden.
Im Verlauf der Zeit aber, wenn die Adern in ihm
sich erweiterten, bewirken sie in ihm von der Erde aus eine fette
und derbe Strömung; und da dieselbe leicht ist, so bewirkt die
sich ergiessende Sonne, dass sie hervorbricht an den Spitzen der
Zweige, und Frucht wird. Und die dünne Flüssigkeit entzieht
die Sonne den Früchten, die dickere kocht und erhitzt sie und
macht sie süss. Bäume aber, die keine Frucht tragen, haben die
Fettigkeit, die sie der Frucht abgeben sollten, nicht in sich.
Jeder Baum aber, nachdem er allmälig erstarkte und Wurzeln
schlug, hört gänzlich zu wachsen auf."
„Bäume, die als Augen von andern Bäumen übertragen wurden,
und auf denselben zu Bäumen erwuchsen, gleichen in ihrer
Lebensweise und Frucht nicht denen, auf die sie übertragen wurden,
was auf folgende Art zugeht. Zuerst fängt das Auge an zu
treiben, denn anfangs hat es noch Nahrung von dem Baum, von
dem es genommen ward; sodann von dem, auf den es übertragen
ward. Nachdem es aber getrieben, sendet es zarte Wurzeln von
sich aus in den Baum, und nimmt nun zuerst von der Nässe des
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