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36 Buch 1. Kap. 2. §. 6.
phie, auf die es uns vornehmlich ankommt, bedürfen w i r der seinigen
nicht, wiewohl sich bei Empedokles Spuren der Bekanntschaft
mit ihr, und ein gewisser Einfluss derselben auf die seinigen
nicht verkennen lassen. Das dem Pythagoras zugeschriebene
Buch von den Wi r k u n g e n der P f lanze n gehört unzweifelhaft
zu den vielen ihm untergeschobenen. Auf dieses werde ich
im Zeitalter der Ptolemäer zurückkommen, und wende mich jetzt
sogleich zu —•
X e n o p h a n e s dem Eleaten, nicht weil seine Philosophie
uns näher anginge, sondern weil sie, von seiner Schule allmähg
weiter entwickelt, in späterer Zeit entschiedenen Finfluss auf die
der Physiker oder lonier gewann. Gebürtig aus K o l o p h o n in
lonien, wo wir bis jetzt ausser Pythagoras alle Philosophen antrafen,
hatte er das Unglück früh von dort vertrieben zu werden,
und irrete lange in Griechenland und Italien umher, bis er in Elea
eine neue Heimath gewann. Ohne die Erforschung des Werdens,
womit sich die vorgenannten lonier ausschliessHch beschäftigten,
ganz abzuweisen, genügte sie ihm doch nicht, und zum ersten
mal entwickelte sich in ihm der Gedanke des reinen wandellosen
Seins, das er Got t nannte. So wenig er aber das Werden in
den Begriff des Seins aufnehmen konnte, eben so Avenig dachte er
an eine streng dualistische Entgegensetzung von Gott und Welt.
Es war der erste nur halb sich selbst bewusste Schritt auf einer
neuen Gedankenbahn, in welchem strenge Consequenz zu suchen
vergeblich ist. Wie sich Xenophanes die Weltbildung vorgestellt,
darüber enthalten verschiedene Nachrichten sehr Verschiedenes;
und nicht hierin, sondern im Gedanken einer einigen Gottheit liegt
die Kraft und Würde seiner Lehre,
In lonien fand diese neue Lehre jedoch keinen Anklang, sondern
im Gegentheil trieb Heraklei tos der Ephesier, der
ungefähr 500 J. v. C. blühete, die Lehre der Kealität des Werdens
und Wandels bis zur äussersten Spitze. Grade im ewig bewegten
Fluss im unaufhörhchen Wandel suchte er das Wesen der
Dinge, erklärte alles Beharren für Täuschung, und pries das wechselseitige
Widerstreben, den Krieg, als den Vater der Dinge, aus
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dem nach ewig bestimmten Verhältnissen die schönste Harmonie
des Alls hervorginge. „In denselben Strom, sagte er, vermag
man nicht zweimal zu steigen, sondern immer zerstreuet und sammelt
er sich wieder, oder vielmehr zugleich stellt er sich zusammen
und lässt los, fiiesst zu und iiiesst ab." In gleichem Sinne
sprach er aus : „es lebt das Feuer der Erde Tod, das Wasser
lebt den Tod der Luft, die Erde den des Wassers;" das heisst
Feuer Luft Erde Wasser, die wir hier zuerst neben einander
nennen hören, die hier aber noch nichts weniger als Elemente sind,
sondern Momente des ewigen Wechsels, verwandeln sich in einander,
und entstehen eins auf Kosten des andern. Da jedoch das
Feuer seine Wandelbarkeit am auffallendsten ausspricht, so stellte
er es den drei andern Momenten voran, nannte es Zeus, und sagte,
„die Welt sei und werde sein stets ein ewig lebendiges Feuer,
sich entzündend und verlöschend nach dem Maass, und gegen
Feuer werde alles umgetauscht." Weiter ins Besondre gehend,
scheint er sich vorzugsweise mit den wechselreichen meteorologischen
Phänomenen, zu denen er auch die Gestirne rechnete,
und mit ihrer Ableitung aus einander beschäftigt zu haben. Wie
er über die Natur der Thiere dachte, davon ist wenig, wie über
die der Pflanzen, davon nichts bis zu uns gelangt.
In vollständigem Gegensatz gegen ihn, und mit gleich einseitiger
Schroffheit bildete etwa 50 bis 60 Jahr später der Eleate
P a r m e n i d e s (der im 65. Lebensjahr etwa 458 J. v. C. mit dem
damals 40jährigen Zeno nach Athen gekommen sein, und schon
damals in dem noch sehr jungen Sokrates den Beruf zur Philosophie
erkannt haben soll) die xenophaneische Lehre vom reinen
einigen unwandelbaren Sein weiter aus, indem er jede Veränderung
für Trug erklärte. Dass er gleichwohl sehr umfassende Kenntnisse
besessen, und im zweiten Theil seines Lehrgedichts über
die Natur entwickelt haben soll, ward schon oben gesagt; leider
hat sich grade von diesem Theil so wenig erhalten, dass ich
nichts hierher Gehöriges daraus m'ittheilen kann.
So standen zwei philosophische Grundansichten ohne alle Vermittelung
einander schroff gegenüber. Die ältere, ausgehend von
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